
Pharmariesen wollen wegen US-Präsident Donald Trump sehr teure Medikamente in der Schweiz weiter verteuern – trotz Rekordgewinnen.
Hohe Preise, enorme Gewinnmargen, exorbitante Boni, rüdes Lobbying und krankhafte Fixierung auf hohe Aktienkurse – nein damit sind ausnahmsweise nicht die notorisch gierigen und auf Kosten der Allgemeinheit mit Eigenkapital geizenden Banker gemeint, sondern die Pharmabranche.
Roche beispielsweise hat im Juli bekannt gegeben, das Krebsmedikament Lunsumio aufgrund eines gescheiterten Preisstreits mit dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) vorerst vom Schweizer Markt zu nehmen. Novartis-Chef Vasant Narasimhan drohte etwas später damit, Medikamente in Europa nicht mehr anzubieten, falls europäische Länder künftig nicht mehr als bisher zahlten.
Zum deutsch synchronisierten Video vom 15.07.2025
Zusammenfassung
Überblick des Gesprächs
Das Interview mit Brian Berletic, einem ehemaligen US-Marine und heutigen Analysten, dreht sich um die US-Aussenpolitik unter der Trump-Administration. Der zentrale Vorwurf lautet, dass die Rhetorik von "America First" und dem "Beenden der endlosen Kriege" eine bewusste Täuschung der Wählerschaft ist. Stattdessen werde eine aggressive, imperiale Agenda fortgeführt, die darauf abziele, die US-Vorherrschaft global zu sichern, indem Konflikte neu justiert und die Lasten auf Verbündete, insbesondere Europa, abgewälzt werden.
Herausarbeitung der relevanten Abschnitte und Kernargumente
1. Widerspruch zwischen Rhetorik und Realität ("America First" als leere Hülle)
2. Die Agenda war von Anfang an geplant: "Arbeitsteilung" und "Strategische Sequenzierung"
3. Die Ukraine als US-geführter Stellvertreterkrieg
4. Warum Europa mitspielt: Kontrolle durch US-Klientelregime
5. Zusammenarbeit der Zielländer: Die multipolare Achse (Koordination zwischen Russland, China, Iran, Nordkorea)
6. Trumps angebliche Friedensbemühungen waren Täuschung
7. Ausblick: Eskalation und kein Ende in Sicht
Gesamtfazit
Brian Berletic zeichnet ein düsteres Bild der US-Aussenpolitik, das von Kontinuität, Täuschung und strategischer Kalkulation geprägt ist. Seiner Analyse zufolge ist "America First" ein zynisches Marketing-Instrument für eine Agenda, die darauf abzielt, das US-Imperium durch "Arbeitsteilung" (Europa trägt die Last in Europa) und "strategische Sequenzierung" (Kriege nacheinander führen) nachhaltiger zu machen. Europa erscheint dabei als von den USA kontrollierter Vasall, der gegen seine eigenen Interessen handelt. Die eigentliche Konfliktlinie verläuft global zwischen den Verteidigern der unipolaren US-Vorherrschaft und den Befürwortern einer multipolaren Weltordnung.
Zum deutsch synchronisierten Video, aktualisiert und ergänzend zum obigen Video
Zusammenfassung
Überblick des Gesprächs
Das Interview mit Brian Berletic analysiert die jüngste Eskalation im Ukraine-Krieg (massive russische Drohnen- und Raketenangriffe) vor dem Hintergrund von Trumps angeblichen diplomatischen Friedensbemühungen. Berletic argumentiert, dass diese Bemühungen eine Täuschung sind und die USA unter Trump die gleiche imperiale Agenda der globalen Vorherrschaft verfolgen wie unter Biden, jedoch mit einer taktischen Neuausrichtung, die als "Strategic Sequencing" und "Division of Labor" (Arbeitsteilung) bekannt ist. Sein Kernargument ist, dass der Konflikt ein US-geführter Stellvertreterkrieg gegen Russland ist und eine echte Lösung nur möglich wäre, wenn die USA ihre Rolle als Kriegstreiber beenden.
Detaillierte Ausführung der Kernargumente
1. Der Ukraine-Krieg als US-geführter Stellvertreterkrieg
2. "Strategic Sequencing" und "Division of Labor": Die langfristige US-Strategie
3. Trumps Diplomatie als Täuschung und "Einfrieren" des Konflikts
4. Die russische Perspektive und Kriegsrealität
5. Die aussichtslose Rolle Europas
6. Ausblick: Eskalation und direkte Konfrontation
Gesamtfazit
Brian Berletic zeichnet ein äusserst düsteres und kohärentes Bild der US-Aussenpolitik:
Vom 31. August bis zum 1. September trafen sich die Staatschefs der Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) in China zum 25. Gipfel der Organisation – ein bis dahin, ähnlich wie die BRICSplus-Treffen, wenig im Westen beachtetes Ereignis, zumindest offiziell. Dieses Mal jedoch war es anders, und zwar nicht nur, weil der chinesische Präsident Xi als Gastgeber weitereichende Ziele und Projekte verkündete, sondern auch, weil er Staatschefs empfing (Präsident Putin, Nordkoreas Kim Jong-un, den iranischen Präsidenten Pesechkian, den weissrussischen Präsidenten Lukaschenko) und mit diesen in tiefer Vertrautheit kommunizierte, die der Westen als die Verkörperung des Bösen betrachtet: Damit wäre das Bild vom SCO-Gipfel als Hort der „Autokraten“ und „Diktatoren“ ja abgerundet gewesen – wäre da nicht der Konjunktiv „wäre“. Von Alexander Neu.
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Im neuen Zeitalter der Machtpolitik muss die Schweiz ihre Handelspolitik langfristig neu ausrichten und ihr Pharma-Problem lösen.
Eine Recherche zeigt, wie sich die Antworten des Chatbots «Grok» veränderten. Ein Experte meint: «Vertraut nie einem Sprachmodell».
«Politisch neutral» und «maximal wahrheitssuchend» soll das Sprachmodell Elon Musks sein. Dies hat er selber öffentlich verlangt. Der Chatbot heisst «Grok».
Doch in Tat und Wahrheit hat Musks Unternehmen X-AI den Chatbot so programmiert, dass seine Antworten auf viele Fragen mit deutlicher politischer Schlagseite daherkommen. Dies zeigt eine umfangreiche Recherche der «New York Times», welche Tausende Antworten des Programms auswertete.
"Blackstone, eine US-amerikanische Private-Equity-Firma, die von einem Trump-spendenden Milliardär geführt wird, baut in Grossbritannien ein gigantisches, KI-fähiges Rechenzentrum im Wert von 10 Milliarden Pfund mit einer Flotte von Diesel-Notstromaggregaten, die so gross ist, dass sie genug Strom produzieren könnte, um drei Millionen britische Haushalte zu versorgen."
(Quelle: DeSmog)
"Elon Musks xAI errichtete im vergangenen Jahr in einer leerstehenden Fabrikhalle in Memphis in kürzester Zeit ein riesiges Rechenzentrum und einen Supercomputer, um Rechenleistung für den Chatbot „Grok“ von xAI bereitzustellen. Da es schwierig war, genügend Strom für das energieintensive Rechenzentrum zu beschaffen, brachte xAI 35 mobile Gasturbinen mit und montierte sie ohne Umweltgenehmigungen oder Massnahmen zur Schadstoffbegrenzung."
(Quelle: DeSmog)
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Die Behauptung, KI könne uns beim Klimaschutz retten, ist heute zu oft ein Wunschdenken. In der Realität entsteht durch die KI-Industrie ein enormer Treibhausgas-Fussabdruck – und in manchen Fällen wird genau das, was als „Intelligenzenetzwerk“ beworben wird, zu einer quasi fossilen Infrastruktur.
Zentrale Kritikpunkte mit Quellen
"Weltweit arbeiten Regierungen, Investoren und private Militärunternehmen daran, sich auf Kosten ganzer Bevölkerungen die Kontrolle über Nahrungsmittel- und Wasserressourcen zu sichern. Ein investigatives Reporterteam aus Kalifornien deckt die alarmierende Logik hinter dem Landraub auf. Der preisgekrönte Film verbindet gut recherchierten Journalismus mit einer fesselnden Erzählweise.
In dem preisgekrönten Dokumentarfilm „Nahrung für alle? – Der geheime Krieg um unsere Ressourcen“ deckt ein investigativer Journalist die alarmierende Logik hinter den Bemühungen auf, die wichtigsten Ressourcen des Planeten zu kontrollieren: Wasser und Nahrungsmittel.
Still und scheinbar unbemerkt arbeiten Regierungen, Investoren und private Militärunternehmen weltweit daran, sich auf Kosten ganzer Bevölkerungen Nahrungsmittel- und Wasserressourcen anzueignen. Diese Gruppen etablieren sich als neue OPEC. Die zukünftigen Weltmächte werden jedoch nicht diejenigen sein, die das Öl, sondern die Nahrungsmittel kontrollieren.
Die weltweiten Nahrungsmittelpreise haben einen historischen Höchststand erreicht, es drohen Chaos und Gewalt. Unterdessen setzt Russland Nahrungsmittel als Waffe gegen die Ukraine und als geopolitisches Instrument zur Ausübung globaler Macht ein.
„Nahrung für alle? – Der geheime Krieg um unsere Ressourcen“ ist ein globaler Thriller, der den Qualitätsjournalismus des „Center for Investigative Reporting“ mit der fesselnden Erzählweise der Regisseurin Gabriela Cowperthwaite verbindet. Der Dokumentarfilm führt die Zuschauerinnen und Zuschauer rund um den Globus – von China über Russland bis in die Vorstandsetagen der Wall Street –, um eine der grössten und am wenigsten bekannten Bedrohungen der Welt aufzudecken."
Falls das Video auf arte nicht mehr erreichbar ist, kann es hier geschaut werden:
Kennen Sie den Ausspruch «Ich habe nichts zu verbergen»? Häufig fällt er in Situationen, in denen jemand staatliche Überwachung zur Bekämpfung von Kriminalität befürwortet. Gemäss dieser Logik gilt aber auch: Wer nicht kriminell ist, hat nichts zu verbergen und braucht deshalb keinen verschlüsselten Kommunikationskanal. Diese Schlussfolgerung ist nicht nur falsch, sondern auch ziemlich gefährlich.
Übersetzung des Artikels von Breaking Points
Sicherheit als Leitprinzip der Staatspolitik reicht bis zur Entstehung des modernen Staates zurück. Hobbes erwähnt sie bereits als Gegenpol zur Angst, die Menschen dazu zwingt, sich in einer Gesellschaft zusammenzuschliessen. Aber erst im 18. Jahrhundert kommt der Gedanke der Sicherheit richtig zur Geltung. In einer Vorlesung am Collège de France aus dem Jahr 1978 (die noch nicht veröffentlicht wurde) hat Michel Foucault gezeigt, wie die politische und wirtschaftliche Praxis der Physiokraten Sicherheit als Instrument der Regierungsführung der Disziplin und dem Gesetz gegenüberstellt.
Turgot und Quesnay sowie die physiokratischen Beamten waren nicht in erster Linie mit der Verhinderung von Hunger oder der Regulierung der Produktion beschäftigt, sondern wollten deren Entwicklung zulassen, um dann deren Folgen zu regulieren und zu „sichern”. Während disziplinäre Macht isoliert und Gebiete abschottet, führen Sicherheitsmassnahmen zu einer Öffnung und zur Globalisierung; während das Gesetz verhindern und regulieren will, greift die Sicherheit in laufende Prozesse ein, um sie zu lenken. Kurz gesagt, Disziplin will Ordnung schaffen, Sicherheit will Unordnung regulieren. Da Sicherheitsmassnahmen nur im Kontext von Verkehrs-, Handels- und individueller Initiativfreiheit funktionieren können, kann Foucault zeigen, dass die Entwicklung der Sicherheit mit den Ideen des Liberalismus einhergeht.
Heute sehen wir uns mit extremen und äusserst gefährlichen Entwicklungen im Sicherheitsdenken konfrontiert. Im Zuge einer schrittweisen Neutralisierung der Politik und der fortschreitenden Aufgabe traditioneller Staatsaufgaben wird Sicherheit zum Grundprinzip staatlichen Handelns. Was bis zur ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine von mehreren definitiven Massnahmen der öffentlichen Verwaltung war, wird nun zum einzigen Kriterium politischer Legitimation. Das Sicherheitsdenken birgt ein wesentliches Risiko in sich. Ein Staat, dessen einzige Aufgabe und Legitimationsquelle die Sicherheit ist, ist ein fragiler Organismus; er kann jederzeit durch Terrorismus dazu provoziert werden, selbst terroristisch zu werden.
Wir sollten nicht vergessen, dass die erste grosse Terrororganisation nach dem Krieg, die Organisation de l'Armée Secrète (OAS), von einem französischen General gegründet wurde, der sich selbst als Patrioten sah und davon überzeugt war, dass Terrorismus die einzige Antwort auf das Guerillaphänomen in Algerien und Indochina sei. Wenn Politik, wie sie von den Theoretikern der „Polizeiwissenschaft” im 18. Jahrhundert verstanden wurde, sich auf die Polizei reduziert, droht der Unterschied zwischen Staat und Terrorismus zu verschwinden. Letztendlich können Sicherheit und Terrorismus ein einziges tödliches System bilden, in dem sie sich gegenseitig rechtfertigen und legitimieren.
Das Risiko besteht nicht nur in der Entwicklung einer geheimen Komplizenschaft der Gegner, sondern auch darin, dass das Streben nach Sicherheit zu einem weltweiten Bürgerkrieg führt, der jedes zivile Zusammenleben unmöglich macht. In der neuen Situation, die durch das Ende der klassischen Form der Kriegführung zwischen souveränen Staaten entstanden ist, wird deutlich, dass Sicherheit ihr Ziel in der Globalisierung findet: Sie impliziert die Idee einer neuen planetarischen Ordnung, die in Wahrheit die schlimmste aller Unordnungen ist.
Aber es gibt noch eine weitere Gefahr. Da sie einen ständigen Verweis auf einen Ausnahmezustand erfordern, führen Sicherheitsmassnahmen zu einer zunehmenden Entpolitisierung der Gesellschaft. Auf lange Sicht sind sie mit Demokratie unvereinbar.
Nichts ist wichtiger als eine Überarbeitung des Sicherheitskonzepts als Grundprinzip der Staatspolitik. Europäische und amerikanische Politiker müssen endlich die katastrophalen Folgen einer unkritischen allgemeinen Verwendung dieses Denkmodells berücksichtigen. Es geht nicht darum, dass Demokratien aufhören sollten, sich zu verteidigen, aber vielleicht ist es an der Zeit, auf die Prävention von Unordnung und Katastrophen hinzuarbeiten und nicht nur auf deren Kontrolle. Im Gegenteil, man kann sagen, dass die Politik insgeheim auf die Erzeugung von Notfällen hinarbeitet. Es ist die Aufgabe der demokratischen Politik, die Entwicklung von Zuständen zu verhindern, die zu Hass, Terror und Zerstörung führen, und sich nicht darauf zu beschränken, diese zu kontrollieren, wenn sie bereits eingetreten sind.
Präsident Donald Trump verneint angeblich die Rolle der USA als Weltpolizei, doch die militärischen Fakten belegen das Gegenteil.
In den letzten drei Jahren haben die USA Dutzende neuer Militärstützpunkte in Norwegen, Schweden und Finnland eröffnet. Weitere US-Basen sind in Westasien, Somalia, Südafrika, Panama, Puerto Rico und Peru neu dazugekommen. Schliesslich haben die US-Militärs auch südöstlich von China einige neue Stützpunkte eingerichtet, etwa in Taiwan und den Philippinen, in Guam, Papua-Neuguinea und Australien. Zu diesem Ergebnis kommt eine breit angelegte Recherche der Friedensorganisation «World beyond War».
Gemäss der genannten Studie betreiben die USA mittlerweile 877 ausländische Militärbasen (Stand Mitte 2025). Die hierzulande bekannteste dürfte die Ramstein Air Base in Deutschland sein. Auffallend ist, dass sich die US-Stützpunkte über 95 Länder auf der ganzen Welt verteilen und dabei Russland und China praktisch umzingeln.
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Ständerat Benjamin Mühlemann ist neuer FDP-Co-Präsident. Wem er seinen Einfluss verkauft, bleibt geheim – dank einem Trick.
Ein weiteres einflussreiches Amt: Vor wenigen Tagen wurde der Glarner FDP-Ständerat Benjamin Mühlemann zusammen mit der St. Galler Nationalrätin Susanne Vincenz-Stauffacher ins FDP-Präsidium gewählt. Zahlreiche Medien porträtierten die beiden in den vergangenen Tagen und machten Sport- oder People-Berichterstattung im Politikressort.
Werden die beiden das Steuer rumreissen können? Werden sie die Wogen innerhalb der Partei glätten? Wie gut kann Mühlemann kochen? Weshalb reitet Vincenz-Stauffacher so gern? Sogar die SRF-Sendung «Rundschau» vergass, die relevanteste Frage zu stellen. Für wen arbeitet Mühlemann eigentlich?
Welche Interessen Milizparlamentarier Mühlemann in Bern vertritt, will er nämlich weiterhin höchstens teilweise offenlegen.
Seit Mai ist zwar bekannt, dass Mühlemann das lukrative Präsidium des Privatkliniken-Verbands Ospita bekleidet. Seit Anfang Jahr arbeitet Mühlemann aber auch als Lobbyist für die Zürcher Agentur IRF (Infosperber berichtete). Diese unterstützt potente internationale Grossunternehmen. Zu deren Kunden gehören Firmen wie Goldman Sachs, Saxo oder Swiss Life. Sein offizieller Titel lautet: «Senior Advisor Public Affairs».
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Kommentar: Das ist ideal, um dem Rechtsextremismus Vorschub zu leisten und deshalb die Demokratie zu demontieren: Intransparenz, Heimlichtuerei, potentielle Korruption, Arroganz von PolitikerInnen und Unternehmen. Dazu Medien, die sich nicht ums Wesentliche kümmern und ihrer Aufgabe nicht im geringsten gerecht werden, nämlich als kritisches Korrektiv gegenüber der Macht, d.h. gegenüber Bonzen, Wirtschaft, Politik, Institutionen.
Übersetzung des Videotranskripts
Heute Abend ist Chris Hedges bei uns zu Gast. Chris ist ein mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichneter Journalist, der 15 Jahre lang als Auslandskorrespondent für die New York Times tätig war, wo er als Leiter des Nahost-Büros und des Balkan-Büros für die Zeitung arbeitete. Zuvor war er im Ausland für die Dallas Morning News, den Christian Science Monitor und NPR tätig. Er ist Moderator der Sendung „The Chris Hedges Report“, die vielen von Ihnen ebenfalls bekannt sein dürfte. Wir haben das grosse Privileg, die Rede zu hören, die Chris auf Wunsch des National Press Club of Australia nicht halten durfte. Ja, das wusste ich. Ich hatte mich so auf diesen Teil gefreut. Eine absolute Schande. Eine Farce. Chris sollte dort über die Unterdrückung palästinensischer Journalisten sprechen. Die Veranstaltung wurde bestätigt, beworben und dann plötzlich abgesagt. Natürlich nicht ohne die üblichen Begleiterscheinungen von Gaslighting, institutionellem Gaslighting, an das wir hier in dieser Medien- und Politiklandschaft auch sehr gewöhnt sind, und das ist natürlich alles ziemlich ironisch, absurd, schockierend, aber für uns, die wir hier als Teil der Bewegung dabei sind, nicht überraschend. Heute Abend hält Chris also genau diese Rede, unzensiert, ungefiltert und genau so, wie sie gehört werden sollte, und wir haben das grosse Privileg, anschliessend noch Zeit für eine kurze Fragerunde zu haben. Bitte begrüssen Sie mit mir Chris Hedges.
Chris Hedges:
Australien bringt also einige der besten Journalisten unserer Zeit hervor. Julian Assange, John Pilger. Aber seien wir ehrlich, es bringt auch einige der schlechtesten hervor, darunter David Mier, der mich gerade in der letzten halben Stunde auf ABC gelyncht hat. Das war eine ziemliche Vorstellung. Sie können es sich heute Abend anhören, hören Sie es sich an und schreiben Sie an ABC. Wissen Sie, es war entsetzlich.
Aber bevor ich beginne, möchte ich Ihnen nur mitteilen, dass dieser Vortrag nicht von Raytheon, PAA Systems und [undeutlich] gesponsert wird, die Waffen an Israel verkaufen, um den Völkermord aufrechtzuerhalten. Er wird auch nicht von Amazon Web Services gesponsert, die Cloud-Infrastruktur für israelische Verteidigungs- und Geheimdienste bereitstellen, oder von Deloitte oder Mastercard, die ebenfalls Geschäfte mit dem Apartheidstaat Israel machen. Und daran erkennen Sie, dass wir nicht im National Press Club of Australia sind.
Es gibt zwei Arten von Kriegsberichterstattern. Die erste Art nimmt nicht an Pressekonferenzen teil. Sie betteln Generäle und Politiker nicht um Interviews an. Sie gehen Risiken in Kampfgebieten ein. Sie senden ihren Zuschauern oder Lesern das, was sie sehen, was fast immer diametral entgegen den offiziellen Darstellungen steht. Diese erste Art ist in jedem Krieg eine winzige Minderheit.
Dann gibt es die zweite Art, die zusammengewürfelte Gruppe von selbsternannten Kriegsberichterstattern, die Krieg spielen. Trotz allem, was sie ihren Redakteuren in der Öffentlichkeit erzählen, haben sie nicht die Absicht, sich in Gefahr zu begeben. Sie sind zufrieden mit dem israelischen Verbot für ausländische Reporter in Gaza. Sie bitten Beamte um Hintergrundinformationen und Pressekonferenzen. Sie arbeiten mit ihren Regierungsvertretern zusammen, die ihnen Beschränkungen und Regeln auferlegen, die sie vom Kampfgeschehen fernhalten. Sie verbreiten sklavisch alles, was ihnen von den Beamten vorgesetzt wird, wobei vieles davon Lügen sind, und tun so, als seien es Nachrichten. Sie nehmen an kleinen Ausflügen teil, die vom Militär organisiert werden, wo sie sich verkleiden und Soldat spielen können und Aussenposten besuchen, wo alles kontrolliert und choreografiert ist.
Die Todfeinde dieser Poser sind die echten Kriegsreporter. In diesem Fall sind das palästinensische Journalisten in Gaza. Diese Reporter entlarven sie als Speichellecker und Kriecher und diskreditieren fast alles, was sie verbreiten. Aus diesem Grund lassen die Poser keine Gelegenheit aus, die Wahrhaftigkeit und die Motive derjenigen vor Ort in Frage zu stellen. Ich beobachte, wie diese Schlangen dies wiederholt mit meinen Kollegen Robert Fisk und John Pilger machen. Und genau das habe ich natürlich vor wenigen Augenblicken erlebt.
Als der Kriegsreporter Ben Anderson in dem Hotel ankam, in dem Journalisten, die über den Krieg in Liberia berichteten, untergebracht waren, und sich, wie er sagte, auf Kosten der Firma in Bars betranken, Affären hatten und Informationen austauschten, anstatt tatsächlich hinauszugehen und Informationen zu sammeln, erlitt sein Bild von Kriegsreportern einen schweren Schlag. Ich dachte: „Endlich bin ich unter meinen Helden.“ Anderson sagte mir: „Hier wollte ich schon seit Jahren sein.“ Und dann nahmen mich und den Kameramann, der die Rebellen sehr gut kannte, mit. Er nahm uns für etwa drei Wochen mit zu den Rebellen. Wir kamen zurück nach Monrovia. Die Leute in der Hotelbar sagten: „Wo wart ihr denn? Wir dachten, ihr seid nach Hause gefahren.“ Wir sagten: „Wir sind losgezogen, um über den Krieg zu berichten. Ist das nicht unsere Aufgabe? Ist es nicht das, was ihr tun solltet?“
"Die romantische Vorstellung, die ich von Auslandskorrespondenten hatte, wurde in Liberia plötzlich zerstört", fuhr er fort. Ich dachte mir, dass viele dieser Leute eigentlich nur Unsinn reden. Sie sind nicht einmal bereit, das Hotel zu verlassen, geschweige denn die Sicherheit der Hauptstadt, um tatsächlich zu berichten. Die Trennlinie, die in jedem Krieg, über den ich berichtet habe, auftrat, definiert auch die Berichterstattung über den Völkermord in Gaza. Es ist keine Trennung zwischen Professionalität oder Kultur.
Palästinensische Reporter decken israelische Gräueltaten auf und entlarven israelische Lügen. Der Rest der Presse tut das nicht. Palästinensische Journalisten, die von Israel ins Visier genommen und ermordet werden, bezahlen dafür mit ihrem Leben, wie viele grosse Kriegsberichterstatter, wenn auch in weitaus grösserer Zahl. Israel hat nach einer Zählung 245 Journalisten in Gaza ermordet, nach einer anderen mehr als 273. Das Ziel ist es, den Völkermord zu verschleiern. Kein Krieg, über den ich berichtet habe, kommt auch nur annähernd an diese Zahl von Toten heran. Seit dem 7. Oktober hat Israel mehr Journalisten getötet als im amerikanischen Bürgerkrieg, im Ersten und Zweiten Weltkrieg, im Koreakrieg, im Vietnamkrieg, einschliesslich der Konflikte in Kambodscha und Laos, in den Kriegen in Jugoslawien in den 1990er Jahren und im Krieg in Afghanistan nach dem 11. September 2001 zusammen, laut einer Studie der Brown University vom April 2025.
Journalisten in Palästina hinterlassen Testamente und nehmen Videos auf, die nach ihrem Tod vorgelesen oder abgespielt werden sollen. Vor einigen Wochen, an einem schwülen Nachmittag, war ich im Büro des Leiters des palästinensischen Fernsehens in Kairo und sprach mit Salman Al Bashir, dem Korrespondenten des Senders in Gaza. Am Abend des 2. November 2023 sollte Salman die Abendausgabe moderieren. Es war, wie er mir reumütig erzählt, der 106. Jahrestag der Balfour-Erklärung, mit der sich die britische Regierung 1917 zur Errichtung einer „nationalen Heimstätte für das jüdische Volk in Palästina” verpflichtete.
Der palästinensische Fernsehjournalist Muhammad Abu Hatab beendete um 19 Uhr seine sechsstündige Schicht auf dem Gelände des Nasser-Krankenhauses in Khan Younis. Nachdem er über die anhaltenden Bombardierungen und Zerstörungen berichtet hatte, übergab er die Sendung an Salman. Abu Hatab, dessen Wohnung sich neben dem Krankenhaus befand, ging nach Hause. Die meisten anderen Journalisten schliefen in Zelten auf dem Krankenhausgelände, da es gefährlich war, sich in Gaza fortzubewegen. In der Nähe des Krankenhauses gab es eine Explosion, sagt Salman in einem Video, das er mir von seiner Sendung zeigt. Wir können eine sehr laute Explosion hören. Die Fernsehmoderatorin Duha Shami in Ramallah sagt zu Salman: „Das klingt nah.“ „Ja“, sagt Salman in der Sendung, „es gab eine Explosion. Ich sehe die Krankenwagen. Ich werde Sie informieren, sobald wir Neuigkeiten haben.“ Ein Mitglied des Notfallteams des Krankenhauses rennt auf Salman zu und ruft: „Muhammad Abu Hatab, Muhammad Abu Hatab, Ihr Freund, Ihr Kollege, ist gefallen. Sie haben das Haus von Abu Hatab angegriffen.“ Salman hält inne. Er schaut in die Kamera und sagt: „Das Ziel war offenbar das Haus der Familie von Muhammad Abu Hatab. Viele Menschen sind getötet worden. Muhammad Abu Hatab ist offenbar gefallen.“ Salman steht vor der Kamera und trägt eine blaue Schutzweste mit der Aufschrift „PRESSE“. Er trägt einen blauen Helm und hält ein Mikrofon in der Hand. „Es gibt überhaupt keinen internationalen Schutz und keine Immunität“, sagt er unter Tränen in die Kamera, während hinter ihm die roten Lichter eines Krankenwagens blinken. Diese schwarzen Jacken und Helme schützen uns nicht. Sie sind nur Slogans, die wir tragen. Sie schützen Journalisten überhaupt nicht. „Hier sind wir Opfer, die nacheinander ihr Leben verlieren, ohne dass es jemanden interessiert“, sagt er, während er den Kinnriemen seines Helms löst und den Helm abnimmt. „Wir warten nacheinander darauf, dass wir an der Reihe sind.“ Er öffnet seine Schutzweste und lässt sie zu Boden fallen. „Wir können es nicht mehr ertragen“, sagt er emotional in die Kamera. „Wir sind erschöpft. Hier werden wir zu Märtyrern. Es ist nur eine Frage der Zeit. Niemand sieht uns oder das Ausmass der Katastrophe. Niemand sieht das Verbrechen, das wir in Gaza erleben.“ [Hier der Videoausschnitt] „Psychologisch konnte ich das nicht akzeptieren“, erzählte mir Salman in Kairo. „Ich war 20 Minuten zuvor noch bei ihm. Jetzt war er tot. Sie brachten seine Leiche ins Krankenhaus. Ich weigerte mich, ihn anzusehen. Die Leute, die ihn gesehen hatten, sagten mir, dass die Hälfte seines Gesichts weggeblasen war.“ In dem Video wendet er sich von der Kamera ab und schluchzt. Duha in Ramallah legt ihren Kopf in ihre Hände und wischt sich die Tränen weg. „Wir sind Opfer im Live-Fernsehen“, sagt er in der Sendung. „Muhammad Abu Hatab war vor einer halben Stunde noch hier. Er hat uns zusammen mit seiner Frau, seinem Sohn, seinem Bruder und anderen Mitgliedern seiner Familie verlassen.“
Salman zeigt mir ein Video von Muhammads Beerdigung. Er ist einer der Sargträger. Muhammads Leichnam ist in ein weisses Leichentuch gehüllt. Seine blaue Schutzweste und ein Mikrofon liegen zusammen mit einer kleinen palästinensischen Flagge auf seinem Körper. „Es gibt keinen Gott ausser Gott“, skandiert die Menge, „die Märtyrer sind Gottes Geliebte.“ Salman zeigt uns dann ein Video von den zerstörten Überresten von Muhammads Wohnung, in der er und zehn Familienmitglieder getötet wurden. „Haben Sie etwas anders gemacht, nachdem Muhammad getötet wurde?“, fragte ich. „Ich war sehr vorsichtig“, antwortete Salman. „Wie?“, fragte ich. „Mit meiner Sprache“, sagte er. „Ich begann, sehr professionell zu sprechen. Ich sprach über den Krieg und die Details eines Krieges, ohne die Worte zu verwenden, die andere Journalisten benutzten. Ich versuchte, die Israelis nicht zu verärgern. Ich bezeichnete sie nicht mehr als Zionisten oder neue Nazis. Ich hörte auf, Wörter wie messianisch zu verwenden. Ich hörte auf, sie als israelische Besatzungsarmee zu bezeichnen. Ich nannte sie die israelische Armee.“
Salman setzte seine Arbeit fort, bis sein Freund, der Al-Jazeera-Kameramann Samir Abu Dhaka, der die belgische Staatsbürgerschaft besass, am 15. Dezember 2023 bei einem Drohnenangriff getötet wurde. Samir hatte seine Familie, darunter vier Kinder, nach Belgien geschickt, aber er weigerte sich, Gaza zu verlassen. Er und Wael al-Dahdouh, der Büroleiter von Al Jazeera in Gaza, hatten über die Folgen eines israelischen Angriffs berichtet, bei dem mindestens 20 Menschen in einer Schule in Khan Younis getötet worden waren, die als Unterkunft für vertriebene Familien diente. Wael wurde an der Hand und am Bauch verletzt, konnte aber fliehen. Die israelischen Soldaten und die über ihnen schwebenden Drohnen beschossen Krankenwagen und Sanitäter, die versuchten, Samir zu erreichen. Drei Rettungskräfte wurden getötet. Der 45-jährige Samir verblutete innerhalb von fünf Stunden. „Ich war am Tag vor seinem Tod bei Samir“, sagte Salman leise. „Das war's. Ich konnte nicht mehr weitermachen. Ich musste Gaza verlassen.“ Im August 2025 wurden die Nahost-Journalisten Muhammad Salama und Akhmed Abu Aziz, der Reuters-Fotojournalist Hassam al-Masri und die Freiberufler Malaz Abu Taha und Mariam Daga, die für mehrere Medienunternehmen, darunter Associated Press, gearbeitet hatten, zusammen mit 15 weiteren Personen im Nasser-Krankenhaus bei einem Double-Tap-Angriff getötet, der darauf abzielte, die Ersthelfer nach dem ersten Angriff zu töten.
Wie reagierten westliche Nachrichtenagenturen? „Das israelische Militär gibt an, dass die Angriffe auf das Krankenhaus in Gaza auf eine Kamera der Hamas abzielten“, berichtete die Associated Press. „Die IDF behauptet, der Angriff auf das Krankenhaus habe auf eine Kamera der Hamas abgezielt“, verkündete CNN. „Die israelische Armee gibt an, dass bei dem Angriff auf das Krankenhaus in Gaza am Montag sechs Terroristen getötet wurden“. Die Schlagzeile der AFP lautete: „Erste Ermittlungen ergeben, dass eine Kamera der Hamas das Ziel des israelischen Angriffs war, bei dem Journalisten getötet wurden“, berichtete Reuters. „Israel behauptet, Soldaten hätten vor dem tödlichen Angriff auf das Krankenhaus eine Kamera der Hamas gesehen“, erklärte Sky News. Zur Erinnerung: Die Kamera gehörte Reuters. Die Nachrichtenagentur erklärte, Israel habe genau gewusst, dass sie aus dem Krankenhaus filmten.
Der Al-Jazeera-Korrespondent Anas Al-Sharif, einer der beliebtesten Journalisten in Gaza, der täglich über den Völkermord berichtete, erhielt Morddrohungen auf seinem Telefon. Im November 2023 befahl das israelische Militär Anas, seine Berichterstattung einzustellen und den Norden Gazas zu verlassen. Sie schickten ihm Nachrichten, in denen sie ihn darüber informierten, dass er verfolgt werde. Sein Elternhaus wurde bombardiert, wobei sein Vater ums Leben kam. Der arabische Sprecher des israelischen Militärs beschuldigte ihn des Terrorismus und der Mitgliedschaft in der Hamas, die den Abschuss von Raketen auf Israel überwache. Das Komitee zum Schutz von Journalisten bezeichnete die anhaltenden Angriffe auf Anas als Vorstufe zu einem Attentat.
Das in Tel Aviv ansässige Magazin +972 berichtete, dass das israelische Militär über eine Spezialeinheit namens „Legitimierungszelle” verfügt, die Kampagnen durchführt, um palästinensische Journalisten als Hamas-Mitglieder darzustellen und so ihre Ermordung zu rechtfertigen. Im Oktober 2024 befand sich Anas mit einer Gruppe von Journalisten in Jabalia, auf die israelische Soldaten schossen. Der Kameramann Fadi Alwahidi, der durch seine Schutzweste eindeutig als Journalist zu erkennen war, wurde in den Hals geschossen und gelähmt. Kurz darauf beschuldigte das israelische Militär sechs Journalisten, darunter Anas, militante Kämpfer zu sein. Sein Instagram-Account wurde gelöscht. Am 2. Mai 2025, nachdem Israel Lebensmittel- und humanitäre Hilfe blockiert hatte, berichtete Anas über die zunehmende Unterernährung und Hungersnot in Gaza. Im Juli schrieb er in den sozialen Medien, dass er vor Hunger vergeht, und bezeichnete den Hunger als langsamen Tod. In einer Sendung unterdrückte er seine Tränen, als eine unterernährte Frau hinter ihm ohnmächtig wurde. Ein Umstehender rief: „Mach weiter, Anas. Du bist unsere Stimme.“ Am 10. August 2025 wurden Anas und drei weitere Journalisten von einer israelischen Drohne getötet, während sie sich in ihrem Medienzelt vor dem Al-Shifa-Krankenhaus aufhielten. Wie wurde die Tötung dieser Journalisten von ihren Kollegen in der westlichen Presse berichtet? „Israel tötet Al-Jazeera-Journalisten, den es als Hamas-Führer bezeichnet“, titelte Reuters seinen Artikel, obwohl Anas Teil eines Reuters-Teams war, das 2024 den Pulitzer-Preis gewonnen hatte. Die deutsche Zeitung Bild veröffentlichte einen Artikel auf der Titelseite mit der Überschrift „Als Journalist getarnter Terrorist in Gaza getötet“.
Die Kollegen dieser palästinensischen Journalisten in der westlichen Presse berichten von der Grenzmauer zu Gaza aus, gekleidet in Schutzwesten und Helmen, wo sie genauso viel Gefahr laufen, von Granatsplittern oder Kugeln getroffen zu werden wie von einem Asteroiden. Sie eilen wie Lemminge zu Pressekonferenzen israelischer Beamter. Sie sind nicht nur Feinde der Wahrheit, sondern auch Feinde der Journalisten, die echte Kriegsberichterstattung leisten.
Diese Kluft habe ich in allen Kriegen erlebt, über die ich berichtet habe. Als irakische Truppen während des ersten Golfkriegs die saudische Grenzstadt Al-Hafji angriffen, flohen saudische Soldaten in Panik. Zwei französische Fotografen und ich sahen, wie verzweifelte Soldaten Feuerwehrautos requirierten und nach Süden rasten. US-Marines drängten die Iraker zurück. Aber in Riad wurde der Presse erzählt, dass unsere tapferen saudischen Verbündeten ihr Heimatland verteidigten. Als die Kämpfe beendet waren, hielt der Pressebus wenige Kilometer von Al-Hafji entfernt. Die Pool-Reporter kletterten aus, begleitet von Militärbegleitern. Sie machten Stand-ups mit dem entfernten Klang von Artillerie und Rauch als Hintergrund und wiederholten die Lügen, die das Pentagon verbreiten wollte.
Unterdessen wurden die beiden Fotografen und ich beim Verlassen von Al-Hafji festgenommen und von wütenden saudischen Militärpolizisten geschlagen, die darüber empört waren, dass wir die panische Flucht der saudischen Soldaten dokumentiert hatten. Meine Weigerung, mich an die Pressebeschränkungen im ersten Golfkrieg zu halten, veranlasste die anderen Reporter der New York Times in Saudi-Arabien, einen Brief an den Auslandskorrespondenten zu schreiben, in dem sie behaupteten, ich würde die Beziehungen der Zeitung zum Militär ruinieren. Ohne die Intervention von R.W. Johnny Apple, der über Vietnam berichtet hatte, wäre ich nach New York zurückgeschickt worden.
Ich mache niemandem Vorwürfe, der nicht in ein Kriegsgebiet gehen will. Das ist ein Zeichen von Normalität. Es ist rational. Es ist verständlich. Diejenigen von uns, die sich freiwillig zum Kampfeinsatz melden – mein Kollege Clyde Abram von der New York Times sagte einmal, ich würde mit oder ohne Fallschirm in jeden Krieg springen –, haben offensichtliche Persönlichkeitsstörungen. Aber ich werfe denen vor, die vorgeben, Kriegsberichterstatter zu sein. Sie richten enormen Schaden an. Sie verbreiten falsche Darstellungen. Sie verschleiern die Realität. Sie dienen als bewusste oder unbewusste Propagandisten. Sie diskreditieren die Stimmen der Opfer und entlasten die Mörder. Sie verraten diejenigen, die grosse Risiken eingehen, um die Wahrheit zu berichten.
Als ich vor meiner Tätigkeit für die New York Times über den Krieg in El Salvador berichtete, gab der Korrespondent der Zeitung pflichtbewusst alles wieder, was ihm die Botschaft vorsetzte. Dies hatte zur Folge, dass meine Redakteure sowie die Redakteure anderer Korrespondenten, die über den Krieg berichteten, unsere Glaubwürdigkeit und „Unparteilichkeit“ in Frage stellten. Es machte es den Lesern schwerer, zu verstehen, was vor sich ging. Die falsche Darstellung neutralisierte die wahre Darstellung und überwältigte sie oft. Die Verleumdungen, mit denen meine palästinensischen Kollegen diskreditiert werden, indem behauptet wird, sie seien Mitglieder der Hamas, sind leider nichts Neues. Viele palästinensische Reporter, die ich in Gaza kenne, stehen der Hamas tatsächlich recht kritisch gegenüber. Aber selbst wenn sie Verbindungen zur Hamas hätten, was wäre daran schlimm? Israels Versuch, die gezielten Angriffe auf Journalisten des von der Hamas betriebenen Mediennetzwerks Al-Aqsa zu rechtfertigen, verstösst ebenfalls gegen Artikel 79 der Genfer Konvention. Ich habe mit Reportern und Fotografen zusammengearbeitet, die unterschiedlichste Weltanschauungen hatten, darunter auch Marxisten-Leninisten in Mittelamerika. Das hinderte sie nicht daran, ehrlich zu sein. Ich war in Bosnien und im Kosovo mit dem spanischen Kameramann Miguel Gil Moreno, der später zusammen mit meinem Freund Kurt Schork getötet wurde. Miguel war Mitglied der rechtsgerichteten katholischen Gruppe Opus Dei. Er war auch ein Journalist von enormem Mut, grossem Mitgefühl und moralischer Integrität, trotz seiner, wie ich fand, ziemlich bizarren Ansichten über Francisco Franco. Aber er hat nicht gelogen. In jedem Krieg, über den ich berichtete, wurde ich angegriffen, weil ich angeblich die Gruppe unterstützte oder ihr angehörte, die die Regierung, einschliesslich der US-Regierung, zu vernichten versuchte. Ich wurde beschuldigt, ein Werkzeug der Nationalen Befreiungsfront Farabundo Martí in El Salvador, der Sandinisten in Nicaragua, der Nationalen Revolutionären Partei Guatemalas, der Sudanesischen Volksbefreiungsarmee, der Hamas, der muslimischen Regierung in Bosnien und der Kosovo-Befreiungsarmee zu sein.
John Simpson von der BBC argumentiert, wie viele westliche Reporter, dass die Welt ehrliche, unvoreingenommene Augenzeugenberichte braucht, damit sich die Menschen eine Meinung zu den wichtigen Themen unserer Zeit bilden können. Bislang war dies in Gaza unmöglich. Die Annahme, dass sich die Berichterstattung verbessern würde, wenn westliche Reporter in Gaza wären, ist offensichtlich. Glauben Sie mir, das wäre nicht der Fall. Israel verbietet die ausländische Presse, weil es in Europa und den Vereinigten Staaten eine Voreingenommenheit zugunsten der Berichterstattung westlicher Reporter gibt. Israel ist sich bewusst, dass das Ausmass des Völkermords zu gross ist, als dass westliche Medien es trotz aller Tinte und Sendezeit, die sie israelischen und US-amerikanischen Apologeten widmen, verbergen oder verschleiern könnten. Israel kann auch seine systematische Kampagne zur Vernichtung von Journalisten in Gaza nicht fortsetzen, wenn es sich mit ausländischen Medien in seiner Mitte auseinandersetzen muss. Die Lügen Israels, die von westlichen Medien, darunter auch meinem ehemaligen Arbeitgeber, der New York Times, verbreitet werden, sind der Prawda würdig. Enthauptete Babys, in Öfen gekochte Babys, Massenvergewaltigungen durch die Hamas, fehlgeleitete palästinensische Raketen, die Explosionen in Krankenhäusern verursachen und Zivilisten massakrieren, geheime Kommandotunnel und Kommandozentralen in Schulen und Krankenhäusern, Journalisten, die Hamas-Raketen lenken, und Demonstranten gegen den Völkermord auf Universitätsgeländen, die Antisemiten und Unterstützer der Hamas sind. Ich habe sieben Jahre lang einen Grossteil der Zeit über den Konflikt zwischen Palästinensern und Israelis in Gaza berichtet. Wenn es eine unbestreitbare Tatsache gibt, dann ist es, dass Israel lügt wie es atmet. Die Entscheidung westlicher Reporter, diesen Lügen Glaubwürdigkeit zu verleihen und ihnen das gleiche Gewicht zu geben wie dokumentierten israelischen Gräueltaten, ist ein zynisches Spiel. Die Reporter wissen, dass diese Lügen Lügen sind, aber sie und die Nachrichtenagenturen, die sie beschäftigen, schätzen den Zugang, in diesem Fall den Zugang zu israelischen und US-amerikanischen Beamten, mehr als die Wahrheit. Die Reporter sowie ihre Redakteure und Verleger fürchten, zur Zielscheibe Israels und der mächtigen Israel-Lobby zu werden. Der Verrat an den Palästinensern kostet nichts. Sie sind machtlos. Wer diese Lügen anprangert, wird schnell feststellen, dass seine Anfragen für Briefings und Interviews mit Beamten abgelehnt werden. Man wird von Pressesprechern nicht mehr zu inszenierten Besuchen bei israelischen Militäreinheiten eingeladen. Man selbst und die eigene Nachrichtenorganisation werden heftig attackiert. Man wird im Regen stehen gelassen. Die Redakteure werden den Auftrag und vielleicht sogar das Arbeitsverhältnis kündigen. Ihre Vorträge in Presseclubs werden abgesagt, was Ihrer Karriere nicht gerade zuträglich ist. Und so werden die Lügen pflichtbewusst wiederholt, egal wie absurd sie auch sein mögen. Es ist erbärmlich mitanzusehen, wie diese Reporter und ihre Nachrichtenagenturen, wie Robert Fisk schreibt, wie Tiger darum kämpfen, Teil dieser Pools zu werden, in denen sie zensiert, eingeschränkt und aller Bewegungsfreiheit auf dem Schlachtfeld beraubt werden. Die Flut israelischer Lügen, die durch die westliche Presse verstärkt und glaubwürdig gemacht wird, verstösst gegen einen Grundgedanken des Journalismus, nämlich die Pflicht, dem Zuschauer oder Leser die Wahrheit zu vermitteln. Sie legitimiert Massenmord. Es weigert sich, Israel zur Rechenschaft zu ziehen. Es verrät palästinensische Journalisten, die aus Gaza berichten und dort getötet werden, und es entlarvt die Bankrotterklärung westlicher Journalisten, deren Hauptmerkmale Karrierismus und Feigheit sind. Vielen Dank.
Professor Orlando Reade diskutiert mit Chris Hedges über dessen Buch „What in Me Is Dark: The Revolutionary Afterlife of Paradise Lost“. Er untersucht den Einfluss des epischen Gedichts auf revolutionäre Denker in den vier Jahrhunderten seit seiner Veröffentlichung und analysiert anhand des Gedichts die moralische Grauzone, die in Krieg und Revolution existiert.
Jede Person, die sich für Privatsphäreschutz im Internet ausspricht, kennt es: Auf Argumente, weshalb Massenüberwachung nicht nur nicht effektiv, sondern auch äusserst gefährlich ist, wird häufig geantwortet mit «Sollen sie doch meine Chats anschauen, ich habe nichts zu verbergen». So weit verbreitet dieses Argument (immer noch!) zu sein scheint, so unschlüssig ist es auch.
Wäre eine Kamera im Schlafzimmer okay?
Einer der Gründe, weshalb viele Menschen immer noch so reagieren, könnte sein, dass Privatsphäre im Internet sehr abstrakt ist. In der physischen Welt hätten die meisten Menschen wahrscheinlich ein Problem damit, wenn der Postbote ihre Briefe öffnen und lesen würde, ganz zu schweigen davon, wenn die Regierung Kameras in ihren Schlafzimmern installieren würde.
Denn auch ohne in illegale Aktivitäten verwickelt zu sein, gibt es Orte und Situationen, in die andere keine Einsicht haben sollen. Und zwar nicht, weil wir etwas zu verstecken hätten, sondern weil wir gewisse Teile unseres Lebens einfach lieber für uns behalten. Aus diesem Grund schliessen wir beim Gang auf die Toilette auch die Tür oder geben niemandem unser Tagebuch zu lesen.
Dabei geht es vor allem darum, seine Freiheit zu schützen – die Freiheit, sich zu bewegen und zu leben, ohne überwacht zu werden. Das Problem: Für viele ist Freiheit so selbstverständlich, dass die Notwendigkeit, sie zu schützen, nicht gesehen wird.
Der National Press Club of Australia hat meinen Vortrag darüber abgesagt, wie die Medien durch die Verbreitung israelischer Lügen palästinensische Journalisten verraten haben, von denen 278 von Israel ermordet wurden.
Ich sollte am 20. Oktober im National Press Club of Australia einen Vortrag mit dem Titel „Der Verrat an palästinensischen Journalisten” halten. Im Mittelpunkt sollte die Verbreitung israelischer Lügen in der Presse stehen, von denen die meisten Reporter wissen, dass es Lügen sind, und die palästinensische Kollegen verraten, die von Israel verleumdet, ins Visier genommen und getötet werden. Aber vielleicht hat der Geschäftsführer des Presseclubs, Maurice Reilly, meine These unbeabsichtigt bestätigt, als er die Veranstaltung absagte. Die Ankündigung meines Vortrags verschwand von der Website. Reilly sagte, „im Interesse einer ausgewogenen Programmgestaltung werden wir unser Angebot zurückziehen”.
Der israelische Botschafter, Oberstleutnant a. D. Amir Maimon, der 14 Jahre lang in der israelischen Armee gedient hat, soll angeblich als Redner in Betracht gezogen werden.
Es stimmt, dass ich aus den sieben Jahren, in denen ich über Gaza berichtet habe, nur eine Seite der Medaille kenne. Ich war selbst Ziel israelischer Angriffe, darunter Bombardierungen durch die Luftwaffe und Schüsse von Scharfschützen, von denen einer einen jungen Mann nur wenige Meter von mir entfernt an der Netzarim-Kreuzung tötete. Wir hoben ihn hoch, jeder packte einen Arm oder ein Bein, und schleppten ihn die Strasse entlang, während sein Körper wie ein schwerer Sack hin und her schwankte. Ich habe gesehen, wie kleine Jungen im Flüchtlingslager Khan Yunis in Gaza von israelischen Soldaten provoziert und erschossen wurden. Die Soldaten beschimpften die Jungen auf Arabisch über die Lautsprecher ihrer gepanzerten Jeeps. Die etwa zehnjährigen Jungen warfen daraufhin Steine auf ein israelisches Fahrzeug, woraufhin die Soldaten das Feuer eröffneten und einige von ihnen töteten, andere verwundeten.
Ich war mehr als einmal dabei, als israelische Truppen palästinensische Kinder erschossen. Solche Vorfälle werden im israelischen Sprachgebrauch zu Kindern, die ins Kreuzfeuer geraten sind. Ich war in Gaza, als F-16-Kampfflugzeuge überfüllte Hütten in Gaza-Stadt bombardierten. Ich sah die Leichen der Opfer, darunter auch Kinder. Dies wurde zu einem chirurgischen Schlag gegen eine Bombenfabrik. Ich habe beobachtet, wie Israel Häuser und ganze Wohnblocks zerstörte, um breite Pufferzonen zwischen den Palästinensern und den israelischen Truppen zu schaffen, die Gaza umzingeln. Ich habe mit mittellosen und obdachlosen Familien gesprochen, von denen einige in provisorischen Unterkünften in den Trümmern campierten. Die Zerstörung wird zur Demolierung der Häuser von Terroristen. Ich habe in den zerstörten Überresten von Schulen, Krankenhäusern und Moscheen gestanden und die Leichen gezählt. Ich habe gehört, wie Israel behauptete, dass fehlgeleitete Raketen oder Mörsergranaten der Palästinenser diese und andere Todesfälle verursacht hätten oder dass die Gebäude als Waffenlager oder Abschussrampen genutzt worden seien.
Ich und alle anderen Reporter, die ich kenne und die in Gaza gearbeitet haben, darunter die über 278 palästinensischen Journalisten und Medienmitarbeiter, die seit Beginn des Völkermords von Israel getötet wurden, viele davon in gezielten Attentaten, haben über eine Realität in Gaza berichtet, die nichts mit der Darstellung israelischer Politiker, des Militärs und vieler Medien zu tun hat, die als Echokammer Israels dienen.
Oberstleutnant Maimon kann uns natürlich, wenn er möchte, über das auf künstlicher Intelligenz basierende Programm namens „Lavender“ aufklären und darüber, wie es Menschen und ihre Familien in Gaza für Attentate auswählt. Er kann erklären, wie Israel die Quoten für zivile Todesopfer festlegt, wie Soldaten bis zu 20 Zivilisten töten dürfen, um einen palästinensischen Kämpfer zu treffen, und Hunderte, um einen Hamas-Kommandeur zu treffen. Er kann uns mitteilen, warum Israel das Massaker fortsetzt, obwohl eine interne israelische Geheimdienstdatenbank zeigt, dass mindestens 83 Prozent der getöteten Palästinenser Zivilisten sind. Er kann uns erzählen, wie palästinensische Zivilisten entführt, in israelische Armeeuniformen gekleidet, mit gefesselten Händen vor israelische Truppen gestellt und dann gezwungen werden, als menschliche Schutzschilde vor israelischen Truppen in Gebäude und unterirdische Tunnel zu gehen, die möglicherweise mit Sprengfallen versehen sind. Er kann erklären, wie die Spezialeinheit namens „Legitimierungszelle“ Propagandakampagnen durchführt, um palästinensische Journalisten als Hamas-Aktivisten darzustellen und so ihre Ermordung zu rechtfertigen. Er kann detailliert beschreiben, wie durch gezielte Angriffe, Bombardierungen und kontrollierte Sprengungen 97 Prozent des Bildungssystems in Gaza beschädigt oder zerstört wurden, darunter alle Universitäten und fast alle Krankenhäuser. Er kann erklären, wie israelische Beamte, nachdem Israel am 2. März alle humanitären Hilfslieferungen blockiert hatte, um die Palästinenser in Gaza auszuhungern, die sogenannte Gaza Humanitarian Foundation gründeten, um ausgemergelte und unterernährte Palästinenser in vier Hilfszentren im Süden zu locken – Hilfszentren mit wenig Nahrung, die Human Rights Watch als „Todesfallen” und Ärzte ohne Grenzen als „orchestriertes Töten” bezeichnet. Diese Zentren, die nur eine Stunde lang geöffnet sind, normalerweise um 2:00 Uhr morgens, sorgen für ein chaotisches Gerangel um Essensreste.
Israelische Soldaten und US-Söldner, darunter Mitglieder des Infidels Motorcycle Club, einer selbsternannten Anti-„radikalen Dschihadisten”-Biker-Gruppe, deren Mitglieder Kreuzritter-Tattoos tragen, schiessen seit Mai mit scharfer Munition in die Menschenmenge und töten dabei über 1.400 Palästinenser und verletzen Tausende weitere in und um die Zentren. Er kann die Pläne für die Konzentrationslager im südlichen Gazastreifen und die Bemühungen darlegen, die Palästinenser letztendlich aus dem Gazastreifen zu vertreiben und ihn mit jüdischen Siedlern neu zu besiedeln. Er kann erklären, warum Israel seine eigenen Geiseln im Stich gelassen hat, warum es am 7. Oktober auf Fahrzeuge geschossen hat, die mit israelischen Gefangenen in den Gazastreifen fuhren, und warum es Hellfire-Raketen einsetzte, um die Erez-Grenzübergangsanlage zu zerstören, als sie von palästinensischen Kämpfern eingenommen wurde, obwohl es wusste, dass sich Dutzende israelischer Soldaten darin befanden.
Wenn Oberstleutnant Maimon mit dieser Ehrlichkeit und Offenheit sprechen würde, könnten wir dies als Ausgewogenheit bezeichnen. Es würde eine Seite der Gleichung vervollständigen, die ich von aussen erahnen kann. Es würde den Kreis schliessen. Es würde Wahrheit mit Wahrheit in Einklang bringen.
Aber Oberstleutnant Maimon wird, wie ich seinen früheren Äusserungen entnehme, die verlogenen Narrative wiederkäuen, mit denen Israel den Völkermord rechtfertigt – dass die Hamas Palästinenser als menschliche Schutzschilde benutzt, Kommandozentralen in Krankenhäusern betreibt, am 7. Oktober israelische Frauen sexuell missbraucht und Babys enthauptet hat. Er wird die falsche Behauptung aufstellen, dass Israel „das Recht hat, sich zu verteidigen“, und dabei die Tatsache ignorieren, dass die Hamas und andere palästinensische Widerstandsgruppen, denen es an Luftwaffe, mechanisierten Einheiten, Artillerie, Marine, Flotten von militarisierten Drohnen und Raketen mangelt, keine existenzielle Bedrohung für Israel darstellen. Noch wichtiger ist, dass er Israels eklatante Verletzung des Völkerrechts durch die Besetzung und Ansiedlung von Kolonisten auf palästinensischem Land und die Durchführung eines live übertragenen Völkermords nicht ansprechen wird.
Das ist keine Ausgewogenheit, es sei denn, wir akzeptieren eine Welt, in der Wahrheit durch Lügen ausgeglichen wird. Es ist eine Abkehr von der grundlegenden Aufgabe von Journalisten – die Mächtigen zur Rechenschaft zu ziehen. Am schlimmsten ist jedoch, dass es ein schrecklicher Verrat an unseren Kollegen in Gaza ist, die getötet wurden, weil sie über die täglichen Gräueltaten in Gaza berichtet haben, weil sie ihre Arbeit gemacht haben.
Zweifellos sind die Unternehmenssponsoren und wohlhabenden Spender des Presseclubs zufrieden. Zweifellos kann sich der Club von seiner journalistischen Integrität distanzieren. Zweifellos bleibt ihm die Kritik erspart, die ihm entgegenschlagen würde, wenn er mich sprechen liesse.
Aber bitte haben Sie den Anstand, das Wort „Presse“ aus Ihrem Clubnamen zu streichen.
Zusammenfassung: Die «Sonntags-Zeitung» zeigt eine klare Tendenz zugunsten der Reichen und gegen die Erbschaftssteuer-Initiative der Jungsozialisten (Juso). Sie stützt sich dabei auf eine acht Monate alte Studie, die von «Swiss Family-Business» gekauft wurde – einer Interessensorganisation familien- und inhabergeführter Unternehmen, die selbst das «Überparteiliche Komitee gegen die Juso-Initiative» gegründet hat. Die Studie basiert auf zahlreichen Annahmen und fragwürdigen Quellen, wird von der Zeitung jedoch unkritisch als Tatsache präsentiert. Dies geschieht offenbar mit dem Ziel, kurz vor der Abstimmung Stimmung gegen die Initiative zu machen. Die «Sonntags-Zeitung» gehört zur TX-Group (u.a. Tages-Anzeiger), deren Mehrheitseigentümer, die Familie Coninx, von der Erbschaftssteuer betroffen wären. Das wirft Fragen auf in Bezug auf die Neutralität des Artikels der SZ. Insgesamt zeigt die SZ eine wiederkehrende Parteinahme für wohlhabende Kreise, was ihre Glaubwürdigkeit als unabhängiges Medium untergräbt.
Ueli Maurer will mit einem neuen Verein für die freie Rede im deutschsprachigen Raum kämpfen. Klingt nobel – doch es geht ihm und seinen Mitstreitern um etwas anderes.
Zum Artikel des Tages-Anzeiger
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Zusammenfassung / Kritik: In meiner Wahrnehmung teilen sich der Leonhard-Kreis und das Trump-Regime grundlegende strategische Gemeinsamkeiten, vor allem in der Verwendung populistischer Rhetorik, die gegen das Establishment, die Medien*, die Globalisierung* und den Multilateralismus gerichtet ist. Beide bewegte sich in einem nationalistischer* Kontext und sprachen von einer Bedrohung der nationalen Identität durch äussere Einflüsse (ob nun politisch, wirtschaftlich, sozial oder kulturell).
Die Gefahr, die von solchen Bewegungen ausgeht, ist, dass sie oft spaltende und polarisierende Narrative verbreiten, die die Gesellschaft weiter auseinanderreissen können. Sie fördern ein Klima, in dem Hass, Ausgrenzung und Intoleranz gegenüber anderen Kulturen und Weltanschauungen als legitim angesehen werden. Der Leonhard-Kreis nutzt dabei die gleiche Opferrolle, die auch Trump einnahm: Sie stellen sich als die verfolgten Verteidiger der „wahren“ Wahrheit dar, die vom politischen Mainstream und einer globalistischen Agenda unterdrückt wird. In diesem Kontext geht es nicht nur um Meinungsfreiheit, sondern um die Zementierung einer politischen Ordnung, die im Kern exklusiv, nationalistisch, ausschliessend, menschenverachtend ist.
Der Leonhard-Kreis in der Schweiz und Trump in den USA sind also Symptome einer breiteren Bewegung, die die fundamentalen Prinzipien von Demokratie, Pluralismus und Offenheit untergräbt, indem sie diverse Gesellschaften auf radikale nationale Identitäten zurückführt.
* Medien, Globalisierung, Nationalismus sind in diesem Kontext so zu betrachten, wie die politisch Rechte sie benutzt.
Der Bund will 20 schwer verletzte Kinder aus Gaza in der Schweiz behandeln. Der Kanton Zürich macht nicht mit beim Vorhaben. Die Bürgerlichen sind erleichtert, die SP spricht von Zynismus.
Zum Artikel des Tages-Anzeiger
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Kommentar: Die Entscheidung des Kantons Zürich, die Aufnahme von schwer verletzten Kindern aus Gaza abzulehnen, wirft aus gesellschaftlicher, humanitärer, ethischer und sozialer Sicht zahlreiche kritische Fragen auf, insbesondere in Bezug Doppelstandards, auf humanitäre Verantwortung, Solidarität und politische Instrumentalisierung.
Heuchelei der Zürcher Politik
Die Heuchelei der Schweizer Politik in Bezug auf Gaza und die humanitäre Hilfe wird deutlich, wenn man die doppelten moralischen Standards betrachtet, die in im Kontext dieses Regierungsratsentscheides angewendet werden. Auf der einen Seite verkauft die Schweiz Dual-Use-Güter an Israel, also Produkte, die sowohl für zivile als auch militärische Zwecke verwendet werden können, die als Waffen gegen die Zivilbevölkerung Gazas eingesetzt werden können. Auf der anderen Seite ist die Schweiz ein Kunde von Israel, das seit Jahrzehnten wegen seiner militärischen Operationen gegen die Palästinenser kritisiert wird.
Ein besonders gravierendes Beispiel für diese Verstrickung ist der Kauf von Drohnen des Typs Hermes 900 von der israelischen Firma Elbit Systems, deren Waffen gegen die palästinensische (Zivil-)Bevölkerung eingesetzt werden. Darüber hinaus hat die Schweiz auch Luftverteidigungskomponenten sowie Technologien für die elektronische Kriegsführung aus Israel gekauft – Produkte, die nicht nur zur militärischen Überlegenheit Israels beitragen, sondern auch in militärische Operationen gegen die Bevölkerung Gazas involviert sind.
So trägt die Schweiz direkt und indirekt zum fortlaufenden Morden und zum Völkermord an der Palästinensischen Bevölkerung in Gaza bei. Diese Tatsache wird von der Zürcher Regierung jedoch völlig ausgeblendet, wenn sie sich weigert, schwer verletzte Kinder aus Gaza medizinisch zu versorgen. Diese schwer Verletzten sind u.a. durch die erwähnten Exporte an und Importe von Israel mitverursacht. Doch auch ungeachtet dieser Tatsachen ist die Symbolpolitik, die hier auf Kosten von Menschenleben betrieben wird, skandalös. Die Schweiz, als ein Land, das sich gern als Weltgemeinschaft der humanitären Hilfe präsentiert, scheint sich in diesem Fall bewusst zu weigern, der eigenen moralischen Verantwortung nachzukommen. Wenn die Schweiz weiterhin Waffen an Israel liefert, jedoch bei der Behandlung von Kindern in Not den Rückzug antritt, wird der Widerspruch zwischen Verkauf von Kriegsmaschinen und Verweigerung von Hilfe umso unübersehbarer. Was für eine Heuchelei!
Gesellschaftliche Verantwortung und Humanismus
Dieser Vorfall verleugnet die menschliche Solidarität. Die Ablehnung der Aufnahme von Kindern, die in einem der konfliktreichsten Gebiete der Welt schwer verletzt wurden, wirft die Frage auf, wie die Schweiz ihre Rolle als reiches, demokratisches Land versteht. Es stellt sich die Frage, ob in einer globalisierten Welt, in der humanitäre Krisen zunehmend an Bedeutung gewinnen, mitmenschliche Verantwortung und Hilfsbereitschaft gegenüber den Schwächsten nicht eine grundlegende ethische Verpflichtung darstellen sollten. Diese Haltung wirft die Vermutung auf, dass in politischen Entscheidungen oft ein abstrakter und bürokratischer Blick die humane Perspektive verdrängt.
Der Entscheid des Zürcher Regierungsrats zeigt eine Verengung der moralischen Perspektive: Er weigert sich, den humanitären Auftrag der Schweiz zu akzeptieren, der über geopolitische oder ideologische Differenzen hinausgeht. Hier wird politische Verantwortung mit der Angst vor potenziellen Sicherheitsrisiken und den finanziellen Belastungen der medizinischen Versorgung aufgeladen – und dies zu Lasten des Leids von Kindern. „Symbolische und willkürliche Geste“ wird als Argument gegen die humanitäre Aufnahme verwendet, was die Missachtung der grundsätzlichen humanitären Verantwortung widerspiegelt. Der Kanton Zürich opfert in seiner Haltung die notwendigen menschlichen Werte zugunsten eines kalkulierten Eigeninteresses.
Politische Instrumentalisierung: Ein populistisches, neoliberales, menschenverachtendes Narrativ
Die politische Reaktion, vor allem von den bürgerlichen Parteien wie der SVP und FDP, unterstreicht die Instrumentalisierung humanitärer Massnahmen zur politischen Profilierung. Die Argumentation, dass es sich bei der Aufnahme um eine „teure PR-Aktion“ handele, nutzt den Anti-Politik-Narrativ, das vor allem in populistischen Diskursen verbreitet ist. Es wird suggeriert, dass die Ankunft von Kindern aus Gaza die Sicherheit gefährden könnte, was in diesem Kontext an den Sicherheitsbedenken rund um die Begleitpersonen der Kinder angeknüpft wird.
Doch hier vermischt sich realpolitische Sicherheitswahrung mit einer klaren politischen Agenda: Es wird die Angst vor „fremden“ Einflüssen genährt und die humanitäre Hilfe als ein widersprüchliches Luxusproblem dargestellt. Die Forderung nach einer „konsequenten Umsetzung des Asylrechts“ offenbart einen nationalistischen und abschottenden Diskurs, der in vielen Teilen Europas und der Schweiz zunehmend politisch prägend wird. Hier wird der Versuch unternommen, die Menschlichkeit durch den Filter einer „Nationalen Sicherheit“ zu sehen, was den Blick auf die direkte Hilfe für schutzbedürftige Menschen verzerrt.
Die gesellschaftliche Spaltung: Linke vs. Rechte
Die Reaktionen auf diese Entscheidung illustrieren die zunehmende Polarisierung innerhalb der Gesellschaft. Die linken Parteien wie die SP, Grünen und AL kritisieren den Entscheid als „zynisch“ und „unmenschlich“. Sie fordern nicht nur eine Übernahme von Verantwortung, sondern auch ein ganzheitliches, humanitäres Handeln. Die SP stellt den Kanton Zürich als ein politisches Relikt dar, das die Grundwerte der Schweiz untergräbt. Die Reaktionen aus den linksliberalen Kreisen sind dabei nicht nur eine Form der kritischen Opposition gegen den Zürcher Regierungsrat, sondern auch ein Versuch, den Kanton Zürich unter Druck zu setzen, um die menschliche Dimension wieder in den Vordergrund zu stellen.
Ein besonders markantes Signal setzt die Zürcher SP, die nun die Stadt Zürich in die Verantwortung nimmt, die Kinder aufzunehmen und die medizinische Versorgung zu gewährleisten. Die Forderung nach einer organisatorischen und medizinischen Lösung durch die Stadt spiegelt ein starkes lokales Engagement wider, das die ethische Verantwortung als vorrangig betrachtet. Auch die Petition mit über 42.000 Unterschriften zeigt, wie wichtig die humanitäre Hilfe für einen Teil der Bevölkerung ist und dass eine Vielzahl von Bürgerinnen und Bürgern in Zürich bereit ist, diesen Schritt zu unterstützen.
Finanzielle Verantwortung und soziale Gerechtigkeit
Die finanziellen Argumente, die im Entscheid des Regierungsrats vorgebracht werden, sind aus einer sozialpolitischen Perspektive problematisch. Medizinische Versorgung und psychologische Betreuung von verletzten Kindern aus Gaza werden als finanzielle Belastung für die Zürcher Steuerzahler und die Kantonskassen dargestellt. Doch diese Argumentation ignoriert die moralische Dimension, dass der Kanton Zürich als wohlhabender, fortschrittlicher Teil der Schweiz über die wirtschaftlichen Mittel verfügt, die nötige Hilfsbereitschaft zu zeigen. Anstatt sich mit humanitären Prioritäten auseinanderzusetzen, wird der finanzielle Aufwand überbetont, ohne die langfristigen gesellschaftlichen Gewinne einer offenen Haltung gegenüber Flüchtlingen und Kriegsopfern zu berücksichtigen.
Fazit: Eine Gesellschaft der Ungleichheit?
Die Entscheidung, Gaza-Kinder nicht aufzunehmen, zeigt eine Gesellschaft, die sich zunehmend gegen humanitäre Werte und für eine politische Agenda der Abschottung wendet. Diese Haltung steht im Widerspruch zu den Prinzipien einer offenen, solidarischen und auf Menschenrechten basierenden Gesellschaft, wie sie von der Schweiz traditionell vertreten werden sollte. Der Zürcher Regierungsrat hat sich dabei nicht nur politisch sondern auch moralisch isoliert, indem er eine kostenbewusste, sicherheitsorientierte Haltung über den humanitären und ethischen Appell stellte.
Die Linke und eine grosse Zahl der Zürcher Bevölkerung sehen die Ablehnung als ein Aufflackern von Zynismus und Unmenschlichkeit. In einer Zeit, in der die Welt mit zunehmenden Flüchtlingsströmen und humanitären Krisen konfrontiert ist, erscheint es als fundamentaler Fehler, Kindern in dringender Not die notwendige Hilfe zu verweigern, um politische Markierungen zu setzen.
Am Ende steht die Frage: In welcher Gesellschaft wollen wir leben? Eine, die sich hinter finanziellen und sicherheitsbezogenen Argumenten versteckt, oder eine, die offen, hilfsbereit und humanitär agiert?
Übersetzung des Artikels von Chris Hedges
Der Völkermord in Gaza ist keine seltsame Anomalie. Er ist ein Vorbote dessen, was uns bevorsteht, wenn das Ökosystem zerfällt und Regierungen den Klimafaschismus begrüssen.
Gaza markiert nicht das Ende des Siedlerkolonialismus. Ich fürchte, es markiert dessen letzte Phase. Westliche Staaten, die durch ihre eigenen Besetzungen und Völkermorde – in Indien, Afrika, Asien, Lateinamerika und Nordamerika – reich geworden sind, kehren zu ihren Wurzeln zurück, während sie mit einer globalen Klimakrise und obszönen sozialen Ungleichheiten konfrontiert sind, die sie selbst verursacht haben und aufrechterhalten.
Während die Welt zusammenbricht, während die Klimakrise Millionen, dann Dutzende Millionen und schliesslich Hunderte Millionen Menschen auf der verzweifelten Suche nach Überleben nach Norden treibt, wird sich der Völkermord in Gaza, den Israel langsam vorantreibt, bis es sein übliches mörderisches Tempo wieder aufnehmen kann, immer und immer wieder wiederholen, bis die fragilen sozialen und ökologischen Netzwerke, die die Weltgemeinschaft zusammenhalten, zerfallen.
Die Weigerung, uns von fossilen Brennstoffen zu lösen, und die stetige Sättigung der Atmosphäre mit Kohlendioxidemissionen (CO2) sorgen für steigende Temperaturen, bei denen das Leben, einschliesslich des menschlichen Lebens, irgendwann unhaltbar wird. Die globale durchschnittliche CO2-Konzentration stieg laut der National Oceanic Atmospheric Administration von Juni 2023 bis Juni 2024 um 3,5 ppm auf durchschnittlich 422,8 ppm. In den folgenden zwölf Monaten stieg der CO2-Gehalt um weitere 2,6 ppm. Gewalttätige Konflikte, die bereits durch extremes Wetter und Wasserknappheit verschärft werden, werden weltweit mit vulkanischer Wucht ausbrechen.
Es ist kein Geheimnis, warum der Völkermord von Israels westlichen Verbündeten finanziert und unterstützt wird. Es ist kein Geheimnis, warum diese Staaten die Genfer Konventionen, den Internationalen Gerichtshof, den Waffenhandelsvertrag, die Seerechtskonvention der Vereinten Nationen und das humanitäre Völkerrecht missachten. Es ist kein Geheimnis, warum die Vereinigten Staaten Israel seit dem 7. Oktober 2023 mit unglaublichen 21,7 Milliarden Dollar Militärhilfe unterstützt und wiederholt Resolutionen der Vereinten Nationen blockiert haben, die Israel verurteilen, was im jüngsten UN-Bericht über Gaza als „international ermöglichtes Verbrechen” bezeichnet wird.
Die USA sind für zwei Drittel der Waffenimporte Israels verantwortlich. Aber sie sind nicht allein. Der Bericht nennt 63 Länder [Anm.: Darunter auch die Schweiz], die sich an „Israels Völkermordmaschinerie” in Gaza mitschuldig machen.
In einem Bericht des Quincy Institute und des Projekts „Costs of War”, der am 7. Oktober dieses Jahres veröffentlicht wurde, heisst es: „Ohne das Geld, die Waffen und die politische Unterstützung der USA hätte das israelische Militär nicht so schnell und umfassend Menschenleben und Infrastruktur in Gaza zerstören oder seinen Krieg so leicht auf regionaler Ebene eskalieren können, indem es Syrien, den Libanon, Katar und den Iran bombardierte.”
Es ist kein Geheimnis, warum Tausende von Bürgern aus den USA, Russland, Frankreich, der Ukraine und dem Vereinigten Königreich in den israelischen Besatzungstruppen dienen und für ihre Beteiligung am Völkermord nicht zur Rechenschaft gezogen werden.
„Viele Staaten, vor allem westliche, haben die von Israel verübte Völkermordkampagne erleichtert, legitimiert und schliesslich normalisiert“, heisst es in dem UN-Bericht, der von der Sonderberichterstatterin für die Menschenrechtslage in den seit 1967 besetzten palästinensischen Gebieten, Francesca Albanese, verfasst wurde. „Indem sie palästinensische Zivilisten als ‚menschliche Schutzschilde‘ und den gross angelegten Angriff auf Gaza als Kampf der Zivilisation gegen die Barbarei darstellen, haben sie die israelischen Verzerrungen des Völkerrechts und koloniale Clichés reproduziert und versuchen, ihre eigene Komplizenschaft am Völkermord zu rechtfertigen.“
Dem Bericht zufolge hatten die USA bis September 2024 Israel mit „57.000 Artilleriegeschossen, 36.000 Kanonenmunition, 20.000 M4A1-Gewehren, 13.981 Panzerabwehrraketen und 8.700 MK-82-Bomben mit einem Gewicht von 500 Pfund“ beliefert. Bis April 2025 hatte Israel 751 aktive Verkäufe im Wert von 39,2 Milliarden Dollar getätigt.“
Wir werden dies wieder erleben. Das gleiche Massenmorden. Die gleiche Dämonisierung der Armen und Schwachen. Die gleichen Platitüden über die Rettung der westlichen Zivilisation vor der Barbarei. Die gleiche kaltherzige Gleichgültigkeit gegenüber menschlichem Leben. Die gleichen Lügen. Die gleichen Milliarden Dollar an Gewinnen, die von der Kriegsindustrie abgeschöpft werden und dazu dienen, nicht nur diejenigen ausserhalb unserer Tore zu ersticken, sondern auch diejenigen innerhalb dieser Tore.
Wie werden die reichsten Nationen reagieren, wenn ihre Küstenstädte überflutet werden, ihre Ernteerträge einbrechen und Dürren und Überschwemmungen Millionen Menschen innerhalb ihrer Grenzen vertreiben? Wie werden sie die schwindenden Ressourcen ersetzen? Wie werden sie mit Hunderten von Millionen Klimaflüchtlingen umgehen, die an ihre Tore drängen? Wie werden sie auf soziale Unruhen, sinkende Lebensstandards, zerfallende Infrastruktur und den Zusammenbruch der Gesellschaft reagieren?
Sie werden das tun, was Israel tut.
Sie werden unverhältnismässige Gewalt anwenden, um die Verzweifelten in Schach zu halten. Sie werden das fruchtbare Land, die Grundwasserleiter, Flüsse und Seen stehlen. Sie werden mit Gewalt die Seltenerdmetalle, Erdgasfelder und Ölvorkommen an sich reissen. Und sie werden jeden töten, der sich ihnen in den Weg stellt. Verdammt seien die Vereinten Nationen. Verdammt seien die internationalen Gerichte. Verdammt sei das humanitäre Völkerrecht. Die Industriestaaten zementieren, wie Christian Parenti schreibt, einen „Klimafaschismus“, eine Politik, „die auf Ausgrenzung, Segregation und Unterdrückung basiert“.
„Was wir in Gaza sehen, ist eine Vorwegnahme der Zukunft“, argumentierte der kolumbianische Präsident Gustavo Petro auf der UN-Klimakonferenz COP28 im Jahr 2023.
Die maskierten Schläger der Einwanderungs- und Zollbehörde (ICE), die auf unseren Strassen eingesetzt werden, um Arbeiter ohne Papiere zu terrorisieren, werden vor unserer Tür auftauchen. Die Konzentrationslager, die derzeit im ganzen Land gebaut werden, werden Platz für uns haben. Das Gesetz, das verdreht wurde, um eine Reihe fiktiver innerer Feinde zu verfolgen, wird Dissens und Meinungsfreiheit unter Strafe stellen. Die Milliardäre und Oligarchen werden sich in bewachte Wohnanlagen, kleine Versailles, zurückziehen, wo sie ihre unersättliche Gier nach Macht, Habgier und Hedonismus stillen werden.
Am Ende wird auch die herrschende Milliardärsklasse zu Opfern werden, auch wenn sie vielleicht etwas länger durchhalten kann als der Rest von uns. Die Industrienationen werden nicht durch ihre Grenzmauern, ihre innere Sicherheit, die Ausweisung von Migranten, Raketen, Kampfjets, Marinen, mechanisierte Einheiten, Drohnen, Söldner, künstliche Intelligenz, Massenüberwachung oder Satelliten gerettet werden.
Bevor es jedoch zu dieser endgültigen Auslöschung kommt, werden grosse Teile der Menschheit zusammen mit anderen Spezies in einer Orgie aus Feuer und Blut vernichtet werden. Gaza ist, sofern es nicht zu einer raschen Umkehr in der Gestaltung und Herrschaft unserer Gesellschaften kommt, ein Fenster in die Zukunft. Es ist keine bizarre Anomalie. Krieg wird zum gemeinsamen Nenner der menschlichen Existenz werden. Die Starken werden den Schwachen nehmen.
Die Zerstörung der Zivilgesellschaft in Gaza ist das Vorbild. Chaos ist das Ziel. Die unterworfenen Bevölkerungsgruppen werden durch die Bewaffnung von Stellvertretermilizen und kriminellen Banden kontrolliert, wie Israel es in Gaza getan hat, zusammen mit der Bewaffnung von jüdischen Milizen im Westjordanland. Sie werden kontrolliert – wie Israel es getan hat – durch das Verbot des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästinaflüchtlinge im Nahen Osten, um humanitäre Hilfe zu blockieren. Sie werden kontrolliert – wie Israel es auch getan hat –, indem Krankenhäuser, Kliniken, Bäckereien, Wohnhäuser, Kläranlagen, Lebensmittelverteilungsstellen, Schulen, Kulturzentren und Universitäten zerstört und die gebildete Elite, darunter über 278 palästinensische Journalisten, ermordet werden. Wenn das Leben auf das Existenzminimum reduziert ist, wenn Krankheiten und Unterernährung endemisch sind, kann der Widerstand gebrochen werden.
Die Sprache in dieser sich abzeichnenden Dystopie hat keinen Bezug zur Realität. Sie ist absurd. Israel beispielsweise hat das derzeitige Waffenstillstandsabkommen von Anfang an verletzt, aber die Fiktion eines „Waffenstillstands“ wird aufrechterhalten. Israel hat offenbar „das Recht, sich zu verteidigen“, obwohl es der Besatzer und Täter von Apartheid und Völkermord ist und der palästinensische Widerstand keine existenzielle Bedrohung darstellt.
Der „Trump-Plan”, der angeblich formuliert wurde, um den Völkermord zu beenden, bietet keinen Weg zur Selbstbestimmung der Palästinenser, keinen Mechanismus, um Israel zur Rechenschaft zu ziehen, und schlägt vor, Gaza an eine modernisierte Version imperialer Vizekönige zu übergeben, wobei Israel die Grenzen kontrolliert.
Der Kampf für Palästina ist unser Kampf. Die Verweigerung der Freiheit für die Palästinenser ist der erste Schritt zum Verlust unserer Freiheit. Der Terror, der das Leben in Gaza bestimmt, wird zu unserem Terror werden. Der Völkermord wird zu unserem Völkermord werden.
Wir müssen diese Kämpfe führen, solange wir noch eine Chance haben. Die Möglichkeiten für Widerstand schliessen sich mit alarmierender Geschwindigkeit. Wir müssen durch zivilen Ungehorsam die Maschine zum Stillstand bringen. Wir müssen die Welt neu gestalten. Das bedeutet, die herrschende globale Klasse zu beseitigen. Es bedeutet, eine Gesellschaft zu zerstören, die auf der Manie der kapitalistischen Expansion aufgebaut ist. Es bedeutet, unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu beenden. Es bedeutet, das Völkerrecht durchzusetzen und Israels kolonialistische und völkermörderische Herrschaft zu zerschlagen. Wenn wir keinen Erfolg haben, werden die Palästinenser die ersten Opfer sein. Aber sie werden nicht die letzten sein.
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Kommentar: Ein weiterer Konflikt findet ebenfalls seit langem statt: Warren Buffet, der als erfolgreichster Investor des 20. Jahrhunderts bezeichnete amerikanische Geschäftsmann, gab auf die Frage, was er für den zentralen Konflikt unserer Zeit hält die Antwort: "Der Klassenkampf natürlich, Reich gegen Arm. Meine Klasse, die Reichen, haben diesen Krieg begonnen und wir gewinnen ihn gerade."
Nun ja: VORAUSGESETZT, WIR LASSEN DAS ZU!
Übersetzung des Artikels von World Socialist Web Site
Dick Cheney ist tot. Das amerikanische Volk wird nun mit der vorhersehbaren Flut von Würdigungen für den ehemaligen Vizepräsidenten durch das politische Establishment und die Unternehmensmedien konfrontiert werden. Es wird alles getan werden, um die Bilanz eines Kriegsverbrechers und Feindes demokratischer Rechte zu beschönigen, der den Weg für die diktatorischen Massnahmen von Donald Trump geebnet hat.
Niemand sollte sich von der offiziellen Schönfärberei des Blutes an Cheneys Händen täuschen lassen. Er war ein Mann, der die Gier und Skrupellosigkeit der amerikanischen Kapitalistenelite verkörperte und als Stabschef des Weissen Hauses, Verteidigungsminister, CEO des riesigen Ölfelddienstleisters Halliburton und dann als Vizepräsident unter George W. Bush fungierte, wo er als die Macht hinter dem Thron agierte. Cheney spielte eine führende Rolle in drei grossen imperialistischen Kriegen: 1990–91 gegen den Irak, ab 2001 gegen Afghanistan und ab 2003 erneut gegen den Irak. Allein in diesen Kriegen gab es mehrere Millionen Tote, ganz zu schweigen von „kleineren“ Konflikten wie der US-Invasion in Panama 1989 und der Intervention in Somalia 1992.
Cheney war ein Mann des Staates. Er wurde zunächst von einer anderen solchen Persönlichkeit, Donald Rumsfeld, betreut und gefördert, der ihn in die Ford-Regierung ins Weisse Haus holte, wo er schliesslich Stabschef wurde. Nachdem Ford bei der Wiederwahl unterlegen war, gewann Cheney 1978 einen Sitz im Kongress in Wyoming. Er stieg schnell zum zweitwichtigsten Mann in der Parteiführung auf, bevor er von Präsident George H. W. Bush zum Chef des Pentagon ernannt wurde. Dort leitete er den Golfkrieg, die grösste Mobilisierung amerikanischer Streitkräfte seit dem Zweiten Weltkrieg mit fast 600.000 Soldaten. US-amerikanische Hightech-Waffen, darunter Panzergranaten mit Uranspitzen und lasergesteuerte Bomben und Raketen, richteten ein einseitiges Gemetzel unter den praktisch wehrlosen Wehrpflichtigen an, die der irakische Präsident Saddam Hussein nach Kuwait geschickt hatte.
Nachdem Bush bei der Wiederwahl unterlegen war, wurde Cheney CEO von Halliburton, wo er während der acht Jahre der Clinton-Regierung 40 Millionen Dollar einnahm. Er wurde von George W. Bush als sein Vizepräsidentschaftskandidat im Jahr 2000 ausgewählt, vor allem weil seine Bilanz als rücksichtsloser Kriegstreiber und Unternehmensleiter Teile der herrschenden Elite beruhigte, die Zweifel an der Unerfahrenheit des jüngeren Bush in dem einen Bereich und seinem mangelnden Erfolg in dem anderen hatten.
Nach der gestohlenen Wahl von 2000, als der Oberste Gerichtshof eingriff, um die Auszählung der Stimmen in Florida zu stoppen und Bush und Cheney an die Macht zu bringen, verschwendete der Vizepräsident keine Zeit, um seine Freunde aus der Wirtschaft zu belohnen. Er richtete sofort eine „Energie-Taskforce“ ein, deren Verfahren und sogar deren Mitgliedschaft geheim gehalten wurden. Dort bereiteten Führungskräfte von Ölkonzernen und Mitarbeiter des Militärgeheimdienstes eine Reihe von Zielen für US-Militäraktionen vor – eine Reihe von „Kriegen um Öl”, für deren Beginn nur noch ein Vorwand gefunden werden musste.
Die Terroranschläge vom 11. September 2001 – die mit hochrangiger Vorabkenntnis innerhalb des US-Staatsapparats durchgeführt wurden – lieferten diesen Vorwand, nicht nur für imperialistische Kriege im Ausland, sondern auch für einen Angriff auf die demokratischen Rechte des amerikanischen Volkes im Inland. Bei beiden kriminellen Aktivitäten spielte Cheney eine führende Rolle. Als Reaktion auf die Terroranschläge – die hauptsächlich von Selbstmordattentätern aus Saudi-Arabien verübt wurden – nahm die Bush-Regierung sofort Afghanistan ins Visier, wo sich der Al-Qaida-Führer Osama bin Laden aufhielt. Mit Unterstützung beider Parteien verabschiedete der Kongress eine Kriegsresolution, die die Invasion und Besetzung Afghanistans durch die USA sowie einen „Krieg gegen den Terror“ genehmigte, der bis heute andauert. In ähnlicher Weise verabschiedeten Demokraten und Republikaner fast einstimmig den Patriot Act, der dem US-Präsidenten weitreichende Befugnisse zur Überwachung und Inhaftierung mutmasslicher „Terroristen“ innerhalb der Vereinigten Staaten ohne nennenswerte gerichtliche Kontrolle einräumte.
Afghanistan war jedoch nur ein Sprungbrett für einen viel grösseren und blutigeren Konflikt: die Invasion, Eroberung und Besetzung des Irak durch die USA. Während Afghanistan über riesige Bodenschätze verfügte, die weitgehend unerschlossen blieben, war der Irak eines der grössten und profitabelsten Ölförderländer, eine reiche Beute für imperialistische Plünderungen. Cheney spielte die Hauptrolle bei der Verbreitung der Lügen über „Massenvernichtungswaffen“ und angebliche Verbindungen zwischen Saddam Hussein und Al-Qaida. (Die beiden waren in Wirklichkeit erbitterte Feinde.) Diese Lügen wurden von den Mainstream-Medien aufgegriffen, wobei die New York Times die führende Rolle spielte, und vom Kongress übernommen, der im Oktober 2002 mit einer parteiübergreifenden Abstimmung die Genehmigung für den Krieg gegen den Irak erteilte. Weniger als fünf Monate später marschierten US-Truppen unter völliger Missachtung des Völkerrechts und trotz massiver Proteste, die Millionen Menschen in den Vereinigten Staaten und auf der ganzen Welt mobilisierten, in den Irak ein.
Cheney war der Hauptarchitekt und Apologet des rechtlichen und administrativen Rahmens, der diese Verbrechen ermöglichte. Er schuf und verteidigte die Architektur der Gesetzlosigkeit: die Doktrin des Präventivkrieges, die rechtlichen Begründungen für „verschärfte Verhörmethoden“, ausserordentliche Überstellungen, unbefristete Inhaftierungen und den Überwachungsstaat. Cheney war der intellektuelle und politische Aufseher der Folterapparate. Dieses Regime der Misshandlung erreichte seinen grotesken Höhepunkt in Abu Ghraib, und seine Methoden wurden in geheimen Gefängnissen und „Black Sites“ der CIA institutionalisiert. Die Brutalität des Staates war seine Politik.
Auf die Frage nach der wachsenden öffentlichen Opposition gegen den Irakkrieg, die sich in Demonstrationen, Meinungsumfragen und einer Niederlage der Republikaner bei den Zwischenwahlen 2006 widerspiegelte, antwortete Cheney mit einem kalten „Na und?“. Wie die WSWS damals kommentierte, gab Cheneys Bemerkung „seiner völligen Verachtung für den Willen des amerikanischen Volkes Ausdruck“.
Cheney wurde nur dann getadelt, wenn er mit dem Militär- und Geheimdienstapparat selbst in Konflikt geriet, wie die Affäre um Joe Wilson zeigt, einen ehemaligen US-Diplomaten, der für die Bush-Regierung nach Niger gereist war, um Beweise für irakische Urankäufe zu suchen, aber nichts gefunden hatte. Nachdem Wilson öffentlich mit der Regierung gebrochen und den Krieg kritisiert hatte, schlug Cheney zurück. Die Identität von Wilsons Frau Valerie Plame, einer verdeckten CIA-Agentin, wurde an die Presse weitergegeben, zusammen mit einer Verleumdungskampagne, die suggerierte, sie habe die Reise nach Niger als Vergünstigung für ihren Mann arrangiert. Die Demokraten im Kongress und die Geheimdienste schlossen sich zusammen, um die „enttarnte“ Agentin zu unterstützen, die Bush-Regierung war gezwungen, die undichte Stelle zu untersuchen, und Cheneys Stabschef Lewis Libby wurde schliesslich wegen Falschaussage vor einem Geschworenengericht verurteilt.
Obwohl diese Affäre Cheneys persönliches Ansehen beeinträchtigte, blieben die von ihm geförderten Massnahmen zur Förderung des Krieges und der innenpolitischen Repression bestehen. Die Obama-Biden-Regierung setzte die Kriege in Afghanistan und im Irak fort und führte neue Kriege gegen das ölreiche Libyen und stellvertretend gegen Syrien, den einzigen Klientelstaat Russlands im Nahen Osten. Die 2001 und 2002 verabschiedeten Genehmigungen für den Einsatz militärischer Gewalt sind nach wie vor in Kraft.
Der gesamte innenpolitische Apparat der Überwachung und Unterdrückung ist auf eine nie dagewesene Grösse angewachsen. Obama begann seine Amtszeit damit, dass er jede Möglichkeit einer Strafverfolgung für die Folterer der CIA und diejenigen, die ihnen wie Cheney Befehle erteilt hatten, ausschloss. Er genehmigte Drohnen-Raketen-Attentate, auch auf amerikanische Staatsbürger, wobei die Todeslisten an den „Terror-Dienstagen“ im Weissen Haus erstellt und genehmigt wurden. Wie mutige Whistleblower wie Chelsea Manning und Edward Snowden aufgedeckt haben, nahmen die verdeckten Operationen der amerikanischen Regierung gegen die gesamte Weltbevölkerung, einschliesslich des amerikanischen Volkes, exponentiell zu.
Die Entwicklung eines amerikanischen Polizeistaats, die unter Bush und Cheney ihren Anfang nahm und unter Obama, Trump und Biden fortgesetzt wurde, hat nun in der zweiten Amtszeit Trumps ihren Höhepunkt erreicht. Diese Tatsache allein zeigt, dass Cheney kein einzelner skrupelloser Beamter war, sondern ein Vertreter der herrschenden sozialen Schicht, der Finanzaristokratie, die beide kapitalistischen Parteien, die Demokraten und die Republikaner, kontrolliert und sich der Diktatur zuwendet, um ihren Reichtum und ihre Macht vor der Arbeiterklasse zu verteidigen.
Als Cheney im Januar 2009 aus dem Amt schied, gehörte er zu den meistgehassten Persönlichkeiten in Amerika und weltweit. Sein Name war in der öffentlichen Wahrnehmung untrennbar mit monströsen Verbrechen gegen wehrlose Menschen im In- und Ausland verbunden. Das war kein Missverständnis. Basierend auf den Prinzipien, die nach dem Zweiten Weltkrieg beim Nürnberger Tribunal festgelegt wurden, sollten die gleichen Strafen, die gegen die Nazi-Kriegsverbrecher verhängt wurden, auch für die Führer aller Länder gelten, die ähnliche Verbrechen begehen: die Führung von Angriffskriegen und die vorsätzliche Verursachung von Massensterben und Völkermord. Wäre der Präzedenzfall von Nürnberg aus dem Jahr 1946 konsequent angewendet worden, hätte Cheneys Karriere in einer Gefängniszelle oder am Ende eines Stricks geendet.
In seinen letzten Lebensjahren näherten sich Cheney und seine Tochter Liz der Demokratischen Partei an. Im Jahr 2024 kündigte der ältere Cheney an, dass er für Kamala Harris stimmen werde. Dies war nicht, wie es die Medien darstellen, ein Akt des Prinzips und eine Verteidigung der „Demokratie“ gegen Trumps Putsch. In Wirklichkeit war Cheneys wahre Motivation seine Übereinstimmung mit dem Hauptanliegen der Demokraten – dem Krieg der USA und der NATO gegen Russland.
Die Reaktion der Demokratischen Partei auf Cheneys Tod offenbart ihren eigenen durch und durch reaktionären und proimperialistischen Charakter. Die ehemalige Vizepräsidentin Harris gab eine Erklärung ab, in der sie erklärte: „Cheney war ein engagierter Staatsdiener, vom Kongress bis hin zu vielen Führungspositionen in mehreren Präsidentschaftsverwaltungen. Sein Tod bedeutet den Verlust einer Persönlichkeit, die mit grossem Engagement einen Grossteil ihres Lebens dem Land gewidmet hat, das sie liebte.“
Jedes Wort dieser widerwärtigen Würdigung unterstreicht die Identität der Interessen zwischen den Demokraten und Republikanern als Parteien der Wall Street und des Krieges. Für Harris und ihre Partei wird Cheneys kriminelles Leben – geprägt von Invasion, Folter und Lügen – gefeiert, weil es das rücksichtslose Streben nach amerikanischer imperialer Vorherrschaft verkörperte.
Unabhängig davon, welche taktischen Streitigkeiten zwischen Cheney und Trump aufgetreten sein mögen, sind die beiden durch tiefere soziale und politische Prozesse miteinander verbunden: den Abstieg des amerikanischen Kapitalismus und Imperialismus in Barbarei und Kriminalität. Das gesamte politische Establishment lebt im Schatten der Verbrechen, die Cheney mitverursacht hat.
Übersetzung des Artikels von Chris Hedges
John Dinges taucht tief in die wahre Geschichte zweier amerikanischer Journalisten ein, die nach dem von der CIA unterstützten Militärputsch gegen Salvador Allende in Chile getötet wurden – und geht der Frage nach, ob die USA daran beteiligt waren.
Dieses Interview ist auch auf Podcast-Plattformen und Rumble verfügbar.
Die Einmischung und Unterwanderung lateinamerikanischer Regierungen durch die Vereinigten Staaten ist ein grosses Kapitel ihrer Geschichte im 20. Jahrhundert. Eines der ungeheuerlichsten und offensichtlichsten Beispiele für eine Intervention war Chile, wo der demokratisch gewählte sozialistische Präsident Salvador Allende 1973 durch einen von der CIA unterstützten Militärputsch gestürzt wurde.
In den folgenden Jahren kam es unter der brutalen Militärdiktatur von Augusto Pinochet zu gewaltsamen Repressionen gegen studentische Aktivisten, Gewerkschaftsführer, Journalisten, linke Politiker und Dissidenten. Zu den Opfern dieser rücksichtslosen Unterdrückung gehörten auch zwei US-amerikanische Staatsbürger, Charles Horman und Frank Teruggi.
Zu Gast in dieser Folge von „The Chris Hedges Report“ ist der Journalist John Dinges, der in seinem neuen Buch „Chile in Their Hearts: The Untold Story of Two Americans Who Went Missing After the Coup“ (Chile in ihren Herzen: Die unbekannte Geschichte zweier Amerikaner, die nach dem Putsch verschwanden) ihre Beteiligung in Chile zu einer Zeit beleuchtet, in der grosse Hoffnungen schnell in tiefe Verzweiflung umschlugen.
„The Chris Hedges Report“ ist eine von Lesern unterstützte Publikation. Um neue Beiträge zu erhalten und meine Arbeit zu unterstützen, können Sie kostenloser oder kostenpflichtiger Abonnent werden.
Chris Hedges
In den späten 1960er und frühen 1970er Jahren strömten Tausende junger Menschen nach Chile, viele von ihnen auf der Flucht vor rechten Diktaturen in Ländern wie Bolivien, Argentinien, Brasilien und Uruguay. Die Demokratie in Chile stand in krassem Gegensatz zu den Polizeistaaten, aus denen sie kamen, in denen es zu schwerer politischer Unterdrückung, schwarzen Listen, politischen Morden, Folter und schliesslich zum Verschwinden von Zehntausenden von studentischen Aktivisten, Gewerkschaftsführern, Journalisten, linken Politikern und Dissidenten kam.
1970 wurde der Sozialist Salvador Allende zum Präsidenten Chiles gewählt. Seine Wahl führte zu einem weiteren Zustrom von linken Amerikanern, von denen viele Teil der Antikriegsbewegung in den Vereinigten Staaten waren, sowie von Europäern, wodurch die Zahl der Ausländer auf etwa 20.000 anstieg. In Chile zu sein, bedeutete damals, wie John Dinges schreibt, das aufregendste politische Experiment Lateinamerikas zu erleben, das mit Fidel Castros Sieg 1959 in Kuba konkurrierte.
Dinges, der von 1972 bis 1978 als Reporter in Chile tätig war, beleuchtet in seinem Buch „Chile in Their Hearts“ diese Zeit der anfänglichen Hoffnungen und der anschliessenden dunklen Tragödie, als Allende 1973 durch einen von der CIA unterstützten Militärputsch gestürzt und getötet wurde oder Selbstmord beging. Er konzentriert sich auf das Leben und die Hinrichtung zweier idealistischer junger Amerikaner, Charles Horman und Frank Teruggi, durch das chilenische Militär.
Zu Gast ist John Dinges, der als Korrespondent für die Washington Post und später als Chefredakteur des National Public Radio tätig war. Er ist ausserdem emeritierter Professor für Journalismus an der Columbia University. Zu seinen weiteren Büchern gehören „Assassination on Embassy Row”, „Our Man in Panama” und „The Condor Years: How Pinochet and His Allies Brought Terrorism to Three Continents”.
John, am Anfang des Buches beschreiben Sie das soziale, kulturelle und politische Klima, was ich für sehr wichtig halte. Frank [Teruggi] kam aus einem religiösen Umfeld. Charles [Horman] studierte in Harvard, aber Sie weisen meiner Meinung nach zu Recht darauf hin, dass diese beiden Männer keine politischen Neulinge waren, wie es in dem Film „Missing“ aus dem Jahr 1982 dargestellt wird, der auf dem Mord und dem Verschwinden von Charles basiert.
Erzählen Sie uns doch etwas darüber, wie Sie nach Chile kamen, etwa ein Jahr vor dem Putsch? Wir waren beide in Lateinamerika, ich kam etwas später, aber wir begannen beide als Seminaristen. Erzählen Sie uns etwas über den fruchtbaren Boden und die Bedeutung Chiles und das damalige Klima.
John Dinges
Nun, wir gingen nach Chile, weil wir Hoffnung hatten, und das ist sowohl ein religiöser als auch ein politischer Begriff. Wir kamen aus der Protestbewegung der 1960er Jahre. Ich war Journalist. Ich hatte 1967 das Seminar verlassen. Ich studierte in Österreich und musste mich vor der Wehrpflicht drücken, um nicht nach Vietnam geschickt zu werden, was mich wirklich radikalisierte.
Als ich Journalist wurde, begann ich mich auf Lateinamerika zu konzentrieren. Als Allende 1970 gewählt wurde, arbeitete ich als Redakteur bei einer Zeitung in Iowa und schrieb die Schlagzeile. Die Schlagzeile lautete: „Marxistischer Sieger“. Und es war eine Titelgeschichte.
Vielleicht war es meine Entscheidung, ich weiss es nicht mehr, sie auf die Titelseite zu setzen, aber als junger Journalist in Iowa interessierte mich sehr, was dort vor sich ging. Charles Horman spiegelt also in gewisser Weise wider, was ich durchgemacht habe. Er war ebenfalls Journalist, ein Freiberufler. Mit anderen Worten, wir hatten einige legitime journalistische Referenzen, aber gleichzeitig waren wir keine etablierten Journalisten.
Wir gingen beide als Freiberufler dorthin. Keiner von uns war in diesen Jahren besonders erfolgreich, was die Veröffentlichung vieler Artikel anging. Aber wir waren sehr daran interessiert, die Ereignisse während der Regierung Allende zu dokumentieren. Wir dachten, dass das, was wir nicht erreicht hatten, was die progressive Bewegung in den Vereinigten Staaten in den 1960er Jahren nicht erreicht hatte, in Lateinamerika wiederaufgenommen werden und erfolgreich sein könnte.
Die Vorstellung, dass Lateinamerika durch die Verbindung von Demokratie und sozialem Wandel ein Vorbild für den Rest des Kontinents, vielleicht sogar für andere Länder auf der ganzen Welt sein könnte, war eine grossartige Idee, die uns dazu veranlasste, unser Leben zu ändern und dorthin zu gehen. Tausende Europäer, Amerikaner und Lateinamerikaner strömten nach Chile, weil sie dachten, dass dies die Zukunft sein könnte.
Chris Hedges
Lassen Sie uns darüber sprechen, wie die Stimmung damals war. Sie haben drei Bücher über Chile geschrieben. Das Thema hat Ihre Arbeit stark geprägt. Ich möchte am Ende darauf zurückkommen, denn Sie sind geblieben und haben unter der Diktatur von [Augusto] Pinochet gelebt. Es gibt wahrscheinlich einige Parallelen zu dem, was wir derzeit in den Vereinigten Staaten erleben.
Aber lassen Sie uns darüber sprechen. Ich meine, unmittelbar nach seiner Wahl nehmen [Richard] Nixon und [Henry] Kissinger Allende ins Visier und hoffen tatsächlich auf einen Militärputsch. Sie ermorden ... Und wir sollten uns darüber im Klaren sein, dass Chile eine funktionierende Demokratie hatte, und zwar seit Jahrzehnten. Ich meine, waren es 50, 100 Jahre oder so?
John Dinges
Mehr als hundert Jahre.
Chris Hedges
Mehr als hundert Jahre. Es gab also eine funktionierende Demokratie. Allende wurde in einer fairen Wahl gewählt. Welche Programme wollte er umsetzen und warum hat er sich sofort die Feindseligkeit der US-Regierung zugezogen?
John Dinges
Allendes Programm war eine Revolution mit Vino Tinto, mit Rotwein und Empanadas. Es war ein sehr populäres, sehr populistisches Programm. Es forderte eine Art demokratischen Sozialismus, nicht wie in Europa, schon gar nicht wie die kommunistischen Experimente in Osteuropa, sondern eine gemischte Wirtschaft, die wirklich aus den Ideen der Vereinten Nationen zur wirtschaftlichen Entwicklung der 1950er Jahre hervorgegangen war.
Die Idee einer staatlichen Intervention, um eine Produktionsbasis in einem lateinamerikanischen Land zu schaffen und gleichzeitig die Landwirtschaft weg von den grossen Farmen zu verändern, die von Grossgrundbesitzern dominiert wurden, sehr reichen Besitzern, die das Land nicht produktiv bewirtschafteten. Agrarreform auf der einen Seite und industrielle Entwicklung auf der anderen Seite, das sind die beiden Säulen des Experiments.
Der soziale Teil, der kulturelle Teil war meiner Meinung nach vielleicht nicht wichtiger, aber er war das, was uns unmittelbarer auffiel. Es war die Literatur. Es war [der chilenische Dichter und ehemalige Senator der Republik Chile] Pablo Neruda. Es war die Musik. Es gab eine Revolution in der Musik, in der Populärmusik. Das Land war sehr liberal geworden, fast wie die Gegenkultur in den Vereinigten Staaten. Die sexuellen Sitten zum Beispiel waren denen in Lateinamerika sehr ähnlich, ich meine, denen in den Vereinigten Staaten.
Und für junge Leute, die nach Südamerika gingen, war dies natürlich eine Fortsetzung der Freiheit, die wir in den Vereinigten Staaten erlebt hatten. Und Menschen wie Allende gründeten einen Verlag namens [Editora Nacional] Quimantú. Und sie veröffentlichten Bücher aus aller Welt. Camus, Hemingway in sehr günstig produzierten Taschenbüchern, die für weniger als einen Dollar erhältlich waren und in Kiosken in ganz Chile verkauft wurden.
Und man sah Fabrikarbeiter in den Bussen Bücher lesen. Das war eine unglaubliche literarische Revolution in einem sehr armen Land. Ich möchte Chile nicht als ein erbärmliches, armes, nicht funktionierendes Land darstellen. Es ist ein Land mit einem sehr hohen Bildungsniveau. Das öffentliche Schulsystem funktionierte während des grössten Teils der langjährigen Demokratie in Chile sehr gut.
Allende griff all diese Elemente auf und verband sie zu einem sozialen Experiment, das anfangs sehr erfolgreich zu sein schien. Die Wirtschaft wuchs im ersten Jahr seiner Regierung um 8 %. Ich möchte nicht auf die wirtschaftlichen Details eingehen, aber es hatte vor allem mit der Ankurbelung der Wirtschaft, der Erhöhung der Löhne und der Renten der Rentner zu tun. Dies führte zu einem sofortigen Wirtschaftsboom, der mehr als ein Jahr anhielt.
Und so gab es viel Hoffnung. Genau in dieser Zeit kam ich nach Chile, ebenso wie Frank Tarucci und Charles Horman im Jahr 1972. Die Lage sah noch recht gut aus. 1972 gab es nun mehr Widerstand. Aber Sie haben nach dem Widerstand der USA gefragt. Es ist wichtig, dass ich in meinem Buch eine Enthüllung hervorhebe, und ich sage Enthüllung, weil sich das allgemeine Wissen, das die Menschen über diese Zeit haben, auf den Putsch von 1973 konzentriert, an dem die Vereinigten Staaten eigentlich nicht direkt beteiligt waren.
Als Allende jedoch im September 1970 tatsächlich gewählt wurde, befahlen die Vereinigten Staaten unter der Leitung von Henry Kissinger der CIA sofort, einen Militärputsch durchzuführen. Und das taten sie auch. Der Putsch wurde finanziert und organisiert, alle Beteiligten standen in direkter Verbindung zur CIA. Das Ergebnis war, dass er erfolglos blieb. Er sollte verhindern, dass Allende sein Amt antrat, damit er nicht vom Kongress bestätigt werden konnte, was ein notwendiger Schritt in diesem Prozess war.
Der gescheiterte Putsch führte zur Ermordung des Oberbefehlshabers der chilenischen Streitkräfte. Der oberste General des Landes wurde von einer Gruppe junger Leute getötet, die unter der Leitung dieser Militärs standen, die die CIA rekrutiert hatte, um diesen Putsch durchzuführen.
Henry Kissinger wurde nie wirklich für seine Beteiligung daran zur Rechenschaft gezogen, und das habe ich in meinen Schriften immer wieder betont. Die Beweise sind eindeutig, dass die Vereinigten Staaten für diesen versuchten Militärputsch verantwortlich waren.
Chris Hedges
Und dann führten sie Krieg gegen das Land. Man muss natürlich über Kupfer sprechen. Ich war bei Anaconda. Aber weil Chiles Wirtschaft auf der Kupferproduktion basiert, oder zumindest ein Grossteil seiner Exporte auf Kupfer basiert.
Und es gab ein paar Punkte in Ihrem Buch, die ich nicht wusste. Einer ist die Idee, dass Pinochet, der den Putsch orchestriert hat, und natürlich die Vereinigten Staaten ihn wollten und sie verstanden, dass sie ihn wollten. Aber er hat Washington nicht gesagt, dass er ihn durchgeführt hat. Das wusste ich nicht, bis ich es in Ihrem Buch gelesen habe, und dann werden wir über die Fehlwahrnehmungen über Frank und Charles sprechen.
Aber sprechen wir darüber, dass die CIA, obwohl sie Allende nicht daran hindern konnte, an die Macht zu kommen, enorme Mittel in die Zerstörung der chilenischen Wirtschaft und die Untergrabung der Macht Allendes gesteckt hat und natürlich das Militär ermutigt hat, wie es wiederum in Ihrem Buch steht. Pinochet wurde, wenn ich mich recht erinnere, in die Panamakanalzone gebracht, wo er bewirtet wurde, und es war ganz klar, dass er bei einem Staatsstreich die Unterstützung der USA haben würde.
Es gab also diesen Krieg gegen Allende, der von den Vereinigten Staaten finanziert und oft auch geleitet wurde. Erklären Sie, was geschah. Und es begann fast unmittelbar nach Allendes Machtübernahme.
John Dinges
Genau. Als der versuchte Militärputsch scheiterte, habe ich einige Dokumente, in denen Kissinger dann die Strategie darlegt. Er legt sie Nixon vor. Er hat das Treffen tatsächlich so inszeniert, dass sich seine Ansicht durchsetzen würde und Nixon seinen Plan unterstützen würde. Sein Plan war es, sicherzustellen, dass Allende in der Regierung nicht erfolgreich sein konnte, und das legt er in diesem erstaunlichen strategischen Dokument dar.
Seine Befürchtung ist nicht, dass ein neues Kuba in Lateinamerika die Macht übernehmen könnte. Seine Befürchtung ist, dass es sich um eine demokratisch legitime Revolution handeln könnte, die zum Vorbild für den Rest Lateinamerikas werden würde. Und genau das muss verhindert werden. Er sagt Dinge wie: Wenn wir nicht dafür sorgen, dass dies nicht geschieht, wenn wir den anderen Ländern nicht signalisieren, dass wir ein solches Experiment nicht zulassen werden, verlieren wir unsere Glaubwürdigkeit.
Mit anderen Worten: Wir werden die Vorherrschaft verlieren, die wir so lange in Lateinamerika hatten. Die Begründung für die Ablehnung Allendes stand also, gelinde gesagt, im Widerspruch zu der Bekenntnis der USA zu den demokratischen Prinzipien, auf denen das Land gegründet war und immer noch gegründet ist.
Die Destabilisierung war die Strategie. Sie bestand im Wesentlichen aus zwei Teilen. Propaganda. Die Vereinigten Staaten finanzierten die wichtigste Zeitung des Landes mit mehr als 10 Millionen Dollar, um diese Zeitung, die wirtschaftlich immer etwas instabil war, als Propagandainstrument gegen die Regierung Allende am Leben zu erhalten.
Und dann gab es internationalen Druck auf Unternehmen, keine Geschäfte mit Chile zu machen, internationale Kreditprogramme, die Weltbank, den IWF [Internationaler Währungsfonds], alle internationalen Kreditprogramme für Chile wurden eingestellt. Die OPEC (Organisation erdölexportierender Länder), ein Investitions-Export-Import-Fonds, den die Vereinigten Staaten ... alles, was die Vereinigten Staaten direkt kontrollieren oder im internationalen Finanzwesen beeinflussen konnten, wurde Chile vorenthalten, um zu versuchen, die Wirtschaft von aussen zu strangulieren.
Im Inneren schürten die Vereinigten Staaten, aber nicht allein, die Opposition. Ich möchte die Opposition nicht als eine Schöpfung der Vereinigten Staaten darstellen. Sie war definitiv das Ergebnis der Aktivitäten der chilenischen Opposition, die beträchtlich waren. Diese wurde teilweise von den Vereinigten Staaten finanziert.
Zu ihren Aktivitäten gehörten terroristische Anschläge, nicht unbedingt Attentate, obwohl es einige Attentate gab, sondern zum Beispiel die Zerstörung von Strommasten im ganzen Land und die Anstiftung zu einem Streik der Lkw-Fahrer, um den Transport von Lebensmitteln und Industriegütern zwischen den Fabriken zu unterbinden.
Chile ist ein sehr langgestrecktes Land. Es ist mehr als 3.200 Kilometer lang. Daher ist der Transport per Lkw wirklich die einzige Möglichkeit, Güter im Land zu befördern. Und oft müssen sie über weite Strecken transportiert werden. So wurde beispielsweise die Versorgung mit Mehl unterbrochen, das zu einem grossen Teil aus anderen Ländern importiert wurde, sodass es nicht mehr zu den Fabriken gelangen konnte, die Lebensmittel herstellten. So etwas war sehr wichtig.
Und Sie haben das Kupfer erwähnt. Die Vereinigten Staaten, die Kupferminen, Kupfer war der Lohn Chiles, wie Allende es nannte. Es machte mehr als 50 %, weit mehr als 50 % der Deviseneinnahmen Chiles aus. Und Chile enteignete die amerikanischen Kupferminen mit dem Versprechen einer Entschädigung. Das Interessante daran war jedoch, dass zum ersten Mal eine Regierung ausländische Vermögenswerte enteignete und sagte: Wir werden herausfinden, wie hoch die Überschussgewinne aus Ihrer bisherigen Führung dieser Unternehmen, dieser Minen, waren.
Also berechnete Allende, seine Ökonomen berechneten, wie hoch die Überschussgewinne waren, und sie zogen diese von der Entschädigung ab, die Anaconda, so der Name des Kupferunternehmens, zustehte.
Chris Hedges
Nun, um es klar zu sagen: Die Dulles-Brüder waren damals noch nicht dabei, aber die gesamte Gründung und Nutzung der CIA diente im Wesentlichen dem Schutz von Rohstoffunternehmen wie Anaconda. Es gibt also eine lange Tradition, amerikanische Geheimdienstressourcen zum Schutz der Interessen multinationaler Konzerne wie Anaconda einzusetzen. Dies hat eine lange Geschichte in der amerikanischen Politik, die bis in die 50er Jahre und vielleicht sogar noch weiter zurückreicht.
Lassen Sie uns ein wenig über Charles und Frank sprechen. Sie kannten sie. Sie kannten den einen besser als den anderen. Und in gewisser Weise ist Ihr Buch eine Widerlegung des Films „Missing“ aus dem Jahr 1982, was die Handlung betrifft. Ein grossartiger Film, aber es gibt ein paar grosse Irrtümer, wie Sie hervorheben. Einer dreht sich natürlich um ihre Hinrichtungen, aber auch darum, dass sie als naiv und unschuldig dargestellt werden, was sie nicht waren.
Sie waren beide politisch klug und weltgewandt und kamen aus dem linken Lager. Aber lassen Sie uns über sie sprechen.
John Dinges
Nun, Frank und Charlie waren Produkte der 1960er Jahre, „der Bewegung“, wie wir sie damals nannten, der progressiven Bewegung, die gegen den Krieg und für Bürgerrechte kämpfte. Frank war von der Befreiungstheologie inspiriert. Er war jünger. Er war erst 24, als er in Chile ankam, und Charlie war 30.
Ich machte mich daran, herauszufinden, warum sie getötet wurden, was das Motiv war und ob die Vereinigten Staaten etwas damit zu tun hatten, denn der Film deutet stark an, dass die Vereinigten Staaten dies gebilligt und sogar gezielt darauf hingearbeitet haben, dass sie von den Chilenen hingerichtet wurden. Ich dachte, dass das vielleicht wahr sein könnte. Ich meine, die Vereinigten Staaten hatten einige ziemlich schreckliche Dinge getan und waren in dieser Zeit tief in die Geschehnisse verwickelt.
Und natürlich stellt der Film sie als eine Art Unschuldige im Ausland dar. Ein wichtiger Moment in meiner Recherche war, als ich mit einem Freund von Charlie sprach, einem Filmemacher namens Richard Pierce. Richard sagte in meinem Interview, das war ganz am Anfang des Prozesses, „Ich war zutiefst erschüttert von der Darstellung von Charlie. Warum hatten sie nicht den Mut, ihn so darzustellen, wie er wirklich war?“
Und wie er wirklich war, laut seinem besten Freund, war er ein zutiefst politischer junger Mann, der sich für die Verteidigung der Allende-Regierung engagierte, so sehr, dass er Richard Pierce um Geld gebeten hatte, um Waffen für die Verteidigung der Allende-Regierung zu kaufen. Charlie war im August in New York. Das war der Monat unmittelbar vor dem Militärputsch. Und Dick Pierce und drei andere Leute erzählten mir, dass sie angesprochen und um Geld gebeten worden waren.
Und er sagte, Charlie sagte, es sei, um Waffen für die Verteidigung der Arbeiterbewegung in Chile zu kaufen. Nicht für den bewaffneten Kampf, sondern zur Verteidigung der Regierung, weil sie befürchteten, dass ein Militärputsch bevorstand. Das sind politische Handlungen.
Chris Hedges
Lassen Sie mich kurz unterbrechen, John, denn am Ende werden wir darüber sprechen. Es war klar, was kommen würde, und so bewaffneten sie Milizen in Fabriken, um sich gegen die Machtübernahme durch das Militär zu verteidigen.
John Dinges
Genau. Und im Juni 1976 hatte es einen Putschversuch gegeben ...
Chris Hedges
Nicht 1976.
John Dinges
Entschuldigung, 1973, eine Art Probelauf durch Elemente innerhalb des Militärs. Dabei wurde herausgefunden, wer innerhalb des Militärs am stärksten für Allende war, und diese Personen wurden dann isoliert und daran gehindert, sich gegen den Putsch zu wehren, der schliesslich doch kam.
Und in dieser Zeit verspricht Allende, dass Waffen verteilt werden. Ich war dort und besuchte die Fabriken, die „Cordones” genannt wurden, den Industriegürtel um Santiago. Es gab 500 Fabriken, die unter der Kontrolle der Regierung standen. Die Hälfte dieser Fabriken wurde in dieser Zeit nach dem ersten erfolglosen Militärputsch vom Militär übernommen.
Das Herzstück, wo die Kraft der Revolution zu spüren war, waren also diese Fabriken. Und ihnen wurde die Aufgabe übertragen, keine wirklich angemessene Aufgabe, aber sie erhielten zu dieser Zeit die Aufgabe, die Verteidigung zu übernehmen. Sie waren das Bollwerk gegen den bevorstehenden Putsch, den alle für unvermeidlich hielten. Und die Leute sprachen ganz offen darüber, sie zu bewaffnen.
In diesem Zusammenhang reiste Charlie nach New York und versuchte, Geld zu beschaffen, was ihm auch gelang. Nach meinen Berechnungen sammelte er über tausend Dollar, was auf dem Schwarzmarkt in Chile eine Menge Geld war, und brachte es zurück nach Chile. Was er danach damit gemacht hat, habe ich nicht mehr mitbekommen. Aber das Wichtigste war, dass es eine Art offenes Gespräch darüber gab, dass wir uns verteidigen müssen. Es wurde viel über Waffen gesprochen, aber ich muss sagen, dass das, was wir entdeckt haben, am erstaunlichsten ist.
Bei all dem Gerede über Verteidigung und Waffen tauchten in diesen Fabriken tatsächlich nur sehr wenige Waffen auf. Ich habe Gewerkschaftsmitglieder in Fabriken interviewt, Leute, die für die Gewerkschaftsbewegung verantwortlich waren, und denken Sie daran, dass diese Fabriken zu dieser Zeit tatsächlich von den Gewerkschaften kontrolliert wurden, und sie beschrieben, wie sie am Tag des Putsches auf die versprochenen Lastwagen mit Waffen warteten, aber keine der Waffen und keiner der Lastwagen kam jemals an.
Es warteten dort Leute, darunter auch einige, die keine Arbeiter waren, die sich ihnen anschliessen wollten, um Teil der Verteidigung zu sein. Die Waffen kamen einfach nicht an. Der Widerstand, von dem wir in diesem Moment dachten, dass er sich materialisieren würde, fand einfach nie statt. Und tatsächlich waren die Fabrikarbeiter leichte Beute für das Militär, als dieses in den Tagen nach dem Putsch alle Fabriken besetzte und alle Arbeiter, die hofften, den Prozess verteidigen zu können, ins Nationalstadion brachte.
Mehr als 7.000 Menschen wurden in diesen ersten Tagen verhaftet und einfach ins Nationalstadion gebracht. Die meisten von ihnen waren Arbeiter. Viele von ihnen waren natürlich Allende-Beamte, Menschen, die für die Regierung arbeiteten, aber die grosse Mehrheit von ihnen waren Menschen, die in diesen Fabriken arbeiteten und dann zusammengetrieben und ins Stadion gebracht und in dieses provisorische Gefängnis gesteckt wurden.
Chris Hedges
Ich erinnere mich aus dem Buch, dass Allende kalte Füsse bekam. Die kubanische Botschaft hatte offenbar Waffenvorräte angelegt, aber Allende blockierte deren Verteilung. Ist das richtig?
John Dinges
Ja, ich würde nicht sagen, dass er kalte Füsse bekam. Ich würde sagen, es war ein Anfall von Vernunft. Es wäre zu einem Blutbad gekommen, wenn er die Waffen verteilt hätte. Wir wissen heute, dass es einige wirklich gute Untersuchungen auf der Grundlage kubanischer Quellen gibt, sodass wir quantifizieren können, wie viele Waffen es gab. Es gab eine Menge Waffen, aber bei weitem nicht genug, um gegen eine vereinte Armee Widerstand zu leisten.
Die Tatsache, dass die Armee vereint war ... wenn sich die Armee gespalten hätte, hätte es eine Art Bürgerkrieg gegeben, aber die Armee spaltete sich nicht. Und so wären es die Anhänger Allendes mit den wenigen Waffen gewesen, die sie hatten. Und selbst wenn man zusätzlich ein paar tausend Waffen herbeigeschafft hätte, wäre es eine schreckliche Sache gewesen. Und genau das hat Allende in diesen letzten Tagen beschlossen. Aus seinen Reden geht das ganz klar hervor, er sprach am Morgen des Putsches fünf Mal im Radio.
Ich habe tatsächlich eine der letzten Reden, seine Abschiedsrede, aufgezeichnet, und darin macht er es deutlich. Er sagt: Lasst euch nicht demütigen, aber opfert euch nicht. Er rief nicht zum Widerstand auf. Er rief die Menschen nicht dazu auf, gegen diesen Putschversuch zu den Waffen zu greifen, weil er wusste, dass das nicht möglich sein würde, und so vermied er auf diese Weise ein Blutbad.
Ich kenne die Details nicht, aber die Kubaner sagen, dass Allende definitiv die Anweisung gegeben habe, die Waffen, die sich in der kubanischen Botschaft befanden, nicht zu verteilen. Es gab jedoch noch andere Waffenlager der MIR (Movimiento de Izquierda Revolucionaria), der linken revolutionären Bewegung. Ich habe mit den Menschen gesprochen, die daran beteiligt waren.
Frank Teruggi zum Beispiel lebte in einem Haus mit einem Mitglied des militärischen Arms der MIR namens Fuerza Central, und sie hatten ein System von sicheren Häusern eingerichtet, um sich im Falle eines Militärputsches verteidigen zu können. Sie hatten einige Waffen, sie beschrieben mir die Anzahl der Waffen, aber es handelte sich um ein paar Dutzend sichere Häuser mit vielleicht hundert Waffen oder so.
Das wäre einfach nicht ausreichend gewesen. Die Leute, die mir erzählten, was sie taten, erkannten sehr schnell, dass Widerstand, bewaffneter Widerstand zum Zeitpunkt des Putsches, zwecklos war. Und sie versuchten, sich neu zu formieren, um eine Untergrund-Widerstandsbewegung aufzubauen, was ihnen in den ersten Jahren auch gelang. Aber auch das wurde von der chilenischen Geheimpolizei auf brutalste Weise niedergeschlagen.
Pinochet wird zum Symbol für die Geheimpolizei und effektive Unterdrückung. Er tötet mehr als 3.000 Menschen, von denen die Hälfte mit dieser Technik verschwindet, bei der man jemanden nicht nur verhaftet, foltert und tötet, sondern dann auch noch seine Leiche versteckt.
Man entsorgt die Leichen so, dass niemand sie finden kann, und leugnet dann, dass sie in Gewahrsam sind, sodass die Familien keinen Trost finden. Den Familien wird gesagt, dass sie jammern, dass ihre Angehörigen das Land verlassen haben, dass Ehemänner ihre Frauen verlassen haben. Deshalb können sie nicht gefunden werden. Sie versuchten, die zurückgelassenen Menschen zu demütigen, indem sie behaupteten, dass die Menschen, die sie getötet hatten, eigentlich irgendwo anders am Leben seien. Es war eine bösartige, grausame Technik, die als „Verschwindenlassen” bezeichnet wurde.
Chris Hedges
Lassen Sie uns über den 11. September 1973 sprechen. Lassen Sie uns über Sie, Charles und Frank an diesem Tag sprechen. Was ist passiert, wie war es, und dann können Sie darauf eingehen, was Sie in Ihrem Buch darüber herausgefunden haben, was mit ihnen passiert ist.
John Dinges
Damals hiess es in Santiago, wenn etwas passieren sollte, wenn es so aussähe, als gäbe es einen Putsch, sollten die Menschen zu ihren Arbeitsplätzen oder in die Fabriken gehen. Dort würde der Widerstand organisiert werden. Also gingen ich und meine Freunde, die Menschen, mit denen ich zusammenlebte, dorthin, und ich tat dies als Journalist.
Ich sage nicht, dass ich dorthin ging, um zu den Waffen zu greifen, aber ich wollte dorthin, wo die Geschichte stattfand, und so ging ich auf die Vicuña Mackenna Avenue in Richtung Cordón, in Richtung der Fabrikgürtel, und lief mehrere Kilometer zu Fuss, um zu den Fabriken zu gelangen und zu sehen, was dort vor sich ging. Und sehr schnell wurde klar, dass es keinen Widerstand gab.
Die Arbeiter sagten mir, ich solle umkehren, mich schützen und nach Hause gehen. Als ich diese Allee entlangging, fuhren Lastwagen mit Soldaten vorbei. Sie hatten die Fabriken noch nicht angegriffen, aber sie kamen immer noch von ihren Stützpunkten ins Zentrum von Santiago. Das waren die Soldaten, die wir gesehen haben.
Frank Teruggi tat dasselbe. Er und seine Freunde verliessen sein Haus. Er wohnte nicht weit von mir entfernt, aber er ging zu einem anderen Cordón. Er ging zum Macul-Cordón, der in der Nähe der Universität von Chile lag, einem der Campusse der Universität von Chile, an der er tatsächlich studiert hatte. Zusammen mit seinen Freunden, einigen brasilianischen und einigen chilenischen Freunden, gingen sie zu einer Fabrik in dieser Gegend.
Und sie machten die gleiche Erfahrung. Sie nahmen tatsächlich einige Waffen an sich. Einige der Brasilianer erzählten mir, dass sie unterwegs einige Waffen an sich genommen hatten und zu einer Fabrik gegangen waren. Es passierte nichts. Sie kehrten um. Frank ging nach Hause zurück. Die Brasilianer schlossen sich einer Gruppe militanter Aktivisten an. Sie besetzten tatsächlich eine Polizeistation in diesem Viertel in der Nähe der Universität und hielten sie vier Stunden lang besetzt.
Aber als der Nachmittag voranschritt, erzählte er mir, dass sie einen Anruf von jemandem aus der Führung erhielten, sie sollten verschwinden, sonst würden sie massakriert werden, wenn sie versuchen würden, die Polizeistation zurückzuerobern. Also gaben sie die Polizeistation auf, die sie eingenommen hatten, und sie erzählten mir, dass sie durch Santiago fuhren, um Widerstandsnester zu finden, aber feststellten, dass es nur sehr wenig Widerstand gab. Dann ging es darum, einen sicheren Ort zum Verstecken zu finden, und natürlich wurden sie ihre Waffen los und versuchten einfach, zu überleben.
Soweit ich weiss, war Frank also an keiner dieser Widerstandsaktivitäten beteiligt. Aber er stand in Verbindung mit Leuten, die sehr stark in die bewaffneten Widerstandsaktivitäten involviert waren. Er geht nach Hause und denkt, dass alles gut werden wird. Er hat ein Haus, in dem etwa acht Leute leben, die alle Mitglieder der MIR, der Revolutionären Linken Bewegung, sind.
Er war Mitglied der von der MIR organisierten Studentenvereinigung, aber er war kein Mitglied der MIR, obwohl er es versucht hatte, weil er Ausländer war. Und so denkt er, er hat einen US-Pass, er erzählt es seinen Freunden, vielen seiner Freunde, den Brasilianern, einem uruguayischen Paar, und sie alle gehen nach ein paar Tagen in die Botschaften, um Asyl zu beantragen.
Aber Frank und sein Freund David Hathaway, mit dem ich gesprochen habe, dachten, sie seien durch ihre US-Pässe geschützt und ihnen würde nichts passieren. Also blieben sie im Haus zurück. Und natürlich lagen sie falsch. Das Haus wurde wegen der früheren Verbindungen ins Visier genommen und etwa eineinhalb Wochen nach dem Putsch gestürmt. Frank wurde zuerst auf eine Polizeistation und dann ins Nationalstadion gebracht.
Dort gibt es Augenzeugen, die ihn in den Folterkammern gesehen haben und berichten, dass er in sehr schlechter Verfassung war. Er appellierte an sie, dass sie, wenn sie freikommen würden, sagen sollten, dass sie nicht nur Lateinamerikaner und Chilenen seien, sondern dass sich unter den Gefangenen auch amerikanische Staatsbürger befänden, und dass er sicher sei, dass die amerikanische Botschaft ihm zu Hilfe kommen würde.
Und ich habe tatsächlich an genau diesem Tag, dem 20. September, dokumentiert, dass es in Washington, D.C., Gespräche gab, in denen das Aussenministerium darüber diskutierte, ob sie tatsächlich Zugang zum Nationalstadion hatten, und die Frage auswich.
Chris Hedges
Wir sollten uns darüber im Klaren sein, John, dass sie dort, wie viele waren es, etwa 3.000 Menschen festhielten und im Stadion eine Folterkammer und einen Hinrichtungsort eingerichtet haben. Das war ziemlich berüchtigt. Waren es 3.000 Menschen im Stadion oder so viele, die sie festhielten?
John Dinges
Es waren 7.000 Menschen im Staat, die bis Ende September im Stadion festgehalten wurden. Also drei Wochen nach dem Putsch. Diese Zahl stammt vom Roten Kreuz. Es gab einen Ort namens Caracol, eine Radrennbahn oder Fahrradrennbahn, und die Umkleideräume dieses kleinen Stadions an der Seite wurden als Folterzentrum genutzt.
Es waren Brasilianer, Uruguayer und Argentinier, entschuldigen Sie, bolivianische Militärs an den Verhören beteiligt, da viele der Gefangenen aus diesen Ländern stammten. Und dort fanden die schrecklichen Folterungen statt. Wenn sie sie hinrichteten, brachten sie sie aus dem Stadion auf die Strasse und warfen die Leichen dort weg.
Es gab Schüsse. Es ist wirklich unklar, wo sie diese Menschen töteten, da keine der Leichen jemals im Stadion gefunden wurde. Alle diese Menschen wurden aus dem Stadion gebracht, damit sie leugnen konnten, was wirklich geschah.
Chris Hedges
Und Franks Leiche wurde ziemlich schnell auf der Strasse gefunden.
John Dinges
Frank wurde gefunden, und Charlie war laut meinen Ermittlungen ebenfalls im Stadion, ebenfalls zusammengeschlagen, und seine Leiche wurde ebenfalls auf die Strasse gebracht. Beide wurden in die Leichenhalle gebracht. Und das Verschwinden bestand darin, dass Charlies Leiche nicht identifiziert werden konnte. Seine Leiche befand sich offenbar die ganze Zeit in der Leichenhalle.
Ich vermute, dass er irgendwo versteckt wurde, an einem besonderen Ort, wo man ihn nicht sehen konnte. In den Gängen der Leichenhalle lagen überall Leichen, und in einigen Fällen durften die Menschen hineingehen und nachsehen, ob sie die Vermissten finden konnten. Menschen aus der US-Botschaft gingen hinein, Menschen vom Roten Kreuz.
Die Menschen durften dort nach Leichen suchen, und Frank wurde gefunden, aber Charlie wurde nie gesehen. Ich glaube also, dass er weggebracht wurde. Nun, Frank war, ich meine, es ist schrecklich, darüber zu sprechen, und ich spreche manchmal zu nüchtern darüber. Ich muss nicht nüchtern darüber sprechen, aber das sind die Fakten. Franks Leiche war dort und wurde fast sofort anhand seiner Fingerabdrücke identifiziert.
Ich habe die Dokumente, aus denen hervorgeht, dass seine Fingerabdrücke innerhalb von 48 Stunden mit seinem Personalausweis verglichen wurden. Und dann, ein paar Tage später, kam ein Freund von ihm, Steve Volk, tatsächlich in die Leichenhalle und ihm wurde die Leiche gezeigt, von der sie dachten, dass es seine sein könnte, und er identifizierte ihn eindeutig. Im Fall von Frank gab es also keine Zweifel.
Aber im Fall von Charlie wurde dieses routinemässige und eigentlich recht effiziente Fingerabdruckverfahren unterlaufen. Ich habe Beweise dafür gefunden, die von einem chilenischen Ermittler zusammengetragen wurden, der versuchte, herauszufinden, was passiert war. Er konnte tatsächlich nachweisen, dass der Prozess der Identifizierung von Charlie von jemandem aus dem Aussenministerium behindert wurde, der im Grunde genommen sagte: Bestätigen Sie die Identität dieser Person nicht. Zeigen Sie die Fingerabdruckdokumente niemandem im US-Konsulat.
Es dauerte also einen Monat, bis Charlies Leiche tatsächlich identifiziert wurde. Und als sie identifiziert wurde, geschah dies nicht durch US-Beamte, sondern durch zwei chilenische Soldaten, die damit beauftragt worden waren. Und das ist eines der Dinge, eines der Rätsel dessen, was damals geschah, dass es tatsächlich Leute im chilenischen Militär gab, die das taten, was eigentlich das Richtige war.
Sie versuchten herauszufinden, was mit diesem Amerikaner passiert war, und es gelang ihnen tatsächlich, die Verschleierung der Leiche zu umgehen. Sie fanden seine Leiche, sie fanden die Fingerabdruckdokumente und konnten tatsächlich herausfinden, wo die Leiche aufbewahrt wurde, und das war einen Monat nach dem [unverständlich].
Chris Hedges
Und natürlich kommt in dem Film sein Vater aus New York herunter, das ist das Ganze, Jack Lemmon spielt diese Figur in dem Film. Lassen Sie uns über die US-Botschaft sprechen, denn ich glaube, in Ihrem Buch sagen Sie ja, und viele Leute haben die Theorie aufgestellt, und es war, wie Sie am Anfang gesagt haben, sicherlich möglich, dass die US-Botschaft an der Genehmigung dieser Hinrichtungen beteiligt war. Sie haben argumentiert, dass das nicht der Fall ist.
Allerdings kommt das US-Aussenministerium in Ihrem Buch nicht besonders gut weg. Zunächst einmal verweigern sie amerikanischen Bürgern Asyl. Alle anderen Botschaften sind überfüllt mit Menschen, die in diesen Botschaften Zuflucht suchen, darunter natürlich auch Chilenen, und denen dann sicherer Abtransport gewährt wird.
Die Vereinigten Staaten verweigern jegliches Asyl und glauben seit vielen Jahren an die fiktive Geschichte, dass Charlie nicht vom chilenischen Militär getötet wurde, sondern von Linken in Militäruniformen. Das ist absurd. Aber lassen Sie uns über die Rolle des Staates sprechen, denn sie liebten Allende und opferten sofort ihre eigenen Bürger, um die Diktatur [Pinochets] zu stützen.
John Dinges
Die Pinochet-Diktatur. Eines der Dokumente, das ich gefunden habe, und zwar in chilenischen Archiven, nicht in US-Archiven, ist eine Nachricht der US-Botschaft an das chilenische Aussenministerium, ich glaube vom 28. September, in der es heisst: „Wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, dass die US-Botschaft keinem US-Bürger oder anderen Personen Asyl gewährt hat.
Ich habe mit Leuten gesprochen, die zu dieser Zeit in der Botschaft waren, und es gab zwei Arten von Menschen in der Botschaft. Es gab gute Menschen, die das Richtige tun wollten, die verstanden, dass Massaker stattfanden und dass sie dies sachlich nach Washington melden sollten. Und dann gab es Menschen, die den Anweisungen von Henry Kissinger folgten, um zu verteidigen. Und es gab eine Anweisung, keinen Druck auf die Pinochet-Regierung in Bezug auf Menschenrechte auszuüben, die ebenfalls von Henry Kissinger stammte.
Sie gewährten also nicht nur den US-Bürgern keinen Schutz, es war auch nicht so, dass Charlie tatsächlich um Schutz gebeten hätte, er wurde nicht abgewiesen oder so etwas, aber das Signal der Botschaft an das Militär, an das chilenische Militär, lautete, dass wir nichts mit dem Schutz von irgendjemandem zu tun haben, weder mit unseren Bürgern noch mit den Bürgern anderer Länder.
Das war im Grunde genommen ein grünes Licht, um das zu tun, was sie für notwendig hielten, um die Unterdrückung durchzuführen. Die Botschaft empfing Herrn Horman, Charlies Vater, einen Geschäftsmann, der in der Upper East Side, genauer gesagt in einem Penthouse in New York City, lebt. Er ist kein besonders reicher Mann, aber ein wohlhabender Gentleman, der die Republikaner wählt.
Er konnte Jacob Javits, einen progressiven, ehemaligen liberalen Republikaner, für die Suche nach seinem Sohn gewinnen. Und er reist dorthin in der Annahme, dass die US-Botschaft natürlich keine Mühen scheuen wird, um seinen Sohn zu finden. Und er entdeckt eine Sache nach der anderen, die zeigen, dass die Ermittlungen ohne Energie durchgeführt wurden, dass er in vielen Fällen sogar in die Irre geführt wurde. Da er nun wusste, dass er in die Irre geführt worden war, neigte er dazu, die Theorie zu entwickeln, dass die USA davon gewusst haben mussten, dass die Chilenen keinen Amerikaner getötet hätten, ohne ihre Freunde in der US-Botschaft zu informieren.
Aber es gibt noch ein weiteres wichtiges, wirklich wichtiges Element in dieser Theorie, dass die USA an seiner Ermordung beteiligt waren. Und das war ein Mann namens Rafael Gonzalez, der als ziviler Geheimdienstagent für den damaligen Hauptgeheimdienst des chilenischen Militärs arbeitete.
Und Rafael Gonzalez, aus Gründen, die ich in dem Buch erkläre, meldet sich 1976 zu Wort und gibt Joanne Omang und Frank Manitzas, Freunden von mir, Journalisten in Chile, ein Interview. In diesem Interview erzählte er ihnen, dass er Charlie Horman im Hauptquartier des Geheimdienstchefs gesehen habe und dass dort ein Amerikaner gewesen sei, von dem er annahm, dass er Mitglied der CIA war, und dass der Geheimdienstchef und dieser Mann von der CIA beschlossen hätten, Charlie hinrichten zu lassen, weil er zu viel wusste, vermutlich über die Rolle der USA bei dem Putsch. Dieser Zeuge
Chris Hedges
Nun, er hatte während des Putsches Kontakt zum Leiter der Mühlen-Gruppe, und das hat diese Theorie so richtig ins Rollen gebracht.
John Dinges
Ja, Charlie war zum Zeitpunkt des Putsches in Valparaiso, in der Hafenstadt. Er sass dort fünf Tage lang mit dieser jungen Frau aus New York fest, die eine Freundin von ihnen war. Und um nach Santiago zurückzukommen, fährt er mit dem Chef der US-Militärgruppe mit, einem Mann namens Captain Ray Davis. Das ist der einzige Kontakt, den sie hatten. Und er kommt zurück.
Das Interessante daran ist, dass Rafael Gonzalez in seiner Erzählung diesen Kontakt zum US-Militär erwähnt. Also sprach ich mit Rafael Gonzalez, dem Mann, der diese erste Diskussion, diese erste Anschuldigung, dass die USA beteiligt waren, dass die CIA die Ermordung von Charles Horman genehmigt hatte, ins Rollen gebracht hatte. Und ich fragte ihn, warum er diese Geschichte 2003 in seiner Aussage vor dem chilenischen Richter so schnell und offiziell zurückgenommen hatte.
Ich sprach später mit ihm, als ich meine Recherchen durchführte. Ich fragte ihn: „Woher haben Sie die Informationen über Charles Horman? Woher wussten Sie von ihm?“ Er sagte, sie stammten aus einem Artikel, der von einem Journalisten geschrieben worden war, den Sie vielleicht kennen, William Shawcross, einem sehr bekannten britischen Journalisten. Er hatte einen Artikel über die Destabilisierung geschrieben.
Und in dieser Geschichte erzählt er die Geschichte von Charlie Horman in Valparaiso und dass er von einem US-Militäroffizier zurück nach Santiago mitgenommen wird. Und diese wichtigen Details verleihen seiner Geschichte Glaubwürdigkeit, in der er behauptet, dass ein CIA-Agent und der Chef des Militärgeheimdienstes beschlossen hätten, ihn wegen dem, was er in Valparaiso erfahren hatte, zu töten.
Die Rücknahme war vollständig, und er erklärt, warum er es getan hat. Er wollte sich und seine Familie retten. Er hatte sich mit dem chilenischen Militär überworfen. Er befand sich im Asyl der italienischen Botschaft. Um Druck auszuüben, damit er mit seinem neunjährigen Kind und seiner Frau das Land verlassen konnte, erfand er diese Geschichte und sagte, er habe geglaubt, dies tun zu müssen, um sein eigenes Leben zu retten. Und er erkannte, dass es eine Erfindung war und dass Ray Davis nichts damit zu tun hatte.
Es ist eine dieser schrecklichen, komplizierten Krimigeschichten, die in solchen Situationen passieren, in denen natürlich die Wahrheit das erste Opfer dieser Art von Konfrontationen ist. Und die Menschen tun alles, was sie tun müssen, um sich selbst zu retten.
In diesem Fall erfindet er eine Geschichte über diesen ermordeten Amerikaner, um Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, damit er schliesslich aus Chile herauskommt. Er geht nach Spanien, kehrt schliesslich nach Chile zurück, widerruft die Geschichte und sagt: Ja, ich habe die Geschichte erfunden, ich habe die Details aus diesem Artikel in der London Times, und das ist die Wahrheit. Ich sage jetzt die Wahrheit.
Damals habe ich gelogen, und leider wurde diese Rücknahme erst 2001 öffentlich bekannt. So viele Menschen hatten sich auf die Geschichte verlassen, dass Charlie Horman auf Befehl der US-Regierung getötet worden sei, dass es grossen Widerstand gab, zu sagen, dass es nicht so gewesen sei.
Und so gab es in diesem Buch, anders als in meinen früheren Büchern, Widerstand von bestimmten Leuten, die die Vorstellung, dass die USA an den Morden beteiligt waren, nicht aufgeben wollten. Und natürlich ist meine Untersuchung vernichtend für das, was die USA in dieser Zeit getan haben. Es ist meine Aufgabe und das ist meine Karriere, ich dokumentiere, was passiert ist, aber ich dokumentiere auch, was nicht passiert ist.
Es ist wichtig zu wissen, was die USA getan haben. Es ist auch wichtig zu wissen, was sie nicht getan haben. Und um die Geschichte richtigzustellen, habe ich die US-Botschaft für den Mord an zwei amerikanischen Bürgern entlastet.
Gleichzeitig ist meine gesamte Arbeit jedoch eine der vollständigsten Dokumentationen dessen, was die Vereinigten Staaten tatsächlich in ihrer Komplizenschaft mit den Menschenrechtsverletzungen der Pinochet-Regierung getan haben.
Und wie Sie bereits erwähnt haben, haben sie das Militär ermutigt, einen Putsch durchzuführen, und ihnen versichert, dass die Vereinigten Staaten sie bei allem, was sie zum Sturz der Allende-Regierung unternahmen, unterstützen würden.
Chris Hedges
Lassen Sie uns zum Abschluss darüber sprechen, John, da Sie nach der Machtübernahme Pinochets in dieser Diktatur geblieben sind, was Sie gesehen haben, und ich möchte Sie bitten, Parallelen zu den aktuellen Ereignissen in den Vereinigten Staaten zu ziehen.
John Dinges
Ja, diejenigen von uns, die wie ich in Chile miterlebt haben, wie eine Demokratie zerstört wurde, sehen das, was in den Vereinigten Staaten geschieht, in einem ganz anderen Licht. Es ist beängstigend, weil wir erstens sehen, wie Institutionen zerstört und übernommen werden. Noch problematischer ist jedoch, dass wir sehen, dass die Menschen nicht verstehen, was geschieht.
Die Menschen haben so etwas in den Vereinigten Staaten noch nie erlebt. Sie haben keinen Kontext, um zu verstehen, wie unsere Demokratie systematisch übernommen wird. Das ist nichts, was in Zukunft passieren wird. Das ist etwas, was wir diese Woche gesehen haben. Washington, D.C. ist jetzt eine besetzte Stadt, und sechs von Republikanern kontrollierte Bundesstaaten haben Truppen, Nationalgarde-Truppen, entsandt, um die militärische Präsenz in Washington, D.C. zu verstärken.
Es gibt Konflikte zwischen der Polizei von D.C., die sich zu wehren versucht, aber eigentlich ist das Gesetz auf ihrer Seite, denn D.C. ist sozusagen eine föderale Enklave, sie haben keine Kontrolle, sie können diese Intervention, die völlig missbraucht wird, nicht ablehnen. Es gibt keinen Notstand in D.C. Das ist nur ein Beispiel.
Wenn man sich ansieht, was in einem Land wie Chile passiert ist, wo, wie wir alle wissen, eine vollständige Diktatur herrschte. Wir alle wissen, dass diese Diktatur zum Tod von Tausenden von Menschen geführt hat. Und wir wissen, dass Zehntausende von Menschen gefoltert wurden. Die Pressefreiheit wurde vollständig abgeschafft. Die Universitäten wurden unter Kontrolle gebracht. Das haben wir aus eigener Erfahrung gesehen.
Und es ist schwierig, das den Amerikanern zu erklären, die das Gleiche durchmachen wie wir in diesem Land, ohne dabei übertrieben zu wirken. Nun ja, solche Dinge können natürlich in den Vereinigten Staaten nicht passieren. Aber sie passieren, und die Entwicklung ist sehr ähnlich zu dem, was während der Diktatur in Chile passiert ist.
Und so ist es natürlich nicht zu Massenmorden gekommen. Hoffentlich wird es auch nie dazu kommen. Aber die Tatsache, dass überall im Land Haftanstalten gebaut werden, angeblich für Einwanderer, illegale Einwanderer, bedeutet für jemanden wie mich, der dies beobachtet hat, der dies in den sechs Jahren, die ich in Chile gelebt habe, durchlebt hat, dass diese Haftanstalten eine Infrastruktur sind, die für alle Dissidenten genutzt werden wird, die die Regierung in Zukunft festnehmen will.
Das ist eine sehr beängstigende Situation. Natürlich möchte ich nicht darüber spekulieren, was in Zukunft in den Vereinigten Staaten passieren wird, sondern nur sagen, dass die Parallelen zu den Ereignissen in Chile, Argentinien und Brasilien in den 1970er Jahren in Lateinamerika so offensichtlich sind und dass es wichtig ist, diese Erfahrungen mit den Menschen zu teilen, damit sie wirklich Widerstand gegen das leisten, was gerade geschieht, bevor es zu spät ist, denn es ist noch nicht zu spät.
Wir haben immer noch eine freie Presse. Wir haben immer noch zivile Institutionen. Wir haben immer noch Staaten, die bis zu einem gewissen Grad autonom sind und die in der Lage sein sollten, sich gegen eine Übernahme durch den Bund, eine Übernahme durch die MAGA-Kräfte, zu wehren. Ich hoffe, dass es zu einem solchen echten Widerstand kommen wird und dass kein anderer Staat ... Kalifornien hat das Militär hereingelassen. Ich hoffe, dass kein anderer Staat das zulässt.
Chris Hedges
Nun, die Erosion schreitet schnell voran. Ich war bei einer Strassendemonstration in Santiago, einer regierungsfeindlichen Strassendemonstration. Sie holten diese Wasserwerfer heraus und besprühten alle. Und dann stürzte sich die Geheimpolizei auf die Menge, ihre Gesichter verdeckt, und schubste die Menschen, nahm sie fest, schubste sie, entführte sie und schob sie in unmarkierte Autos. Und es sah genauso aus wie eine Razzia der ICE [Immigration and Customs Enforcement]. Als ich die ersten Bilder von der ICE sah, wurde ich sofort in diesen Moment in Santiago zurückversetzt.
John Dinges
Anfang 1975 fuhr ich mit dem Auto von meinem Haus in Santiago zur Arbeit ins Zentrum von Santiago, als ich sah, wie ein Auto ein anderes Auto angehalten hatte und maskierte Beamte – eigentlich trugen sie keine Masken – aus dem Auto stiegen, Menschen aus dem anderen Auto zerrten und sie festnahmen. Die Menschen wurden angehalten.
Ich erinnere mich, dass eine Frau in einem Auto neben meinem sass. Ich hielt ebenfalls an. Sie weinte, weil sie wusste, was vor sich ging, dass diese Menschen von der Geheimpolizei festgenommen wurden. Und 1975 war der Anteil der Menschen, die solche Verhaftungen nicht überlebten, sehr hoch.
Ich meine, die Methode, jemanden zu fassen, sein Auto anzuhalten, ihn aus dem Auto zu zerren, ob man nun eine Maske trägt oder nicht, ist eine ziemlich gängige Methode der Unterdrückung. Ob sie tatsächlich hingerichtet und gefoltert werden, ist der nächste Schritt. In Chile ist das mit den Menschen passiert. In den Vereinigten Staaten befinden wir uns noch in einer Vorphase.
Chris Hedges
Nun ja, obwohl wir uns schnell in diese Richtung bewegen. Danke, John. Ich möchte mich bei Diego [Ramos], Sofia [Menemenlis], Thomas [Hedges], Max [Jones] und Victor [Padilla] bedanken, die die Sendung produziert haben. Sie finden mich unter ChrisHedges.Substack.com.
Dieser Artikel ist mit demselben Datum und Titel hier auffindbar.
Zohran Mamdani wurde am vergangenen Dienstag mit überwältigender Mehrheit zum Bürgermeister von New York gewählt.
Übersetzung des Artikels von Middle East Eyes
Der designierte Bürgermeister von New York City überzeugte die Wähler mit drei zentralen Wahlversprechen und jahrelangem aufrichtigem Engagement. Aber wird er sich angesichts seiner bereits veränderten Sprache dem Establishment der Demokratischen Partei anbiedern?
Es war Februar 2020.
Damals las ich von einem jungen Mann namens Zohran Mamdani, der für einen Sitz in der Versammlung in Astoria, Queens, kandidierte.
Der Name kam mir bekannt vor, und es dauerte nicht lange, bis mir klar wurde, dass er der Sohn des Columbia-University-Professors Mahmood Mamdani war – den viele von uns gelesen hatten, um den sogenannten Krieg gegen den Terror besser zu verstehen – und der berühmten Regisseurin Mira Nair – die viele von uns für ihre intimen soziokulturellen Kommentare bewunderten.
Neugierig geworden, schrieb ich seinem Wahlkampfteam und fragte, ob ich ihn anrufen könne.
Als jemand mit einem ähnlichen Hintergrund wie ich, nämlich südasiatischer Herkunft vom afrikanischen Kontinent, kam mir Mamdani wie eine vertraute Persönlichkeit vor.
Es ist zwar allgemein bekannt, dass er in Kampala, der Hauptstadt Ugandas, geboren wurde und eine Zeit lang in Kapstadt gelebt hat, aber ich habe herausgefunden, dass er etwa sechs Monate lang in meiner Heimatstadt Durban gelebt hat, bevor er nach Kapstadt und dann nach New York gezogen ist.
Ich war besonders neugierig auf seine Motivation, als Mitglied der Stadtverordnetenversammlung in New York City tätig zu sein.
Und so erzählte er mir, wie er als 15- oder 16-Jähriger nach einer Auslandsreise mit seiner Familie am New Yorker Flughafen JFK kontrolliert worden war. Er wurde in einen Verhörraum mit Doppelspiegeln gebracht und gefragt, ob er ein Terroristenausbildungslager besucht habe und ob er die Absicht habe, die USA anzugreifen.
Er erzählte, wie die polizeiliche Überwachung in seiner Gemeinde das Leben gewöhnlicher Muslime geprägt habe, als er als junger Mann im New York nach dem 11. September aufwuchs.
Sie konnten weder Football – oder Soccer, wie es hier genannt wird – spielen, noch eine Moschee besuchen oder sogar in einem lokalen Café eine Shisha rauchen, ohne beobachtet zu werden.
Die Überwachung gipfelte darin, dass ein Schüler seiner Highschool als Informant für das New York Police Department (NYPD) rekrutiert wurde.
„Was wir also mit dieser Kampagne erreichen wollen, ist, uns mit dieser Geschichte auseinanderzusetzen, der Öffentlichkeit klar zu machen, was vor sich gegangen ist, und dies auch zu ändern“, erklärte er mir damals.
Wir sprachen über seinen Weg vom studentischen Aktivisten zum Wahlkampfhelfer für verschiedene lokale Kandidaten.
Drei Dinge sind mir bei diesem ersten Gespräch besonders aufgefallen. Er erwähnte fast sofort, dass er sich für die politische Stärkung der Muslime, die Thematisierung der Palästinafrage und den Schutz der Arbeiterklasse interessiere.
Später in diesem Jahr, an einem kühlen Tag, besuchte ich ihn in seinem Wahlkampfbüro in Astoria, Queens.
Das Büro befand sich, soweit ich mich erinnere, noch im Aufbau.
Mamdani war herzlich, freundlich und charmant. Er lächelte – vielleicht nicht so viel wie heute – und strahlte eine sympathische, gewinnende Ausstrahlung aus. Er strahlte Selbstvertrauen aus, ohne dabei arrogant zu wirken. Ein charmanter, unprätentiöser Mann.
Nach unserem kurzen Gespräch empfahl er mir beiläufig einen Shawarma-Laden auf der anderen Strassenseite in der Steinway Street.
Das war vor fünfeinhalb Jahren. Heute ist Zohran der designierte Bürgermeister von New York City.
Dies ist die Geschichte, wie er dorthin gekommen ist und was das für eine Stadt bedeuten könnte, die sich nach Veränderung sehnt.
Muslime, Palästina, Bezahlbarkeit
Es begann im Jahr 2017.
Natürlich begann Mamdanis Arbeit in der Wahlpolitik bereits zwei Jahre zuvor, aber es war die Herangehensweise eines sozialistischen palästinensischen lutherischen Pfarrers an die Stadtratswahlen 2017, die seine Sichtweise auf den Platz Palästinas in der US-Politik veränderte.
Als jemand, der sich als Student am Bowdoin College durch seine Solidaritätsarbeit für Palästina – wo er die Ortsgruppe der Students for Justice in Palestine (SJP) gründete – politische Sporen verdient hatte, glaubte Mamdani nicht, dass Wahlpolitik etwas für Palästina bewirken könnte, bis er sich der Kampagne von Khader El-Yateem anschloss.
„Hier bin ich, ein Einwanderer, ein Mann mit dunkler Hautfarbe, ein Unabhängiger, der für ein Amt kandidiert. Ich möchte Trumps schlimmster Albtraum sein“, sagte El-Yateem damals.
Zu Mamdanis Überraschung war El-Yateem – der einst in Israel in Einzelhaft gehalten worden war – nicht nur offen in seiner Unterstützung für Palästina, sondern auch unnachgiebig in seiner Unterstützung für die BDS-Kampagne gegen Israel.
Die von Palästinensern geführte Boykott-, Desinvestitions- und Sanktionsbewegung ist eine gewaltfreie Initiative, die darauf abzielt, Israels Besatzung und die Verletzung der Menschenrechte der Palästinenser durch wirtschaftliche, kulturelle und akademische Boykotte zu bekämpfen, ähnlich wie die erfolgreichen Boykottkampagnen gegen die Apartheid in Südafrika.
El-Yateem verlor die Wahl, aber Mamdani begann daraufhin, die Möglichkeiten der Stadtpolitik neu zu überdenken.
„Das öffnete mir und vielen anderen muslimischen Organisatoren die Augen für die Möglichkeit, tatsächlich für ein Amt zu kandidieren, um Veränderungen herbeizuführen“, erzählte er mir.
Mamdani war bereits Mitglied der Democratic Socialists of America (DSA-New York) und des Muslim Democratic Club of New York. In den folgenden Jahren beteiligte er sich an anderen politischen Kampagnen und arbeitete als Berater zur Verhinderung von Zwangsvollstreckungen, um Familien dabei zu helfen, ihre Häuser zu behalten.
Doch die Hilfe, die er anbieten konnte, war rar gesät – ständig eingeschränkt durch ein System, das darauf ausgelegt war, die Arbeiterklasse zu benachteiligen.
Er kam zu dem Schluss, dass die Enteignung stattfand, „weil der Staat es Grosskapital und Finanzspekulanten erlaubt hat, auf dem Wohnungsmarkt Amok zu laufen“.
Um den Menschen zu helfen, musste das Gesetz neu gestaltet werden. Er kandidierte für ein Amt.
„Nach Jahrzehnten der Steuersenkungen, um die Taschen der Reichen zu füllen, sieht sich der Staat New York mit einem politisch verursachten Haushaltsdefizit konfrontiert. Um dieses zu beheben, brauchen wir gewählte Amtsträger, die den politischen Mut haben, die Steuern für Reiche und Unternehmen zu erhöhen, um die lebensrettenden öffentlichen Güter und Dienstleistungen zu finanzieren, auf die unsere Gemeinden angewiesen sind”, sagte Cynthia Nixon, Schauspielerin und progressive Politikerin aus New York City, als sie zu einer seiner ersten Unterstützerinnen wurde.
Als Mamdani Ende 2020 Mitglied der Versammlung wurde, versuchte er, die Debatte über Fahrpreise, Gerechtigkeit bei Kraftwerken – er kämpfte gegen den Bau eines Erdgaskraftwerks in Queens – und Schuldenerlass für Taxifahrer zu verschieben.
Das sprach für einen Mann, der sich für wirtschaftliche Gerechtigkeit einsetzte und mit den Mitteln des Gesetzes arbeitete – auch wenn er manchmal zu radikaleren Mitteln neigte, um Menschen in Not eine Unterkunft zu verschaffen.
Als Abgeordneter war seine Amtszeit nicht besonders spektakulär. Ein Grossteil seiner Arbeit konzentrierte sich jedoch auf den Aufbau von Koalitionen und die Gestaltung des Diskurses, anstatt Gesetze zu unterzeichnen, die wenig zur Förderung der Agenda der Arbeiterklasse beitrugen.
In den Wochen nach meinem ersten Telefonat mit ihm wurde New York City, wie der Rest der Welt, von der Covid-19-Pandemie heimgesucht. Die Pandemie traf die Arbeiterklasse der Stadt besonders hart.
Stadtteile wie Queens und die Bronx waren besonders betroffen, da Arbeiterfamilien mit den Einschränkungen zu kämpfen hatten, sei es durch beengte Wohnverhältnisse, die soziale Distanzierung unmöglich machten, oder durch die Schliessung von Teilen der regulären Wirtschaft.
Mamdani befand sich mitten drin.
„Das Leben ist aus dem Stadtteil verschwunden“, sagte Mamdani mir im April 2020, als die Stadt unter der Pandemie litt.
„Ich habe gerade letzte Woche mit einem bangladeschischen Taxifahrer gesprochen, und er erzählte mir, dass er bereits seit drei Wochen nicht mehr arbeiten kann.
Da wird einem klar, dass diese Pandemie blind für die Realitäten unserer Gesellschaft ist, aber diese Realitäten bestimmen, wie die Menschen betroffen sind und wie lange sie brauchen, um sich davon zu erholen, sei es medizinisch, finanziell, psychisch – all diese Dinge –, und ich denke, dass diese bereits bestehenden Bruchlinien in unserer Gesellschaft dazu geführt haben, dass bestimmte Gemeinschaften unverhältnismässig stark von dieser Krankheit betroffen sind“, fügte Mamdani hinzu.
Unterdessen ging die Arbeit in Albany weiter.
Einer der wenigen Gesetzentwürfe, an deren Verabschiedung er mitwirkte, senkte die Anzahl der für eine öffentliche Anhörung erforderlichen Teilnehmer – eine kleine, aber subtil demokratischere Änderung.
Später brachte er den symbolischen Gesetzentwurf „Not on Our Dime!: Ending New York Funding of Israeli Settler Violence Act“ ein, der darauf abzielte, 60 Millionen Dollar an Finanzmitteln für israelische Siedlungen im Westjordanland zu blockieren.
Der Gesetzentwurf wurde von lokalen Politikern fast sofort abgelehnt – aber die Reaktion zeigte die Macht des Spektakulären. Die Geschichte sorgte für Schlagzeilen.
Es war jedoch sein Einsatz für die Entschuldung von Taxifahrern im Jahr 2021, den er mit einem 15-tägigen Hungerstreik vor dem Rathaus erreichte, der ihn bekannt machte.
„Ich würde mein Leben für ihn geben“, sagte Momoudou, ein New Yorker Taxifahrer, der ursprünglich mit 750.000 Dollar verschuldet war, über Mamdani, nachdem dieser erfolgreich eine Entschuldung erreicht hatte.
Dennoch blieb Mamdani ausserhalb seines Stadtteils Astoria und der Democratic Socialists of America (DSA) in New York weitgehend eine lokale Persönlichkeit. Er machte sich jedoch still und leise einen Namen als einer der wenigen lokalen Politiker, die sich mutig zu Themen wie Bezahlbarkeit und vor allem Palästina äusserten.
Und dann kam es zu den Ereignissen vom 7. Oktober 2023.
Der Völkermord in Gaza
Die Zerstörung Gazas – von Leben, Häusern, Gebetsstätten, Flüchtlingslagern, Krankenhäusern – und die Komplizenschaft und Unterstützung Israels durch die damalige Regierung von US-Präsident Joe Biden lösten die grösste Antikriegsbewegung seit den 1960er Jahren aus, als es um die Beteiligung der USA in Vietnam ging.
Bereits am 13. Oktober 2023 äusserte Mamdani seine Befürchtungen hinsichtlich der Gefahr eines Völkermords in Gaza.
„Wir sind Zeugen eines Völkermords und einer humanitären Krise in Gaza. In den Krankenhäusern gehen die Schmerzmittel zur Neige, und Leichen werden in Eiswagen gelagert. Wir fordern einen Waffenstillstand, weil dies der einzige Weg ist, das Töten zu beenden und humanitäre Hilfe zu leisten“, fügte Mamdani am 20. Oktober 2023 hinzu.
Während dieser Zeit wurde New York City zum Mittelpunkt von Druckkampagnen, die von Universitäten, Kulturinstitutionen und Medienorganisationen Rechenschaft für ihre Mitschuld am Völkermord in Gaza forderten.
Die Krise erschütterte die selbsternannte moralische Autorität des westlichen Kulturestablishments; Institutionen wie die New York Times traten nicht als Hüter des öffentlichen Gewissens auf, sondern als aktive Teilnehmer an der Unterdrückung abweichender Meinungen.
Während die Republikaner und die Führung der Demokratischen Partei ihr Engagement für das Recht Israels auf Selbstverteidigung verstärkten, zögerten progressive Persönlichkeiten wie Bernie Sanders und Alexandria Occasio-Cortez (AOC) weitgehend und waren nicht in der Lage oder nicht willens, einer Generation, die über den Angriff auf Gaza entsetzt war, moralische Klarheit zu verschaffen.
Selbst ein hochrangiges Mitglied des Congressional Progressive Caucus, Ro Khanna, schien seine Haltung den Feststellungen des Internationalen Gerichtshofs (IGH) unterzuordnen – vorbehaltlich der Bestätigung durch das US-Aussenministerium.
Dies war der Todesstoss für die progressive Politik der Demokraten in den USA.
Der Völkermord hatte sie zu Randfiguren gemacht, ja sogar irrelevant werden lassen.
Als AOC im August 2024 auf der Bühne des DNC stand und Kamala Harris als „unermüdlich für einen Waffenstillstand in Gaza und die Rückkehr der Geiseln“ beschrieb, signalisierte dies ihren endgültigen Wandel von einer rebellischen Aussenseiterin zu einer loyalen Parteimitgliederin.
Kareem Elrefai, ein in New York ansässiger Organisator der DSA, bezeichnete dies als Verrat und schrieb, Gaza sei „eine rote Linie, ein entscheidendes Thema unserer Zeit, und Ocasio-Cortez hat sich auf der falschen Seite davon wiedergefunden”.
Mamdani tauchte aus diesen Trümmern auf.
Seine frühzeitige und konsequente Bezeichnung des Angriffs als Völkermord, seine Kritik an der Niederschlagung von Studentenlagern und seine Solidarität mit den in der Presse Verunglimpften brachten ihm Bewunderer ein.
Seine Position in einem hyperlokalen, multiethnischen Einwanderer- und Arbeiterbezirk, in dem Mieter, Taxifahrer und kleine Ladenbesitzer die Folgen der Aussen- und Innenpolitik der USA zu spüren bekamen, gab ihm den politischen Rückhalt, solche Positionen einzunehmen.
Während die nationalen Politiker schwankten, startete Mamdani zusammen mit mehreren Aktivisten, darunter die Schauspielerin Cynthia Nixon, einen Hungerstreik vor dem Weissen Haus, wo sie unter eisigen Bedingungen Biden dazu drängten, seinen Kurs in Bezug auf Gaza zu ändern.
„Wir hungern nicht, weil wir es wollen. Wir hungern, weil wir von diesem Präsidenten und der Aussenpolitik unserer Regierung dazu gezwungen wurden. Wir hungern, weil die Palästinenser in Leben und Tod angezweifelt und ihre Erfahrungen ausgelöscht wurden“, sagte Mamdani damals.
Der Hungerstreik dauerte einige Tage. Biden, ein bekennender Zionist, gab nicht nach.
Aber das Spektakel schärfte das Bewusstsein für die Zerstörung in Gaza und die Mitschuld der US-Regierung. Er war Teil einer nationalen Geschichte.
Zurück in New York City hatten die Proteste für Palästina längst ihren Höhepunkt erreicht.
Studenten, die für Palästina protestiert hatten, wurden suspendiert; Akademiker wurden entlassen oder ihr Ruf durch die Hallen des Kongresses gezogen; sogar Restaurantangestellte, die es wagten, ihre Unterstützung für ein Volk zu zeigen, das vernichtet wurde, wurden verfolgt. Und unter all dem verbanden Aktivisten weiterhin die Krise der Bezahlbarkeit mit der Priorisierung des militärisch-industriellen Komplexes der USA.
Wenn öffentliche Mittel ausländische Militärprojekte finanzieren können, warum können sie dann nicht auch Wohnraum und soziale Dienste hier finanzieren?
Mamdani befand sich am Scheidepunkt dieser Frage.
Die Kandidatur zum Bürgermeister
Im Sommer 2024 begann Mamdani, eine Kandidatur zum Bürgermeister in Betracht zu ziehen.
Fahd Ahmed, Geschäftsführer von Drum Beats, einer Gruppe, der weithin zugeschrieben wird, massgeblich zu Mamdanis erfolgreicher Kandidatur beigetragen zu haben, erzählte mir, dass er sofort interessiert war, als Mamdani sich letztes Jahr an die Organisation wandte, um über eine mögliche Kandidatur zu sprechen, die auf die materiellen Interessen der New Yorker zugeschnitten war.
Sie hatten gesehen, wie er mit der Taxi Workers Alliance zusammengearbeitet hatte; sie wussten, dass er bereit war, Risiken einzugehen, aber auch bereit war, kooperativ zu arbeiten.
Nach einem Überprüfungsprozess gehörte Drum Beats zu den fünf Organisationen, darunter die Democratic Socialists of America (DSA), die ihn von Anfang an unterstützten.
Ahmed beschrieb die Durchführung der Kampagne in den Gemeinden als „berauschend”.
„Sie fand grossen Anklang, weil sie die materiellen Probleme der Arbeiterklasse anspricht und weil sie bereit ist, auch andere grössere Probleme unserer Gemeinden anzusprechen, die historisch gesehen niemand ansprechen wollte, wie Palästina oder die rechten hinduistischen Kräfte”, sagte Ahmed.
Ahmed sagte, es sei nicht einfach gewesen, die Unterstützung einiger Gemeindevorsteher zu gewinnen. Viele hielten es für unmöglich. Aber die Begeisterung an der Basis überwog die Vorsicht und zwang die Führer, sich zwischen Mitmachen und Zurückbleiben zu entscheiden.
Ahmed argumentierte, dass die Krise der Bezahlbarkeit – die Unfähigkeit, Miete zu zahlen, Lebensmittel zu kaufen, Ersparnisse anzuhäufen – Menschen mit anderer Hautfarbe zur Rechten treibe, weil diese zumindest über die Missstände des Systems spreche.
Aber die Rechte – verkörpert durch Persönlichkeiten wie Donald Trump – nutze die Unzufriedenheit der Menschen mit Unternehmensübernahmen und Militarismus als Waffe, indem sie die Menschen dazu bringe, sich gegeneinander zu wenden. Mamdanis Fokus auf die Wirtschaft war ein Erfolg.
„Das bedeutet nicht, dass wir andere Themen vernachlässigen, aber wir wollen mit den materiellen Themen – Miete, Lebensmittel, Wohnen, Verkehr – vorangehen“, sagte Ahmed.
Im Oktober wurde bekannt gegeben, dass Mamdani mit drei Versprechen für das Amt des Bürgermeisters von New York City kandidieren würde: Einfrieren der Mieten für Mieter mit Mietpreisbindung, kostenlose Kinderbetreuung, schnelle und kostenlose Busse.
Zu diesem Zeitpunkt lag Mamdani in den Umfragen bei 1 Prozent. Seine Kandidatur wirkte wie ein Testlauf. Aber er hatte andere Pläne.
Mamdanis Team startete eine donnernde Social-Media-Kampagne, die nicht nur die Gegenkandidaten überraschte, sondern auch die Fantasie der kritischen New Yorker Öffentlichkeit beflügelte.
Eine vernachlässigte Wählerschaft, die mit Razzien der Einwanderungsbehörde, einer Krise der Lebenshaltungskosten und hohen Mieten konfrontiert war, sehnte sich nach Erlösung; Mamdani stellte sich der Herausforderung.
Es war nicht nur das, was er versprach, sondern auch, wie er diese Versprechen machte.
Er war frisch, energiegeladen. Er war ernsthaft. Seine Versprechen waren klar und unkompliziert.
Es war genial. Mamdanis Team schaffte es, seine Politik an die Medien der heutigen Zeit anzupassen – TikTok, Instagram, X, WhatsApp – und seine Botschaft an die Logik der Plattform anzupassen. Er legte den Schwerpunkt auf Influencer und kulturspezifische Inhalte, die verschiedene Gemeinschaften auf einzigartige Weise ansprachen, und das auch noch in mehreren Sprachen.
Seine Botschaft stützte sich auf kulturelle Repräsentation und nutzte die Hebel von Bollywood, einer warmen, einladenden Typografie und Humor, ohne dabei jemals das Ziel aus den Augen zu verlieren: NYC bezahlbar zu machen.
Offline verpflichtete er sich, an eine Million Türen zu klopfen. Beobachter sagen, dass die Wahlwerbung aussergewöhnlich war.
Er machte Politik – die insbesondere für so viele braune Einwanderer aus der Arbeiterklasse unerreichbar war – zugänglich. Er sprach mit ihnen über die Themen, die sie beschäftigten, und sie fühlten sich gehört und gesehen.
Angesichts der Korruptionsvorwürfe, des Todes älterer Menschen während Covid-19 unter seiner Aufsicht und der gegen ihn erhobenen sexuellen Vorwürfe hätte es gar keine Wahl gegen Cuomo geben dürfen, den von Trump unterstützten unabhängigen Kandidaten.
Aber angesichts der schieren Idiotie der amerikanischen Politik kam Cuomo mit Reichtum, Bekanntheitsgrad und milliardenschweren Unterstützern daher – er musste besiegt werden.
Je mehr sich Mamdani jedoch als ernstzunehmender Herausforderer herausstellte, desto schwieriger würde es werden.
Nach der ersten Vorwahldebatte sprach sich AOC für ihn aus. Wochen später folgte Bernie Sanders diesem Beispiel.
Zu diesem Zeitpunkt hatte Mamdani bereits die Jugend und eine grosse Mehrheit der Linken in NYC für sich gewonnen.
Angesichts der grossen Enttäuschung der Linken über AOC und Sanders wirkte ihre Unterstützung weniger wie authentische Führungsstärke, sondern eher wie ein Versuch, aufzuholen.
Andere sahen darin einen Versuch, ihren eigenen Ruf und vor allem den Ruf der Demokratischen Partei wiederherzustellen, die wegen ihrer unternehmensfreundlichen, arbeiterfeindlichen und kriegstreiberischen Agenda in den Schmutz gezogen worden war.
Und dann rief Obama an.
Nach seinem Sieg in der Vorwahl der Demokraten, der ihn zum Kandidaten der Demokratischen Partei für das Amt des Bürgermeisters machte, erhielt Mamdani Berichten zufolge einen Anruf vom ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama.
Obama soll ihm laut der New York Times „Ratschläge zum Regieren gegeben und die Bedeutung diskutiert haben, den Menschen in dunklen Zeiten Hoffnung zu geben, wie Personen mit Kenntnis des Gesprächs berichten“.
Wie auf Kommando begann Mamdani, sein Team mit ehemaligen Obama-Mitarbeitern zu verstärken, die in seinen Einflussbereich kamen.
Jeffrey Lerner, der ehemalige Direktor des Democratic National Convention (DNC), wurde sein Kommunikationschef.
Diese Ernennung sorgte für einige Verwunderung, insbesondere angesichts Lerners bewegter beruflicher Laufbahn, zu der auch eine Tätigkeit für Cuomo im Jahr 2007 gehörte.
Dann gab es Berichte, dass Zara Rahim als Beraterin für die digitale Strategie eingestellt wurde. Rahim hatte zuvor als Digitaldirektorin für Obama gearbeitet. Später war sie als Sprecherin für Hillary Clinton tätig.
Schon bald schien ein Teil des Establishments seine Sprache einzuschränken und zu disziplinieren; es gab eine deutliche Verschiebung in seinem Fokus; er versuchte, vernünftig und akzeptabel zu wirken, gerade in Bezug auf einige der Themen, die seiner Kampagne Auftrieb gegeben hatten.
Durch die Zusammenarbeit mit etablierten Demokraten und die Bildung eines Übergangsteams aus erfahrenen Mitarbeitern der Stadtverwaltung und Führungskräften gemeinnütziger Organisationen versprach er Kontinuität.
Mamdani traf sich mit Wirtschaftsführern, um deren Befürchtungen zu zerstreuen, und Obama-Berater, darunter Patrick Gaspard, der nationale Direktor der Präsidentschaftskampagne von Ex-Präsident Obama im Jahr 2008, stellten ihn anderen einflussreichen Persönlichkeiten der Stadt vor.
„Ich habe mich mit ihm getroffen, und er ist in der Tat interessant und meiner Meinung nach nachdenklicher, als seine Kritiker vermuten lassen“, sagte David Axelrod, Chef-Politikanalyst bei CNN und ehemaliger leitender Berater von Präsident Obama, über sein Treffen mit Mamdani, das von Gaspard arrangiert worden war.
„Ich habe Mamdani gesagt, dass ich nicht mit allen seinen Vorschlägen einverstanden bin, aber ich weiss, dass er die richtigen Fragen stellt“, fügte Axelrod hinzu.
Wandel in der Rhetorik
Im September 2025 war Mamdani nicht mehr der rebellische Abgeordnete aus Astoria, dessen Hauptaugenmerk auf Sozialisten, Arabern und Muslimen, antizionistischen Juden und der südasiatischen Arbeiterklasse lag.
Er kandidierte für das Amt des Bürgermeisters in einem der am stärksten pro-israelischen politischen Umfelder der Welt.
Um zu gewinnen, mussten offenbar einige Dinge angepasst werden.
Zunächst entschuldigte er sich für seine früheren Äusserungen, die Polizei sei rassistisch, und für seine Forderungen nach einer Kürzung der Polizeimittel – aus dem Jahr 2020, in denen er auch sagte: „Mit einer so bösartigen und korrupten Institution gibt es keine Verhandlungen.“
Aber er ging über eine blosse Milderung seiner Haltung gegenüber der Polizei hinaus.
Er sagte, er würde die derzeitige Polizeikommissarin Jessica Tisch, eine bekennende Pro-Israel-Unterstützerin, die auch die Massenüberwachung der muslimischen Gemeinschaften in New York City geleitet hat – ein Thema, das überhaupt erst zu seiner Kandidatur geführt hatte –, im nächsten Jahr im Amt belassen.
Nachdem er wiederholt zum „Existenzrecht Israels“ befragt worden war, räumte er ein, dass Israel das Recht habe, als Staat zu existieren, in dem alle Menschen gleich sind.
Die Organisatoren hätten sich gewünscht, dass er die offensichtliche Position eingenommen hätte: Kein Staat habe ein angeborenes Recht auf Existenz, schon gar nicht eine Siedlerkolonie wie Israel.
Einige seiner Anhänger argumentierten, dass er mit seiner Forderung nach gleichen Rechten die Abschaffung des Siedlerkolonialismus forderte.
Diese Sichtweise ignoriert jedoch, dass die Forderung nach gleichen Rechten nicht die grundlegende Natur der Abschaffung der Siedlerkolonialherrschaft anspricht: die Frage der Rückgabe von Land.
Dies erklärt in vielerlei Hinsicht die Unterstützung durch liberale Zionisten in der Stadt.
Mamdani wurde auch wegen des Slogans „Globalisiert die Intifada“ angegriffen; er versprach, davon abzuraten.
Er zitierte die Befürchtung eines Rabbiners, dass dieser Slogan Angriffe in New York provozieren könnte – wobei er sich auf die Ängste der jüdischen Gemeinde in einer Zeit konzentrierte, in der Palästinenser in überwältigender Zahl getötet wurden.
Dann sagte er, er würde in seiner Verwaltung Menschen einstellen, mit denen er in Bezug auf Israel nicht einer Meinung sei, und sich dabei mehr auf Kompetenz als auf Gleichgesinntheit konzentrieren.
Er nahm auch vorsichtig Abstand von seinem Versprechen, den israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu als Bürgermeister von New York City zu verhaften, und argumentierte, dass er sich an die Grenzen des Gesetzes halten werde.
Obwohl sein Versprechen immer symbolisch gewesen war – da die USA nicht Unterzeichner des IStGH sind –, schien sein Bedürfnis, dies richtigzustellen, darauf ausgerichtet zu sein, zu beschwichtigen.
Auch in anderer Hinsicht änderte sich seine Sprache.
Während des hinduistischen Diwali-Festes besuchte er einen Tempel und erklärte, dass er zwar die hindu-nationalistische Politik des indischen Premierministers Narendra Modi ablehne, aber Verständnis dafür habe, dass es in New York Menschen gebe, „die möglicherweise eine andere Meinung über Herrn Modi haben als ich, und das ist ihr gutes Recht, und ich werde mich dennoch für sie einsetzen, denn meine Verantwortung ihnen gegenüber als New Yorkern besteht darin, für ihre Sicherheit zu sorgen und sicherzustellen, dass sie sich diese Stadt leisten können”.
Der normalerweise scharfsinnige Mamdani schien seine Koalition auf eine Weise zu erweitern, die seine internationalistischen Verpflichtungen, die einst die Grundlage seiner Politik bildeten, zu verwässern drohte.
Wenn es sein Ziel war, diejenigen zu verteidigen, die von Strukturen rassistischer und wirtschaftlicher Unterdrückung betroffen sind, musste man sich fragen: Wo liegen die Grenzen dieses Schutzes? Würden antisemitische weisse Nationalisten ebenfalls unter seinem rhetorischen Dach willkommen sein? Wenn nicht, warum sollten dann hinduistische Nationalisten oder Zionisten willkommen sein?
Als jemand, der an seiner Hochschule eine SJP-Gruppe gegründet hatte, an zahlreichen Kundgebungen für Palästina teilgenommen hatte und auch Anti-Hindutva-Proteste in New York City unterstützte, fragten sich einige, wie er dann gerade den Zionisten und Hindu-Nationalisten entgegenkommen konnte, die für die Stärkung der innenpolitischen Unterstützung für ethnonationalistische Regime im Ausland verantwortlich waren.
Und diese Frage beschäftigt mich seit Monaten.
Als Mamdani Anfang dieses Jahres an einer interreligiösen Eid-Feier im indischen Konsulat in New York teilnahm, bat ich ihn um eine Erklärung, warum er zu einer Eid-Veranstaltung der indischen Regierung gegangen war.
„Wir feiern den Geist des Eid mit Einheit, Dankbarkeit und Freude!“, verkündete das Konsulat stolz auf seinen Social-Media-Plattformen.
Ich fragte ihn, ob er an einer Eid-Veranstaltung in der israelischen Botschaft in New York City teilnehmen würde, da ich wusste, wie die Israelis Muslime und Palästinenser behandelten.
Er antwortete nicht.
Mamdanis angeblicher Versuch, das amerikanische Imperium von der innenpolitischen Regierungsführung zu trennen, um eine breite Unterstützerbasis aufzubauen, ist nicht nur eine Leugnung der historischen Kräfte, die ihn zu diesem Moment erhoben haben, sondern auch eine Fehleinschätzung der Tatsache, dass lokale Brot-und-Butter-Themen untrennbar mit imperialen Angelegenheiten der USA verbunden sind.
Ahmed von Drum Beats sagt jedoch, dass Kritik proportional abgewogen werden muss.
„Gibt es andere wichtige Wahlkämpfe, in denen jemand eine schärfere Linie verfolgt und damit Erfolg gehabt hat? Die Antwort lautet nein“, fügte Ahmed hinzu.
Der erfahrene Organisator sagt, dass die islamfeindlichen Angriffe und Vorwürfe des Antisemitismus, denen Mamdani in der Vergangenheit ausgesetzt war, noch heftiger gewesen wären, wenn er sich geweigert hätte, einige Zugeständnisse zu machen. Mamdani war auch einer Flut von Angriffen seitens der hinduistischen Rechten ausgesetzt, weil er sich über Modi geäussert hatte oder weil er zuvor an Anti-Hindutva-Kundgebungen teilgenommen hatte.
Mamdani hat sich nicht von Palästina distanziert oder gesagt, dass er nicht mehr über den hinduistischen Nationalismus sprechen würde. Er hat lediglich seine Herangehensweise angepasst.
Der erste muslimische Bürgermeister von New York
Am 4. November 2025 wurde Mamdani zum neuen Bürgermeister von New York City gewählt.
Seine Wahl wurde in den gesamten USA, in Südasien und im Nahen Osten, in Uganda und Südafrika verfolgt.
Die Tatsache, dass ein Südasiate, Muslim und Einwanderer nur zwei Jahrzehnte nach den Ereignissen des 11. September, die zum sogenannten Krieg gegen den Terror geführt hatten, in dem weltweit fast eine Million Menschen ums Leben kamen – darunter viele Muslime –, New York City erobert hatte, war symbolträchtig.
War sein Sieg ein Riss im US-Imperium? Oder war dies ein klassischer Fall der anhaltenden Fähigkeit Amerikas, Dissens durch Inklusion zu neutralisieren – wobei diejenigen, die zunächst das System in Frage stellen, letztendlich dazu beitragen, es aufrechtzuerhalten?
Ein Hinweis darauf, was kommen könnte, fand sich in Mamdanis Siegesrede, in der er einen Abschnitt aus der Ansprache des ersten indischen Premierministers Jawaharlal Nehru zitierte, die dieser 1947 zu Beginn der Gründung Indiens gehalten hatte: „Es gibt nur selten Momente in der Geschichte, in denen wir aus dem Alten ins Neue eintreten, in denen ein Zeitalter endet und die lange unterdrückte Seele einer Nation zum Ausdruck kommt. Heute Abend sind wir aus dem Alten ins Neue eingetreten“, sagte Mamdani.
Aber hat Nehru Indien wirklich aus dem Alten ins Neue geführt?
Für diejenigen, die es wissen – darunter höchstwahrscheinlich auch Mamdani selbst –, war Nehru ein Brahmane der oberen Kaste, der eine Struktur beaufsichtigte, die keine echte Entkolonialisierung brachte und viele Funktionen des Kolonialapparats fortsetzte – nur dass diesmal ein Mann mit brauner Hautfarbe das Sagen hatte.
Er besetzte Kaschmir, annektierte gewaltsam Hyderabad, unterband Selbstbestimmungsbewegungen im Nordosten und unterwarf Volksbewegungen im ganzen Land im Namen der Modernität.
Indem er sich auf Nehru bezog, schien Mamdani jede Aussicht auf echte Veränderungen in NYC zu verleugnen. Er schien eine Fassade des Wandels zu bieten.
Und tatsächlich ist Mamdanis Sieg nicht das erste historische Ereignis in der US-Politik. Rashida Tlaib, AOC, Ilhan Omar und vor ihnen Obama wurden als transformativ gefeiert.
Auch sie wurden von Fans, Anhängern und unabhängigen Medien vergöttert. Auch sie mussten in unterschiedlichem Masse nach der Pfeife der US-Aussenpolitik oder des demokratischen Establishments tanzen.
Und es ist nicht so, als würden die Anzeichen unbemerkt bleiben.
„Seine Kehrtwende in seiner pro-palästinensischen Haltung hat mich enttäuscht. Ich bin mir der politischen Zwänge in New York bewusst, wo selbst minimale Solidarität mit Palästinensern heftige Gegenreaktionen und gewalttätige Drohungen nach sich zieht, aber ich wünschte, er wäre standhaft geblieben“, sagte mir Cassandra, eine 21-jährige Studentin aus New York City, die nur mit ihrem Vornamen genannt werden wollte.
„Der Völkermord an den Palästinensern hat sich nur noch verschlimmert, und es ist entscheidend, dass sich die palästinensischen Gemeinschaften in New York gesehen, unterstützt und sicher fühlen“, sagte sie und fügte hinzu, dass sie Mamdani aufgrund seiner konsequenten Haltung zur Verbesserung des Lebensstandards in der Stadt gewählt habe.
Cassandra sagte, ihre Familie habe Lebensmittelhilfe erhalten, und während der Stilllegung der Bundesbehörden hätten die Verzögerungen Auswirkungen auf das Wohlergehen des Haushalts gehabt.
Mamdanis Versprechen hätten das Potenzial gehabt, ihr Leben zu verändern.
Auch eine andere studentische Unterstützerin Mamdanis, die 20-jährige Alina, die ebenfalls nur mit ihrem Vornamen genannt werden wollte, sagte mir, dass auch sie mit seinem Rückzieher unzufrieden sei.
„Ich weiss nicht, ob es an den ungeheuerlichen islamfeindlichen Kampagnen liegt, die gegen ihn gestartet wurden, aber ich wünschte, er wäre einfach bei seiner ursprünglichen Haltung geblieben. Damit hätte er eine noch stärkere Botschaft vermittelt.“
„Aber er wird auch von uns zur Rechenschaft gezogen werden“, fügte sie hinzu.
Doch darin liegt ein weiteres Dilemma. Es ist unklar, wie Mamdani zur Rechenschaft gezogen werden könnte und gegenüber wem.
Trotz aller Vorwürfe, er sei Kommunist oder Radikaler, ist Mamdani ein demokratischer Sozialist – wobei der Schwerpunkt darauf liegt, dass die Regierung mehr Kontrolle über wichtige wirtschaftliche Hebel wie Verkehr, Energie oder Gesundheit übernimmt, was der Öffentlichkeit und nicht den Unternehmen zugute kommt.
Die Idee ist, eine integrativere Wirtschaftsordnung aufzubauen, nicht unbedingt sie zu transformieren.
Obwohl er die Unterstützung von Organisationen wie der Working Families Party und den Democratic Socialists of America hatte, kandidierte er letztendlich auf seiner eigenen Plattform und nicht als Vertreter einer disziplinierten Mitgliederorganisation.
Bislang gibt es keine Organisationsstruktur, die in der Lage wäre, kollektive Prioritäten zu setzen oder ihn an ein gemeinsames Programm zu binden.
Praktisch gesehen gibt es keine bildungspolitische oder politische Grundlage für die Bewegung, die ihn bekannt gemacht hat: keine Kaderentwicklung, keine Massenversammlungen, keinen Mechanismus zur Abberufung.
Stattdessen gibt es eine Konstellation aus Netzwerken, die von Tür zu Tür gehen, viralen Strömungen in den sozialen Medien und einem Gefühl der gemeinsamen Identität.
Für viele ist er der junge Mann, der über Palästina spricht, Wärme ausstrahlt und so aussieht wie die Menschen, die er zu vertreten vorgibt.
Aber ohne eine demokratische Organisation, der er in sinnvoller Weise Rechenschaft schuldig ist – eine Organisation, die gemeinsam Politik gestalten und darauf bestehen kann, dass ihre Vertreter dem Horizont der Bewegung treu bleiben –, stehen Mamdani oder, genauer gesagt, die Menschen, die für ihn gestimmt haben, vor einer grossen Herausforderung.
Die Koalitionen, die ihm zur Macht verholfen haben, sind nun seinem Gewissen und den politischen Kalkülen des Rathauses ausgeliefert. Die Organisatoren geben offen zu, dass sie noch immer versuchen, eine Lösung für dieses Problem zu finden.
Wurden die New Yorker also durch eine ausgefeilte, raffinierte Wahlkampagne getäuscht?
Nicht ganz, sagt Nazia Kazi, Professorin für Anthropologie an der Stockton University, die seit den Ereignissen vom 11. September 2001 ausführlich über Muslime in den USA geschrieben hat.
Sie sagte mir, das Problem sei vielmehr, dass „Amerikaner nicht gelernt haben, kluge Fragen zu stellen”.
Kazi verweist auf Mamdanis Einstellung von Lerner, dem ehemaligen Direktor des Democratic National Convention (DNC), als seinen Kommunikationsvorsitzenden als Beispiel für eine Entwicklung, die von seinen Anhängern nicht ausreichend hinterfragt wurde.
„Vor etwas mehr als einem Jahr war der DNC Schauplatz von Delegierten, die sich die Ohren zuhielten, als Demonstranten die Namen von Kindern vorlasen, die durch von den Demokraten gelieferte Bomben in Gaza getötet worden waren.
Was bedeutet es, wenn Mamdani sagt, er möchte weiterhin mit Jessica Tisch [der New Yorker Polizeikommissarin] zusammenarbeiten, die die Razzien an der Columbia University geleitet hat und eine ausgesprochene Unterstützerin Israels ist?
Und was bedeutet es vor allem, dass Menschen, die diese aktuellen und pragmatischen Fragen stellen, kurzerhand abgewiesen und beschuldigt werden, eine Bewegung behindern zu wollen, anstatt sie voranzutreiben?“, fragte Kazi rhetorisch.
Es ist unklar, wie Mamdani reagieren würde, wenn sich eine Massenmobilisierung gegen seine Regierung richten würde – insbesondere angesichts seiner erklärten Verpflichtung, seine Regierung eher nach fachlicher Kompetenz als nach ideologischer Ausrichtung zu besetzen.
„Es ist nicht nur so, dass die herrschende Klasse einen Hauch von Kritik oder Dissens zulässt, sondern dass dieser Hauch dann eine ganz reale Funktion erfüllt, nämlich die politische Energie der Menschen zu zähmen und in den Orbit des Zweiparteiensystems umzulenken“, fügte Kazi hinzu.
Ahmed von Drum Beats ist jedoch weiterhin hoffnungsvoll, räumte jedoch ein, dass in diesem Moment ein sorgfältiges Gleichgewicht zwischen externem Druck und interner Regierungsführung erforderlich sei.
Die Organisatoren der Stadt, die sich für die Wahlkampagne engagiert haben, und auch die Wähler bleiben hoffnungsvoll, dass Mamdani sich weiterhin für das Projekt einsetzen wird, das ihn ins Amt gebracht hat – aber in einem Vakuum organisatorischer Rechenschaftspflicht dürfte es schwierig sein, der Anziehungskraft individueller Berühmtheit zu widerstehen.
Das hat Politiker, die erfahrener sind als er, verändert.
„Wenn Mamdani kostenlose Busse und bezahlbare Kinderbetreuung nach New York bringen kann – grossartig. Dies erfordert eine organisierte, kontinuierliche Massenmobilisierung in einer Stadt, die den Diktaten des Kapitals unterworfen ist. Aber man kann die Menschen nicht verteufeln, die sich daran erinnern, wie schnell Medicare for All von der Bernie-Clique aufgegeben wurde oder wie Obama – der übrigens wegen seines harten Vorgehens gegen Migranten den Spitznamen „Deporter-in-Chief“ erhielt – ebenfalls versprochen hatte, Guantanamo zu schliessen und Community Colleges kostenlos zu machen“, sagte Kazi.
Und in Amerika, wo der Wunsch nach einem Retter so oft im Vordergrund steht, kann das Rampenlicht selbst die prinzipientreuesten Absichten verschlingen und die Bewegung zahnlos machen, beruhigt durch Stimmungen statt durch Strukturen, die in der Lage sind, sich der Macht zu stellen.
Die vor uns liegende Aufgabe liegt also nicht nur bei Mamdani allein, sondern bei denen, die ihre Hoffnungen auf ihn gesetzt haben.
Übersetzung des Artikels von The Register
Früher war Microsofts Qualitätskontrolle legendär. Heute ist sie eine Legende der falschen Art.
Ich habe die Angewohnheit, die verschiedenen selbstverschuldeten Pannen von Microsoft ironisch als Beispiele für den „legendären Ansatz des Unternehmens in Sachen Qualitätskontrolle” zu bezeichnen. Während die Robustheit von Windows NT in den vergangenen Jahrzehnten als „legendär” bezeichnet werden könnte, würde wohl jeder, der in den letzten Jahren die Produkte des Unternehmens nutzen musste, mit dem Begriff „Qualität” hadern.
Wie die wiederholten Ausfälle von Azure aufgrund von Konfigurationsfehlern gezeigt haben, ist „Kontrolle” heutzutage vielleicht auch unangemessen.
Es ist schwierig, genau zu sagen, wo es bei Microsoft in Bezug auf die Qualität schiefgelaufen ist. Im Jahr 2014 entschied das Unternehmen, dass es auf viele seiner Tester verzichten könne. Mary Jo Foley berichtete, dass „ein grosser Teil” entlassen wurde. Microsoft musste sich nicht mehr mit traditionellen Methoden zum Testen von Code beschäftigen. Waterfall war out. Agile war in.
Die Folgen waren kaum zu vermeiden. Da war das berüchtigte Windows 10 Update Of The Damned (auch bekannt als Windows 10 October 2018 Update), das Dateien löschte, und obwohl Microsoft danach die Veröffentlichungsfrequenz verlangsamte, scheint sich die Qualität nicht verbessert zu haben. Alle paar Wochen wird die „legendäre Herangehensweise des Unternehmens an die Qualitätskontrolle” deutlich, sei es durch selbstverschuldete Probleme mit einem Update oder, schlimmer noch, durch den Zusammenbruch der Cloud des Unternehmens aufgrund einer fehlerhaften Konfigurationsänderung.
Während für Ersteres noch Verständnis aufgebracht werden kann – das Windows-Ökosystem besteht aus Hunderten von Millionen von Geräten, und einige Probleme sind unvermeidlich (auch wenn andere unverzeihlich sind) –, gilt dies nicht für Letzteres. Sicher, Azure ist riesig, aber für Microsoft sollte es eine bekannte Grösse sein. Daher ist die wiederholte Einführung von Änderungen in der Produktion, die dazu führen, dass Kunden nicht mehr funktionsfähige Dienste erhalten, mehr als nur eine fragwürdige Qualitätskontrolle; sie stellt die Kompetenz des Unternehmens in Frage.
Wie das Sprichwort sagt: „Wer mich einmal täuscht, dem sei vergeben. Täusche mich immer wieder ... nun, dann bin ich wohl ein Microsoft-Kunde.“
Vielleicht ist es also an der Zeit, den Ausdruck „legendärer Ansatz zur Qualitätskontrolle“ in den Ruhestand zu schicken und durch etwas zu ersetzen, das der Situation besser entspricht?
Hier kommen die Leser von The Register ins Spiel, insbesondere diejenigen, die die Spässe von Redmond am eigenen Leib zu spüren bekommen haben.
Wie würden Sie die Qualität der aktuellen Microsoft-Produkte und den Umfang der Tests beschreiben, die vor der Veröffentlichung der neuesten Version durchgeführt wurden?
Leider könnte das Wort „pisspoor“ das internationale Publikum verwirren, und unanständige Wörter könnten Firewall-Filter auslösen.
Aber die Dinge scheinen sich über den „legendären Ansatz zur Qualitätskontrolle“ hinaus entwickelt zu haben. ®
Übersetzung des Artikels von Richard Murphy
Veröffentlicht am 11. November 2025
Es war reiner Zufall, dass ich gestern ein Video über die Medien und ihre Berichterstattung veröffentlicht habe. Es wurde aufgenommen, bevor ich in den Urlaub gefahren bin. Ich hielt es für ein Thema, das es wert war, angesprochen zu werden. Aber ich hatte keine Ahnung, dass es gestern bei der BBC zu einem Streit kommen würde. Manchmal funktioniert Zufall einfach.
Ich war jedoch an den Reaktionen auf die von uns veröffentlichten Umfragen interessiert. Diese sind im Hinblick auf die Diskussion über die Berichterstattung von BBC News von Bedeutung. Dies war das Ergebnis auf diesem Blog bzw. auf Youtube:
| Bist du zufrieden mit dem Nachrichteninhalt, den du vom Fernsehen oder den Mainstream-Medien erhältst: | Umfrage im Blog |
Umfrage Youtube |
| Nein - er ignoriert, was wirklich wichtig ist | 46% |
32% |
| Ich habe ganz aufgehört zu schauen | 45% |
52% |
| Manchmal - aber er konzentriert sich zu sehr auf Persönlichkeiten | 8% |
11% |
| Ja - er hält mich informiert | 1% |
4% |
| Total Stimmen | 428 |
6195 |
Die allgemeine Botschaft ist dieselbe: Informierte und interessierte Menschen haben die Mainstream-Medien als Nachrichtenquelle aufgegeben, da sie wissen, dass deren Berichterstattung voreingenommen ist.
Das sollte uns sehr beunruhigen: Kein Wunder, dass die extreme Rechte diejenigen manipulieren kann, die nicht so kritisch sind.
Und der Punkt ist klar: Wir brauchen wieder zuverlässige Medien. Sie sind das Fundament der Demokratie, und dieses Fundament wurde absichtlich untergraben.
Hinweis: Richard Murphy schreibt aus britischer Sicht auf die BBC.
Übersetzung des Artikels von Richard Murphy
Gestern wurde berichtet, dass sich die BBC in einer Krise befinde.
Das ist nicht der Fall. Es ist möglich, dass einige Fehler gemacht wurden. Und jede Organisation macht gelegentlich Fehler. Das gilt auch für jeden Menschen. Dass die BBC Fehler gemacht hat, ist also keine Neuigkeit. Es ist auch kein Skandal. Zu solchen Themen wird es immer Meinungsverschiedenheiten geben. Wenn etwas schiefgeht, sollte man sich auf jeden Fall entschuldigen. Aber in einer grossen Organisation passieren solche Dinge nun einmal.
Und wenn die BBC einen Fehler gemacht hat, dann darin, dass sie nicht deutlich gemacht hat, dass es sich um einen Ausschnitt aus einer Sendung handelte. Die Botschaft war meiner Meinung nach nicht falsch. Der Fehler war also nicht schwerwiegend.
Und hat Trump eine Chance, eine Verleumdungsklage zu gewinnen, geschweige denn eine in Höhe von 1 Milliarde Dollar? Meiner Meinung nach überhaupt nicht.
Inzwischen sind einige Leute gegangen und haben die Schuld auf sich genommen. Ich vermute, sie haben genug von der rechtsextremen, erzkonservativen Kampagne, die offenbar von BBC-Vorstandsmitglied und Tory Robbie Gibb angeführt wird und darauf abzielt, die Unparteilichkeit der BBC zu beenden und durch eine rechte Voreingenommenheit zu ersetzen, die offenbar zu gewinnen scheint. Von Mitgliedern dieser Kampagne könnten die Lecks stammen, die die BBC jetzt in Verlegenheit bringen, denn sie müssen ja von irgendwoher kommen. Ich mache denjenigen, die gekündigt haben, keine Vorwürfe, aber mit ihrem Weggang sollte es vorbei sein.
Das wird es aber nicht, denn dieser Streit hat nichts mit dem zu tun, was angeblich passiert ist. Was stattdessen passiert, ist, dass die Reichen und Mächtigen, die die BBC als Herausforderung für ihre Kontrolle über die Medien hassen und die fast ausnahmslos die rechtsextremen Parteien sowohl hier als auch in den USA unterstützen, diese Situation ausnutzen, um wie immer Hass gegen eine staatliche Institution zu schüren.
Ich bin kein Fan von BBC News. Der Sender ist schrecklich voreingenommen gegenüber der Linken, den Gewerkschaften, einfachen Menschen, den Menschen in Gaza, Juden, die Netanjahu nicht unterstützen, der schottischen Unabhängigkeitsbewegung und vielen anderen. Seine Unterstützung für den Aufstieg der extremen Rechten in Grossbritannien ist verwerflich. Es ist absurd, etwas anderes zu behaupten. Die Beweise sind erdrückend. Aber bevor sich jemand aus dem linken Lager dafür ausspricht, dass die BBC abgeschafft werden sollte, sollte man sich gut überlegen, was man da fordert.
Es gibt berechtigte Fragen zum Einfluss einiger Gruppen auf die BBC.
Es gibt Gründe zu argumentieren, dass ihre Vorstellung von Unparteilichkeit, die oft darin besteht, Menschen mit extremen Ansichten eine Plattform zu bieten, absurd und von Natur aus voreingenommen ist und sogar ihrer Glaubwürdigkeit schadet. Aber es besteht kein Zweifel daran, dass diejenigen, die die Abschaffung der BBC fordern, rechtsextreme Neigungen haben und etwas im Stil von GB News (wie von Gibb empfohlen) als Ersatz wünschen.
Argumentieren Sie also auf jeden Fall für eine Reform der BBC. Aber bitte argumentieren Sie nicht dafür, dass sie abgeschafft werden sollte. Das würde der extremen Rechten genau das geben, was sie will, nämlich das Ende jeder Chance auf verantwortungsvolle Medien.
***
Kommentar: Dieser Artikel kann sinngemäss auf die Schweiz und das SRF angewendet werden: es sind die Rechten bzw. die Mächtigen, denen das SRF zu links und zu einschränkend auf ihr Tun ist. Sie wollen das SRF abschaffen - mit dramatischen Folgen gegen die Demokratie und für den Faschismus.
«Fast die Hälfte der Schweizer:innen (46,4 %; +0,7 Prozentpunkte, PP) zählt 2025 zu den «News-Deprivierten» – also jenen, die selten oder kaum journalistische Nachrichten konsumieren», schreibt das «Forschungszentrum Öffentlichkeit und Gesellschaft» (fög) der Universität Zürich in den Hauptbefunden des soeben erschienenen Jahrbuchs 2025 zur Qualität der Medien. Aus dieser Formulierung geht nicht genau hervor, wer weshalb „depriviert“ ist – sich den Nachrichten entzieht. Dieser Frage geht der Autor Heinrich Anker im folgenden Essay nach. Er war zunächst Redaktions-Azubi und einige Jahre Journalist an einer mittelgrossen Tageszeitung, sodann 20 Jahre lang Radiopublikumsforscher und Programmentwickler bei der SRG (von 1989 bis 1997 an der Generaldirektion SRG, von 1997 bis 2008 an der Direktion von Schweizer Radio DRS).
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Jeffrey Epstein used his political network and financial resources to help broker a security cooperation agreement between the governments of Israel and Mongolia, according to a trove of leaked emails from former Israeli Prime Minister Ehud Barak. This new set of emails between Barak and Epstein has largely been ignored by the mainstream press, but includes crucial new context on Epstein’s operation.
It’s well known that Epstein had personal ties to Israel, including to senior political officials like Barak and Ehud Olmert, and that he donated to organizations like Friends of the IDF.ButEpstein’s activities in Mongolia show, for the first time, that he facilitated a deal that led to a security agreement between Israel and other nations.
The leaked emails were released by Handala, a pro-Palestinian hacking group with speculated ties to Iran. The documents were posted by Distributed Denial of Secrets, a non-profit whistleblower and file-sharing website. Although the emails lack cryptographic signatures, they contain a vast amount of unpublished private photographs and documents from Barak and his inner circle, including information that was not publicly known at the time. (More on the verification at the bottom of this article.)
Messages spanning from 2013 to 2016 show intimate, oftentimes daily correspondence between Barak and Epstein. Their conversations address political and business strategy as Epstein coordinated meetings for Barak with other members of his elite circles. In 2008, Epstein pled guilty to charges of “procuring a minor for prostitution”; Barak has denied knowledge of Epstein’s sex trafficking and abuse of minors.
This article is the first in a series that will explore Epstein’s work on behalf of Israeli military interests, particularly as it relates to his role in the development of Israel’s cyber warfare industry.
The rise of Israel’s cyber surveillance and weapons industry has been one of the most significant geopolitical developments of the past two decades, making sophisticated hacking tools available as “turnkey” packages to police and military around the world. The spread of “zero-click” exploits that require no interaction from targets, coupled with the proliferation of web-connected devices in homes, offices, and manufacturing facilities, has transformed what is possible for spy agencies and those in their orbit.
In the shadows of Israel’s cyber boom was Jeffrey Epstein, who exploited his network of political and financial elites to help Barak, and ultimately the Israeli government itself, to increase the penetration of Israel’s spy-tech firms into foreign countries. Epstein actively supported the Israeli intelligence industry via venture capital investments and contributions to charitable organizations – “non-governmental” entities that laid the foundation for official Israeli security deal-making. The story of Israel’s 2017 security agreement with Mongolia is a window into the true nature and scope of Epstein’s operation.
Hacked emails show how Jeffrey Epstein and former Israeli Prime Minister Ehud Barak tried to engineer a Russian-led solution to remove Bashar al-Assad.
Jeffrey Epstein facilitated efforts to open a backchannel between Israel and the Kremlin during the Syrian civil war, according to leaked emails from former Israeli Prime Minister Ehud Barak.
The trove of emails, exchanged at the height of the Syrian civil war between 2013 and 2016, reveal Epstein’s successful efforts to secure a private meeting between Barak and Russian President Vladimir Putin to discuss a Russian-brokered end to the conflict, including winning Russian support for a negotiated removal of Syrian President Bashar al-Assad.
Epstein was an invaluable resource for Israel’s former prime minister, who also served as head of intelligence and defense minister throughout his career, sharing whispers from within Russian elite circles and intel on Putin’s interlocutors in Europe and the U.S—and even advising him on how to engage with the Mossad. Barak, fresh out of his role as Israeli defense minister, built a deep portfolio of investments and business relationships around the world with Epstein’s help.
On February 21, 2014, Epstein wrote to Barak, “with civil unrest exploding in ukraine syria, somolia [sic], libya, and the desperation of those in power, isn’t this perfect for you.” Barak replied: “You’re right [in] a way. But not simple to transform it into a cash flow. A subject for Saturday.”
These efforts also provided cover for covert diplomacy on behalf of the Israeli government. Together, Barak and Epstein sought to pressure the Obama administration to either intervene directly in the Syrian war, or make concessions to the Kremlin in exchange for Assad’s graceful exit. In their exchanges, Epstein expressed his frustration at the Obama administration’s failures to contain Tehran, as the two men searched for opportunities to promote U.S. strikes on Iran.
Despite securing a sit-down with Putin in the summer of 2013, they did not succeed in convincing Russia to support Assad’s ouster, but their negotiations set the stage for U.S.-Russia cooperation on disarmament of Syria’s chemical weapons arsenal a few months later.
Michael Oren, former Israeli ambassador to the U.S., wrote in his memoir that Israel’s diplomatic leadership was told to “avoid being perceived as a player” in Syria. Clandestine actors sought to shape agendas in Moscow and Washington, while Israeli officials denied involvement and used the media to legitimize “red lines” for air strikes inside Syria.
After their failed attempt to remove Assad, Barak and Epstein sought to leverage the Russian channel again in 2015, as Barak pushed for U.S. strikes on Iran and rejected Obama’s nuclear deal framework. Barak failed to convince the Obama administration to change course. The plot, nevertheless, illustrated Epstein’s knack for steering the superpowers toward Israel’s interests by leveraging a social network that intersected the Israeli, American, and Russian intelligence communities.
The leaked emails come from the same archive previously reported by Drop Site—materials released by the hackers known as Handala and disseminated by Distributed Denial of Secrets. The emails include extensive, previously unpublished documents and photographs from Barak’s inner circle including non-public information verified as accurate by Drop Site. Many documents from the Handala hack were independently validated by records released by the U.S. House Oversight Committee this month.
Our ongoing series reveals how Epstein used elite networks and quasi-official institutions to promote Israeli security interests and enrich his circle of friends and companions. This story follows the same pattern, with the highest of stakes: a chaotic war on Israel’s ever-expanding border, and the balance of power between the United States and Russia.
Barak did not respond to a request for comment. Epstein died in jail in New York during the first Trump administration. The news outlet The (b)(7)(D) previously reported on some of the correspondence.
Leaked emails show the details behind talks between Cote d’Ivoire and Israel shepherded by Ehud Barak and Jeffrey Epstein
Jeffrey Epstein and Ehud Barak were specialists in war profiteering. At the end of his tenure as Israel’s defense minister and after his supposed “retirement,” Barak embraced a role as a salesman of Israeli security services to embattled governments, opening the door for Israeli intelligence leaders to shape the security apparatuses of several African nations, including the country of Côte d’Ivoire.
Quietly facilitating these efforts was Jeffrey Epstein, who died in jail in 2019. Epstein wrote at one point to Barak: “with civil unrest exploding [...] and the desperation of those in power, isn’t this perfect for you.” Barak replied:, “You’re right [in] a way. But not simple to transform it into a cash flow.” Transforming unrest into cash flow, in the case of Côte d’Ivoire, involved brokering deals between the Israeli state and the embattled West African nation.
New details about Epstein’s role in Israeli intelligence operations in Africa have emerged from two sets of documents: an archive of leaked emails released by the Handala hacking group and hosted by non-profit whistleblower site Distributed Denial of Secrets and documents released by the U.S. House Oversight Committee last month. The latter set includes Epstein’s personal emails and appointment calendars, which provide clear evidence of Epstein’s involvement in Israel’s West African security negotiations in 2012, while Barak was still Israel’s Defense Minister.
The two men worked together as a conduit for Israel’s intelligence sector in Côte d’Ivoire, where Barak was welcomed as a representative of the Israeli government even after leaving public office. Epstein helped Barak deliver a proposal for mass surveillance of Ivorian phone and internet communications, crafted by former Israeli intelligence officials.
As in Mongolia, Epstein and Barak’s private deal-making evolved seamlessly into an official security agreement between Israel and Côte d’Ivoire in 2014. Since the agreement was signed, over a decade ago, President Alassane Ouattara has tightened his grip on power, banning public demonstrations and arresting peaceful protestors. In this October’s election, the octogenarian won a fourth term, in defiance of constitutional term limits, while opposition candidates were barred from participation.
Today, Ouattara continues to enjoy the support of Israeli security firms to help him maintain power. His Israeli-backed police state has squashed civic organizations and silenced critics. In the wake of the recent election, exiled activist Boga Sako Gervais denounced Ouattara’s authoritarian slide: “Under Ouattara, since 2011, freedoms of opinion, thought, and expression have been criminalized,” he said. “It has become forbidden to criticize the head of state.”
The story of Israel’s security agreement with Côte d’Ivoire is only one chapter in the saga of Epstein and Barak’s covert activities in Africa—it is reported here as the next entry in an ongoing series on Epstein’s ties to Israel’s intelligence.
Leaked emails show Epstein working on a wire transfer to Ehud Barak's top aide, Yoni Koren, who regularly stayed at his apartment.
With the looming end of the U.S. government shutdown amid a deal in the Senate, the House will soon be swearing in Adelita Grijalva to her rightful seat from Arizona, after a historic delay at the hands of Speaker Mike Johnson, taking direction from President Donald Trump, all aimed at blocking her from becoming the final signature needed to force a vote on releasing the Epstein files.
In mid-October, the House Oversight Committee released an interview with former U.S. prosecutor Alex Acosta, who told the panel that—contrary to widespread public reporting—he had never told Steve Bannon that Epstein “belonged to intelligence.” Acosta denied ever discussing Epstein with Bannon, and claimed to have “no knowledge as to whether he was or was not a member of the intelligence community.”
Yet, along with Acosta’s interview, the House panel also released a new cache of documents from Epstein’s estate containing direct evidence of Epstein’s links to Israeli intelligence: Epstein’s personal calendars reveal that a senior Israeli intelligence officer, with personal ties to former CIA Director Leon Panetta, lived at Epstein’s Manhattan apartment for multiple stretches between 2013 and 2016. When cross-referenced with emails leaked from the inbox of former Israeli Prime Minister Ehud Barak, a portrait emerges of Epstein at the nexus of high-ranking intelligence officials in both the U.S. and Israel.
This is the fourth piece in Drop Site’s ongoing series on Jeffrey Epstein’s role in brokering intelligence deals for Israel.
In the first, we exposed Epstein’s role in brokering a security agreement between Israel and Mongolia. In the second, we identified Epstein’s effort to set up a backchannel between Israel and Russia during the Syria civil war. In the third, we showed Epstein’s role as a key facilitator of a security agreement between Israel and the West African nation of Côte d’Ivoire.
Meanwhile, we’re left wondering why the rest of the media, which has demonstrated no lack of excitement when it comes to the saga of Jeffrey Epstein, has all of a sudden lost its reporting capacity, in the face of reams of publicly available newsworthy documents. A question for editors reading this newsletter: What are you doing?
From a place of competition, we’re glad the media are sitting on their collective hands and we’re proud to have broken this series of stories, which give us a glimpse of a world that is often hidden from public view. But it’s also a topic that would benefit from the collective attention of our national media. Here’s hoping some will join in.
Either way, we’ll continue the work, and are grateful for the support of readers who make it possible. If you haven’t yet upgraded your subscription, please consider doing so.
Lukas Bärfuss kritisiert die Schweizer Aussenpolitik: Das Land unterwerfe sich den USA. Löst er eine Debatte aus?
Was ist der Anlass? Vor zehn Jahren holte Bärfuss im Essay «Die Schweiz ist des Wahnsinns» in der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» zum Rundumschlag gegen die Schweizer Politik und Medien aus: Die Schweiz stehe wirtschaftlich und politisch am Abgrund. Das Echo in Feuilleton und Politik war gross. Nun, zehn Jahre später, hat «Die Zeit» den Schweizer Autor eingeladen, erneut einen kritischen Blick auf den Zustand der Schweiz zu werfen. Der Titel des neuen Essays: «Die Schweiz als Kolonie».
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Hinweis: Dies ist ein Artikel, der anschliesst an den Artikel vom 11.11.2025 "Seien Sie vorsichtig mit Ihren Forderungen, wenn es um die BBC geht"
Übersetzung des Artikels von Richard Murphy
Findet bei der BBC gerade ein Putsch statt? Wenn Journalisten für kleine Fehler bestraft werden, während diejenigen, die die Wahrheit sagen, zum Schweigen gebracht werden, ist das keine Rechenschaftspflicht – das ist Kontrolle. In diesem Video untersuche ich, wie die BBC zur Frontlinie einer Kampagne der extremen Rechten geworden ist, die darauf abzielt, die Wahrheit selbst zu zerstören, und warum dies für die Demokratie in Grossbritannien und darüber hinaus von Bedeutung ist.
Findet bei der BBC ein Putsch statt, wie viele ihrer Mitarbeiter diese Woche vermutet haben? Meine Antwort lautet natürlich: Ja, das tut es. Wenn Journalisten wegen kleiner Fehler gestürzt werden, während diejenigen, die für die Wahrheit verantwortlich sind, zum Schweigen gebracht werden, dann ist das keine Rechenschaftspflicht, sondern das Streben nach Kontrolle. Und dieses Streben nach Kontrolle ist kein Zufall. Er ist Teil eines umfassenderen, rechtsextremen Vorhabens, die Wahrheit selbst zu delegitimieren.
Wie der Historiker Tim Snyder in seinem Buch „On Tyranny“ sagte, ist die Wahrheit immer das erste Opfer des Autoritarismus. Faschismus beginnt nicht mit Gewalt, sondern mit Lügen. Um das zu erreichen, diskreditiert man zunächst die Institutionen, die für die Wahrheitsfindung zuständig sind: die Presse, die Wissenschaft und die Zivilgesellschaft. Schauen Sie sich die USA an: Genau das hat Trump getan, und jetzt wendet er sich gegen Grossbritannien.
Das Ziel ist es, Fakten durch Meinungen zu ersetzen und Meinungen durch Propaganda. Das Ziel ist einfach: Wenn niemand mehr an irgendetwas glaubt, kann die Macht alles sagen.
Wie Hannah Arendt, die bekannte Historikerin und Kommentatorin zum Faschismus, 1973 sagte: „In dem Moment, in dem wir keine freie Presse mehr haben, kann alles passieren. Ein Volk, das nichts mehr glauben kann, kann sich nicht mehr entscheiden. Und mit einem solchen Volk kann man dann machen, was man will.“ Und was sie damit meinte, ist keine Theorie. Es ist der Fahrplan jedes autoritären Regimes in der Geschichte, und deshalb wird die BBC ins Visier genommen.
Die BBC ist trotz all ihrer Fehler – und seien wir ehrlich, sie hat sie – nach wie vor eine der vertrauenswürdigsten Medienorganisationen der Welt. Dieses Vertrauen zu zerstören, ist das ultimative Ziel derer, die eine Welt ohne Rechenschaftspflicht wollen. Denn wenn die BBC versagt, wer ersetzt sie dann? Private Medienoligarchen wollen dies tun. Sie wollen Unternehmen die Kontrolle darüber geben, was wir hören. Sie wollen parteiische Echokammern schaffen. Und genau darum geht es: Sie wollen, dass die Wahrheit selbst privatisiert wird.
Und wer profitiert davon? Seien wir ehrlich: Bei diesem Angriff auf die BBC geht es nur um Geld und Macht. Wenn die Wahrheit instabil ist, werden die Reichen reicher und die Demokratie verkümmert. Die wirtschaftliche und politische Machtstruktur der Reichen profitiert am meisten von der Verwirrung, die dieser Angriff auf die BBC zu schaffen versucht, denn wenn sich die Öffentlichkeit nicht auf Fakten einigen kann, agiert die Elite unbemerkt im Schatten der Geheimhaltung, der Finanzen und der gekaperten Institutionen.
Und die Folge ist offensichtlich: Die Demokratie zerfällt. Wenn es in der öffentlichen Debatte an gemeinsamen Fakten mangelt, wird sie zu einem Schreiduell. Vernünftige Argumente brechen zusammen, Spektakel gewinnen. Wir beginnen, diejenigen zu wählen, die stark klingen, aber nicht diejenigen, die richtig klingen.
Dann vertieft sich die Ungleichheit. Die Reichen besitzen bereits die Presse; jetzt wollen sie auch die Plattformen, die Daten und die Botschaft selbst besitzen. Wenn die Wahrheit zusammenbricht, vervielfacht sich ihr Vorteil. Den normalen Bürgern bleibt dann nur noch Lärm und kein Wissen mehr.
Die Folge ist natürlich die Vereinnahmung des Staates. Der Staat selbst wird ausgehöhlt. Wenn man Daten oder Medien nicht trauen kann, wird einem gesagt, dass man auch der Regierung nicht trauen kann. Und genau das ist der springende Punkt dieses Prozesses, der durch den Angriff auf die BBC verdeutlicht wird. Wenn die Oligarchen einschreiten, angeblich um die Dinge effizient und gewinnbringend zu führen, wollen sie in Wirklichkeit den öffentlichen Dienst, der der Wahrheit dient, durch private Kontrolle ersetzen, um ihre Macht zu sichern.
Die Folge ist, dass Extremismus gedeiht. Natürlich versuchen sie, ein Vakuum zu füllen, das sie selbst geschaffen haben, und das Ergebnis wird sein, dass eine desorientierte Öffentlichkeit sich einfachen Antworten, Sündenböcken, Nostalgie und starken Männern zuwendet, und genau dort wächst der Faschismus, nicht aus Stärke, sondern aus Verzweiflung.
Was muss also dagegen unternommen werden?
Wir müssen die Frontlinie der Freiheit verteidigen, und das ist die Wahrheit. Aber im Moment wird sie von der BBC vertreten. Wir müssen die BBC verteidigen, weil sie das Prinzip der öffentlichen Wahrheit vertritt. Sie ist ein öffentlich-rechtlicher Sender, der letztlich dem Volk gegenüber rechenschaftspflichtig ist, und das ist für die Demokratie unerlässlich. Ohne sie treiben wir in den Nebel der Lügen.
Zweitens müssen wir die Medienwirtschaft reformieren. Die Wahrheit kann in Märkten, die Empörung belohnen, nicht überleben. Wir brauchen Regulierung, öffentliche Finanzierung und neue gemeinnützige Journalismusmodelle, um sicherzustellen, dass Genauigkeit und Rechenschaftspflicht nicht aus dem Markt gedrängt werden, was derzeit droht.
Drittens müssen wir die Wahrheitsfindung demokratisieren. Medienkompetenz sollte ein Bürgerrecht sein und kein Nischenfach. Wir als Bürger müssen lernen, Informationen zu hinterfragen, zu überprüfen und zu verstehen. Eine Demokratie, die nicht weiss, wie Wahrheit entsteht, wird keine Demokratie bleiben, und das erfordert, dass wir alle besonders relevante Fragen dazu stellen, was wir verstehen wollen.
Viertens müssen wir diese Wahrheit mit Gerechtigkeit verbinden. Fakten sind die Grundlage für faire Steuern, faire Märkte und eine faire Demokratie sowie natürlich für eine faire Regierung. Wenn die Wahrheit versagt, versagt auch die wirtschaftliche Gerechtigkeit. Deshalb ist die Medienreform Teil der Politik der Fürsorge und kein nachträglicher Einfall.
Und schliesslich müssen wir die politische Handlungsfähigkeit zurückgewinnen. Schliesslich handelt es sich hier um einen politischen Akt. Der Angriff auf die BBC kommt von einem Politiker ausserhalb Grossbritanniens, der ganz bewusst die Botschaft aussendet, dass er sie zerstören will. Wir müssen als Bürger, als Journalisten und Politiker gleichermassen handeln, um die Wahrheit als Teil des Kampfes für die Demokratie gegen jemanden zu verteidigen, der sich eindeutig zum Ziel gesetzt hat, die Demokratie zu zerstören, nicht nur in seinem eigenen Land, sondern weltweit. Und wenn unsere Politiker dies nicht verteidigen, dann müssen wir es tun; wir haben ein Recht darauf, zu wissen, und dieses Recht muss zurückerobert werden.
Der Angriff auf die Wahrheit ist das moderne Gesicht des Faschismus. Dieses Gesicht trägt Anzüge und keine Uniformen, es manipuliert Algorithmen und keine Armeen, aber sein Ziel ist dasselbe, nämlich mit Täuschung zu herrschen. Wir können Widerstand leisten, indem wir Vertrauen wiederaufbauen, die Wahrheit verteidigen und Rechenschaft einfordern. Und denken Sie daran: Wahrheit ist kein Luxus, sondern das Fundament der Demokratie selbst, und genau das steht auf dem Spiel, wenn die Zukunft der BBC in Frage gestellt wird.
Was denken Sie darüber? Sie haben meine Meinung gehört, jetzt würde ich gerne Ihre Meinung hören. Glauben Sie, dass die Existenz der BBC für die Zukunft der Demokratie in Grossbritannien von grundlegender Bedeutung ist? Glauben Sie, dass wir sie verteidigen müssen? Glauben Sie, dass wir alternative Medienformen in Grossbritannien fördern sollten, um die Macht der Medienkonzerne herauszufordern, die von wenigen kontrolliert werden und die Nachrichten, die wir erhalten, dominieren? Glauben Sie, dass wir einer faschistischen Bedrohung ausgesetzt sind, wenn wir dies nicht tun?
***
Kommentar: Der obige Artikel gilt analog für die Schweiz; auch in der Schweiz steht das Schweizer Radio und Fernsehen SRF von der Rechten unter Druck. Doch das SRF - wie die BBC - wird von der Öffentlichkeit finanziert und kontrolliert. Die SRF ist transparent und steht unter öffentlich-rechtlicher Finanzierung und Kontrolle. Sie ist bemüht um öffentlich-rechtliche Wahrheit. Es wurden und werden beim SRF - wie bei der BBC - Fehler gemacht. Doch der Staat und die Bevölkerung können auf das SRF Einfluss nehmen.
Wenn das SRF verschwindet und Private bzw. Medienoligarchen Nachrichten produzieren, dann ist dies das Ende von um Wahrheit bemühter Berichterstattung. Die Medienoligarchie ist einzig daran interessiert, ihre Eigeninteressen zu verfolgen und die Massen an der Nase herumzuführen, zu manipulieren, zu belügen. Der Weiterbestand des SRF als öffentlich-rechtliche und rechenschaftspflichtige Nachrichtenorganisation sichert die Demokratie. Die Abschaffung des SRF fördert den Autoritarismus, Totalitarismus, Faschismus.
Übersetzung des Artikels von Carole Cadwalladr
Ja, es ist eine Blase. Und ja, sie wird platzen.
Letzte Woche wurde „Broligarchy” zu einem der Wörter des Jahres im Collins Dictionary gekürt, also werde ich mein Glück versuchen und versuchen, zu benennen, was einige der klügsten Leute, die ich kenne, derzeit beobachten. Etwas, das ihrer Meinung nach eine systemische Bedrohung für die US-Wirtschaft und alles, was davon abhängt, darstellt.
Willkommen bei der grossen KI-Blase, einem metastasierten Tech-Tumor im Wert von Billionen Dollar, der so gross ist, dass er praktisch vom Weltraum aus sichtbar ist.
Wenn Sie noch nichts davon gehört haben, liegt das nicht daran, dass Sie nicht aufmerksam sind. Es liegt daran, dass die Medien Teil derselben mystischen Mischung aus Bullshit und Vibes sind, die das Ganze am Laufen hält, einer Kreislaufwirtschaft aus Zugangsjournalismus und technologischer Übertreibung, die etwas verdeckt, das in seinem Kern stinkt und verfault ist: OpenAI.
Ich werde noch darauf eingehen, warum ich denke, dass Bubble-Nomics auch ein Weg ist, einen der prägenden Skandale unserer Zeit zu verstehen – Jeffrey Epstein –, aber in dieser Geschichte geht es nicht nur um den möglichen Zusammenbruch der Weltwirtschaft. (Obwohl es darum geht.) Es ist auch eine Geschichte über Missbrauch. Auf der TED-Konferenz Anfang dieses Jahres stand ich auf der Bühne und bezeichnete Sam Altman als Datenvergewaltiger, und ich nehme nichts davon zurück.
Vor etwa 18 Monaten ging ich mit meinem Freund Roger McNamee, einem legendären Risikokapitalgeber aus dem Silicon Valley, der sich zu einem radikalen Tech-Gerechtigkeitsaktivisten gewandelt hat, zum Mittagessen und hörte ihm zu, wie er beiläufig Tech-Idolatrie betrieb. Damals dominierten die Schlagzeilen – wie auch heute noch – Artikel über Artikel, in denen behauptet wurde, dass generative KI eine Technologie sei, die die Struktur der Menschheit revolutionieren werde. Oder uns vielleicht sogar töten werde. Oder vielleicht beides. Aber das sind zwei Seiten derselben Medaille.
Roger glaubte jedoch nicht daran. Seiner Meinung nach war generative KI nur ein weiterer Hype-Zyklus des Silicon Valley. Eine weitere Kryptowährung. Ein weiteres Metaversum. Ein weiteres Web3. Ein weiteres bro-tastisches Verkaufsargument, das beispiellose Kapitalmengen anzieht, die niemals eine Rendite erzielen können; eine Erzählung, die von den üblichen Verdächtigen in Zusammenarbeit mit leichtgläubigen und mitschuldigen Medien mit quasi-religiösem Eifer aufgeblasen wurde.
Roger war der erste, von dem ich solche Dinge hörte, aber bei weitem nicht der letzte. In diesem Frühjahr traf ich Gary Marcus, einen KI-Wissenschaftler und weiteren scharfsinnigen Beobachter der Tech-Branche, dessen Ansichten zur generativen KI im Allgemeinen und zu OpenAI im Besonderen allmählich Aufmerksamkeit erregten. Um seine Ansichten grob zusammenzufassen: Der Kaiser hat keine Kleider an.
Und dann, vor fünf Wochen, gab es etwas, das sich wie ein Sprung in der Entwicklung anfühlte. Ich habe beobachtet, wie diese Ansichten von vereinzelten Stimmen am Rande zu Schlagzeilen in der Wirtschaftspresse wurden, und faszinierend ist, wie sie nun in den sozialen Medien an Bedeutung gewinnen, was vor allem auf einen brillanten Datenjournalismus zurückzuführen ist.
Diese von Bloomberg veröffentlichte Grafik verlieh der Geschichte ein einziges, unvergessliches Bild. Sie verwandelte die Undurchschaubarkeit der Weltwirtschaft in etwas, das sofort sichtbar und verständlich ist.
Denn wenn Sie wissen wollen, wie eine Blase aussieht, dann sieht sie so aus:

Die Grafik ist nicht ordnungsgemäss gekennzeichnet, daher kann ich nicht die richtige Person würdigen, aber der begleitende Artikel „OpenAI, Nvidia Fuel $1 Trillion AI Market With Web of Circular Deals” stammt von den beiden Journalisten Emily Forgash und Agnee Ghosh und beleuchtet sofort eine Kreislaufwirtschaft aus Krediten und Schulden, Schaum und Hype... die alle vollständig voneinander abhängig sind. Dieser Kaiser hat 1 Billion Dollar und nichts zum Anziehen.
Was wir sehen, ist ein geschlossener Teufelskreis, der untermauert wird durch ... nun ja, was genau? Das Versprechen einer weltverändernden Technologie, die, wie sollte es auch anders sein, noch nicht da ist und für die es keine wirklichen Anzeichen gibt, dass sie jemals kommen wird. Diese Unternehmen stehlen jedes bisschen Daten, das sie finden können, werfen Rechenleistung darauf, leeren unsere Grundwasserleiter und unsere nationalen Stromnetze, und alles, was wir bisher haben, ist eine Software, der man nicht trauen kann, dass sie nichts erfindet.
Was enorm hilfreich ist, um diese Geschichte zu verstehen, ist der stets unzuverlässige Sam Altman, dessen Auftritt diese Woche hier zusammengefasst ist:

Altman gab ein katastrophales Interview, das Sie sich am besten jetzt ansehen sollten, denn es wird in nicht allzu ferner Zukunft in einer Netflix-Dokumentation landen.
Es war kein schwieriges Interview. Es war ein Podcast unter Freunden, aber Altman hatte einen Zusammenbruch. Auf die Frage, wie ein Unternehmen 1,4 Billionen Dollar ausgeben kann, wenn sein Umsatz nur einen winzigen Bruchteil davon ausmacht, reagiert Altman mit einem Wutanfall: „Wenn Sie Ihre Aktien verkaufen wollen“, sagt er dem Interviewer, „suche ich Ihnen einen Käufer. Das reicht.“
Es ist im Allgemeinen keine gute Idee für CEOs, ihren Kunden zu sagen, sie sollen ihre Aktien verkaufen, auch wenn Betrüger so reden. Wenn Sie die Millionen Dollar, die ich für Sie auf dem Bankkonto eines nigerianischen Prinzen habe, nicht beanspruchen wollen, ist das Ihre Entscheidung, aber Sie sind derjenige, der diese Chance verpasst.
Ich habe Roger McNamee gebeten, eine Sprachnotiz aufzunehmen, um zu erklären, was gerade vor sich geht, und so beginnt er:
„Hallo Carole, die Blase um LLMs und KI ist wirklich beeindruckend. Ich bin seit 1982 im Investmentgeschäft tätig und habe noch nie etwas Vergleichbares gesehen.“
Er weist darauf hin, dass seit 2022 mehr Geld in Technologie investiert wurde – die oben erwähnten Billionen Dollar – als seiner Meinung nach jemals zuvor in Technologie investiert wurde, und schliesst mit den Worten:
„Es ist fast unvorstellbar, dass die Billionen Dollar eine angemessene Rendite erzielen werden, und so scheint es nur eine Frage der Zeit zu sein, bis das Ganze platzt. Ich glaube, dass das Spiel, das diese Leute spielen, sich von dem traditionellen Spiel an der Wall Street unterscheidet. Ich glaube, sie wissen, dass sie sich in einer Blase befinden, und ich glaube, es ist ihnen egal ...
Das Ganze ist verrückt, aber es kann weitergehen, weil man einfach nicht sagen kann, wann eine Blase platzen wird. Wenn es soweit ist, wird es meiner Meinung nach mit einem Knall enden.“
Hören Sie sich die Sprachnotiz hier an oder lesen Sie die vollständige Abschrift hier, wenn Sie lieber lesen möchten:
Ich habe Gary Marcus dieselbe Frage gestellt. Er hat eine Reihe von Vorhersagen über OpenAI gemacht, die sich bisher als richtig erwiesen haben, und glaubt, dass das derzeitige Modell, Unmengen von Daten an die Wand zu werfen, höchst unwahrscheinlich jemals zu AGI führen wird.
Ist generative KI eine Blase, fragte ich ihn? Und wenn ja, wird sie dann platzen?“ Seine Sprachnotiz finden Sie unten (und eine vollständige Abschrift hier), eine brillant prägnante einminütige Zusammenfassung, die folgenden Satz enthält:
„Ich muss immer an Wiley Coyote denken, der in den Roadrunner-Cartoons am Rand einer Klippe steht und erst fällt, wenn er nach unten schaut. Die Frage ist, wann werden die Leute nach unten schauen? Die Finanzen ergeben keinen Sinn, und ich glaube, sie fangen an, nach unten zu schauen.“
Bubble-Nomics [Anm.: "Blasenomie"]
Vielleicht ist es das alte Sprichwort, dass für einen Mann mit einem Hammer alles wie ein Nagel aussieht, aber als ich über all das nachdachte, war ich wie gebannt von den 23.000 Epstein-E-Mails, die diese Woche vom Ausschuss für Aufsicht und Regierungsreform des Repräsentantenhauses veröffentlicht wurden.
Vielleicht haben Sie Auszüge aus den E-Mails gesehen, aber es ist schon etwas Besonderes, die Datenbank zu öffnen, nach Stichwörtern zu suchen und einfach die Rohdokumente zu lesen. (Die Datenbank finden Sie hier, falls Sie selbst Spass daran haben möchten. Ich befand mich auf einem Transkontinentalflug, und vielleicht lag es an der dünnen Luft, aber irgendwann über der internationalen Datumsgrenze begannen meine Neuronen zu versagen. Beim Lesen der E-Mails überkommt einen ein Schauer: Eine mächtige Elite aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Medien hat sich mit einem Kinderschänder verschworen, um Kindesmissbrauch zu vertuschen.
War das nicht wieder einmal eine Kreislaufwirtschaft aus Geschäften und Gefälligkeiten und einer passiven und manchmal mitschuldigen Presse? Eine Blase der Straffreiheit, die nun endlich geplatzt ist?
Hätte ich auch nur ein Quäntchen künstlerisches Talent, würde ich diese Bloomberg-Grafik neu zeichnen, mit Trump und Epstein anstelle von OpenAI und Nvidia und einer Menge Pfeile, die zu Woody Allen und Peter Mandelson und Noam Chomsky und Steve Bannon und Michael Wolff führen. (Möchte das jemand versuchen??)
Es gibt zwar einige Überschneidungen, aber das wird Sie nicht überraschen. Peter Thiel war ein früher Investor in OpenAI und taucht in den E-Mails überall auf, wo er sich mit Epstein anfreundet. Allerdings nicht so oft wie Larry Summers. Der 70-jährige ehemalige US-Finanzminister und Ex-Präsident der Harvard University bittet Epstein um Rat, wie er mit seiner jungen Freundin umgehen soll, und tauscht sexistische Bemerkungen aus.
Er ist natürlich auch im Vorstand von OpenAI.

Und die Journalisten, oh Gott, die Journalisten. Das sind einige der schockierendsten Austausche von allen. Der Schriftsteller und Journalist Michael Wolff, der Epstein wiederholt dabei half, Strategien gegen negative Presseberichte zu entwickeln. Er taucht immer wieder auf und behauptet, dass dies alles Teil seiner Art sei, mit Quellen umzugehen, aber ehrlich gesagt wäre es nicht zu früh, wenn wir nie wieder etwas von ihm hören würden. Wenn Sie jemandem zu diesem Thema zuhören, dann sollte es Julie K. Brown sein, die hartnäckige Reporterin des Miami Herald, die so viel dazu beigetragen hat, Epstein zu entlarven: Es waren ihre Berichte, die er zu minimieren versuchte.
Und dann ist da noch dieser Typ von der New York Times.

Schliesslich...
Diese Woche hatte ich lebhafte Rückblenden auf die letzte Tech-Blase. Als junger Reporter beim Daily Telegraph hatte ich einen Platz in der ersten Reihe beim Dotcom-Boom und habe lebhafte Erinnerungen sowohl an dessen Höhepunkt als auch an seinen Zusammenbruch. In Grossbritannien war der Höhepunkt der Höhepunkt der Tag, an dem das Reise-Start-up Lastminute.com an die Börse ging, und das ganze Land wurde von der Euphorie mitgerissen, ebenso wie meine eigene Redaktion. Während die Zeitung Artikel darüber veröffentlichte, wie überzeichnet das Aktienangebot war, wie revolutionär die Technologie und wie hoch die Bewertung, beobachtete ich, wie mehrere Journalisten ihre Mittagspause damit verbrachten, verzweifelt zu versuchen, Aktien zu kaufen.
Einige Wochen später brach der Aktienkurs ein, als der gesamte Dotcom-Boom zusammenbrach. Die Medien waren nicht nur auf die Blase hereingefallen. Sie waren selbst die Blase. Und genau darüber habe ich diese Woche nachgedacht: über den Unterschied zwischen damals und heute und darüber, dass es zur Jahrtausendwende keine anderen Nachrichten- und Informationsquellen gab.
Heute gibt es Informationen überall. Und in einer Woche, in der Sam Altman es vermasselt hat und Epsteins Geheimnisse langsam ans Licht kommen, können diese alten, hermetisch abgeschotteten Systeme nicht mehr halten. In den kommenden Wochen und Monaten werden Sie dieses OpenAI-Diagramm überall sehen. Und wenn ein Absturz beginnt, könnte es schnell gehen. Und die Epstein-Blase? Die ist bereits geplatzt. Warum droht Trump wohl damit, die BBC zu verklagen? Es ist ein klassischer Köder, um Aufmerksamkeit zu erregen. Schauen Sie nicht dorthin ... schauen Sie hierher!
Trump ist auf der Flucht. Das Problem ist, dass wir alle seit dem Arabischen Frühling ein wenig klüger geworden sind, was die Idee angeht, dass Informationen uns befreien werden. Das Gegenteil von einem Mangel an Nachrichten und Informationen ist nicht Wahrheit oder Gerechtigkeit oder gar Transparenz, sondern Chaos.
Informationen fliessen über Plattformen, die denselben Männern gehören und von ihnen zu ihren Zwecken kontrolliert und manipuliert werden. Und Schocks für das System sind genau das, was die Katastrophenüberwachungskapitalisten wollen.
Wie auch immer ... Ich habe heute jemanden getroffen, der optimistische und inspirierende Ansichten darüber hat, wie wir die Kontrolle über diese Plattformen zurückgewinnen können (Audrey Tang, Taiwans Cyber-Botschafterin). Mehr dazu beim nächsten Mal. In der Zwischenzeit hier ein Bild von Griff, dem Collie-Mischling, der sich in der U-Bahn um seine Herde von Menschen kümmert.
Haltet durch.
***
Zusammenfassung des Videos vom 10.04.2025
Die Rednerin, Carole Cadwalladr, zerlegt in einer wütenden und persönlichen Anklage die zerstörerische Allianz zwischen Tech-Oligarchen (der "Broligarchie") und aufstrebenden Autokraten.
Ihre zentralen Thesen sind:
Cadwalladr untermauert ihre Anklage mit ihrer eigenen, existenziellen Erfahrung: Nach ihrem letzten TED-Talk wurde sie von der britischen Brexit-Elite mit einer ruinösen Verleumdungsklage (SLAPP) und einer Hetzkampagne überzogen, um sie zum Schweigen zu bringen. Ihr Überleben verdankt sie der Solidarität Tausender Unterstützer – ein Beweis, dass sich Widerstand lohnt.
Ihr Fazit ist ein Aufruf zum Kampf: Die Tech-Bosse sind keine Götter, sondern rücksichtslose Männer, die sich mit Tyrannen verbündet haben. Sie sind Kollaborateure eines Regimes der Angst. Die Entscheidung, ob man sich diesem Regime beugt oder Widerstand leistet, liegt bei jedem Einzelnen.
Transkript auf Deutsch:
"Ich habe vor diesem Vortrag grosse Angst und Panik verspürt. Nicht nur wegen des üblichen Lampenfiebers vor Publikum, obwohl das auch da ist. Sondern auch, weil ich etwas Bedeutungsvolles sagen möchte und weil ich von der Ungeheuerlichkeit der momentanen Ereignisse überwältigt bin.
Es gibt eine Reihe besonderer Umstände, die ebenfalls zu meiner Verwirrung und Ablehnung beitragen. Denn das letzte Mal, als ich auf dieser Bühne stand, kam es im Anschluss zu einem dreijährigen Rechtsstreit, der bis vor den Londoner High Court ging und bei dem ich das Gefühl hatte, um mein Leben zu kämpfen – und so war es auch. Meine Karriere, mein Ruf, meine Finanzen, sogar mein Zuhause standen auf dem Spiel. Und das, weil ich hierher gekommen war, um Sie zu warnen, dass die Demokratie die von Ihnen entwickelte Technologie wohl nicht überleben wird, so fantastisch sie auch sein mag.
Tatsächlich war ich die Person, die fast nicht überlebt hätte, und so ziemlich alles, wovor ich gewarnt habe, wird jetzt wahr. Ich kann es nicht beschönigen. Es ist ein ziemlicher Hirnfick. Hier aufzutreten weckt viele Gefühle. Ich vermute, TED geht es genauso. Aber gestern wurde mir endgültig klar, dass die Ablehnung und Verwirrung, die ich empfinde, vielleicht auch Sie empfinden. Ich fühlte mich sehr lange machtlos. Wenn es Ihnen genauso geht, verstehe ich das. Aber wir müssen jetzt handeln. Mein Alarmsystem schrillt wieder. Es gibt Dinge, die wir tun können.
Was mich betrifft, ich habe überlebt. Das werden Sie auch. Allerdings indem Sie lernen, sich zu wehren. Das ist mein Leitgedanke, und er muss zu Beginn einen Namen bekommen. Es ist ein Umsturz. Sie wollen das wohl nicht hören, besonders nicht hier, aber wenn wir es nicht sehen, können wir es nicht bekämpfen. Und um es zu sehen, müssen wir es benennen.
Der russische und der amerikanische Präsident sprechen nun dieselbe Sprache. Sie erzählen dieselben Lügen. Wir beobachten den Zusammenbruch der internationalen Ordnung in Echtzeit. Und das ist erst der Anfang. Umstürze sind wie Beton. Wenn sie sich nicht mehr bewegen, verfestigen sie sich. Es ist schon später, als wir denken.
Dieses Bild – einige von Ihnen hier kennen die Leute vielleicht. Ich nenne es Tech Bros in Geiselhaft. Es ist eine Botschaft an Sie. Das ist Putins Strategie. Er ermöglicht es einer Wirtschaftselite, im Austausch für absolute Loyalität unermessliche Reichtümer anzuhäufen. Manche nennen das Oligarchie, aber es ist grösser. Das sind globale Plattformen. Es ist die Broligarchie. [Tech Bros + Oligarchie = Broligarchie].
Es gibt eine Gleichschaltung der Interessen, die sich durch das Silicon Valley bis hin zu einer künftigen Autokratie zieht. Es ist eine Art Macht, die die Welt noch nie gesehen hat.
Es sind immer die Daten. Sie sind das Crack-Kokain des Silicon Valley. Als Erstes schickte Elon Musk seine Cyber-Truppen ins US-Finanzministerium, um Zugriff auf die Daten zu erhalten. Das ist kein Zufall. Das ist ein Hack. Diese Daten füttern jetzt KIs, die entscheiden, wer entlassen und wer ersetzt wird – pardon, um Betrug und Verschwendung zu verhindern. Als wir die Geschichte von Cambridge Analytica über das Abgreifen von 87 Millionen Facebook-Daten veröffentlichten, rasteten die Leute zu Recht aus. Doch das sind Peanuts im Vergleich zu dem hier. Aber es ist die Blaupause. Es sind immer die Daten. Deshalb ist es so wichtig, dass Sie über Ihre Privatsphäre nachdenken. Die Broligarchie will nicht, dass Sie eine haben.
Das ist das alte Hauptquartier der DDR-Geheimpolizei. Sie führte detaillierte Akten über fast jeden dritten Bürger. Das ist nichts im Vergleich zu dem, was Google über jeden einzelnen von uns hat, genauso wie Hunderte andere Unternehmen. Das gesamte Geschäftsmodell von Silicon Valley ist Überwachung. Sie sammeln unsere Daten, um uns Zeug zu verkaufen. Wir leben bereits in der Architektur des Totalitarismus.
Es war vielleicht nicht beabsichtigt, aber wir müssen jetzt so handeln, als ob wir in der DDR lebten und Instagram die Stasi ist. Die Politik ist der Kultur nachgeordnet. Das habe ich von jemandem gelernt, den ich für einen der grossen Philosophen unserer Zeit halte, Steve Bannon. Er hat es von jemandem geklaut. Aber es sind nicht die Politiker, die die Macht haben. Das weiss er. Deshalb ist er heute ein Podcast-Bro. Aber Kultur ist heute nur das, was als Nächstes auf dem Handy erscheint. Und das ist KI. Kultur ist jetzt KI. Vergessen Sie die Killer-Roboter. Wenn Sie wissen wollen, was die erste grosse KI-Apokalypse ist: Wir erleben sie bereits. Es ist der totale Informationskollaps. Und wenn Sie aus diesem Vortrag nur eines mitnehmen: Politik ist jetzt Technologie. Deshalb kann niemand in diesem Raum wegschauen. Deshalb hat man Ihre CEOs gefangen genommen und führt sie im Fernsehen wie Geiseln vor. Aber Sie, Sie haben die Wahl.
Also Trump: Er nennt die Presse Feinde des Volkes. Er weiss wahrscheinlich nicht einmal, dass er Stalin zitiert. Was mir passiert ist, ist eine Strategie, und sie trifft jetzt alle möglichen anderen Leute. Es war ein Freund dieses Typs, der hinter mir her war. Das ist Nigel Farage. Er ist Brexit-Förderer. Ich werde nicht sehr ins Detail gehen. Aber 19 Organisationen für Pressefreiheit bezeichneten die Klage gegen mich als SLAPP, also eine strategische Klage gegen öffentliche Beteiligung. Eine sehr langatmige Art zu sagen, dass das Recht als Waffe dient, um Menschen zum Schweigen zu bringen – Journalisten und andere Personen des öffentlichen Lebens. Es funktioniert. Ich wollte Ihnen von einem Aspekt des Rechtsstreits erzählen, den ich erschreckend fand. Das war das Sammeln von Daten. Hier ein Zitat, das Sie vielleicht kennen, es ist von Kardinal Richelieu: „Gebt mir sechs Zeilen von der Hand des ehrlichsten Mannes, so werde ich etwas finden, das ihn an den Galgen bringt.“ In meinem Fall ergaben die ersten forensischen Durchsuchungen meines Handys und Laptops 40.000 Daten. Es waren meine Nachrichten, meine E-Mails, meine Sprachnotizen, mein Privatleben. Und die ganze Sache, der Angriff auf mich, war wirklich persönlich. Denn die Sache mit dem Rechtsstreit ist nur ein Teil der Strategie. Es war auch eine Art massive Online-Hetzkampagne – einfach Tag für Tag, Tag für Tag, Tag für Tag. Mein unverzeihlichstes Verbrechen war es, als Frau über das Thema zu berichten. Es war eine digitale Hexenverbrennung. Ich glaube, dieser Mann hatte es auf mich persönlich abgesehen, nicht auf den “Guardian” oder TED. Denn ich schien das schwächste Glied zu sein. Aber er hat sich geirrt. 30.000 Menschen haben mich unterstützt. Sie spendeten fast eine Million Pfund an einen Rechtsverteidigungsfonds. Denn sie haben gesehen, wie ein Tyrann mich zu vernichten versuchte, und wollten das nicht hinnehmen. Wenn ich daran denke, werde ich sehr emotional. Ich habe gerade gehört, dass der Kameramann, keine Ahnung, wo er ist, auch gespendet hat. Dieser Vortrag ist mein Dank an alle, die das getan haben. Aber deshalb weiss ich auch, was wir als Nächstes tun müssen.
Trump verklagt Medienunternehmen, und täglich kommt es zu Vergleichen. Das sind Grossunternehmen mit Geschäftsinteressen. Nicht jeder kann sich gegen die Macht behaupten, aber es gibt Leute, die das tun, und wir können sie unterstützen. Wir müssen uns jetzt gegenseitig den Rücken freihalten. Denn wir sind jetzt die Kavallerie.
Das ist mir wirklich wichtig. Ich habe vor diesem Vortrag einen britischen Anwalt für Verleumdungsrecht konsultiert. Ich weise darauf hin, dass in einem Urteil des High Court eine Reihe Fakten fixiert sind. Wir bringen den Fall jetzt vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Wir testen die Gesetze zur Meinungsfreiheit im Vereinigten Königreich. Achten Sie auf die Fakten. Sie werden sie vermissen, wenn sie weg sind. Das ist die Wayback Machine. Spenden Sie dafür. Sie versucht, das Internet zu erhalten, das Tag für Tag gelöscht wird. Die Geschichte ist die beste Chance, uns zu retten. Vermutlich kennen Sie diesen Satz: „Gehorche nicht im Voraus.“ Er ist von Tim Snyder, einem Historiker des Autoritarismus. Wir befinden uns jetzt im Techno-Autoritarismus. Wir müssen digitalen Ungehorsam lernen. Das fängt schon beim Drop-down-Feld an. Akzeptieren Sie keine Cookies, geben Sie nicht Ihren richtigen Namen an, laden Sie Signal herunter, die verschlüsselte Messaging-App. Bombardieren Sie nicht den Jemen, fügen Sie den Herausgeber von „The Atlantic“ nicht zu Gruppenchats hinzu. Experimentieren Sie nicht mit Kindern. Soziale Sitten ändern sich. Wir schicken keine Kinder mehr in Kohlebergwerke. Und in Zukunft wird es als Kindesmissbrauch gelten, wenn Sie zulassen, dass die Daten Ihres Kindes von Geburt an gesammelt werden. Sie wussten das nicht, aber jetzt wissen Sie es. Privatsphäre ist Macht. Wir haben mehr davon, als wir denken.
Ich hatte gestern eine kleine Offenbarung. Mir wurde klar, dass die Momente, in denen ich mich am machtlosesten fühlte, die Momente waren, in denen ich am mächtigsten war. Das lag daran, dass mein Journalismus Wirkung hatte. Sie wollen, dass wir uns machtlos fühlen. Das ist ihr Plan. Wir können aber so vieles von Menschen lernen, die das schon durchgemacht haben. Alexei Nawalny, der Führer der russischen Opposition, sprach immer vom schönen Russland der Zukunft. Er zeichnete eine Vision. Es gibt ein wunderbares Internet der Zukunft, frei von der Übernahme durch Unternehmen und Datenverfolgung. Wir können es gestalten.
Es wird eine Bewegung brauchen. Aber wir können von Bewegungen lernen, die es vor uns gegeben hat. Das sind meine Kollegen und ich bei einem Streik im Dezember, weil mein Medienunternehmen, der “Guardian”, beschlossen hatte, unseren Teil, die Sonntagszeitung „The Observer“, zu verkaufen. Diesen Kampf brauchten wir zu diesem Zeitpunkt wirklich nicht. Wir haben ihn auch nicht gewonnen, doch man kann nicht jeden Kampf gewinnen. Aber wer nicht kämpft, hat schon verloren.
Ich möchte Ihnen Folgendes mit auf den Weg geben. Das ist ChatGPT, das einen TED-Vortrag im Stil von Carole Cadwalladr schreibt. Es ist unheimlich plausibel. Aber was es nicht weiss – denn die KI ist wirklich so dumm wie Bohnenstroh –, ist, dass ich mich an Sam Altman wenden werde. Er kommt auch hierher, als TED-Redner. Ich werde ihm sagen, dass das ihm nicht gehört. ChatGPT wurde mit meinem geistigen Eigentum, meiner Arbeit und meinen persönlichen Daten trainiert. Ich hatte nicht zugestimmt. Der “Guardian” hat sich von über 100 Journalisten getrennt. Wir verlassen das Gebäude nächste Woche. Kurz darauf unterschrieb die Leitung einen Syndizierungsvertrag mit OpenAI. Oder, wie ich es sehe, sie heiratete ihren Vergewaltiger.
Aber ich stimme nicht zu. Obwohl wir in meinem Land immer noch Urheberrechtsgesetze haben, versucht die britische Regierung, sie zu zerstören, um sich bei Silicon Valley und Trump einzuschleimen. Nutzen wir sie, solange wir sie haben. Denn was mit meiner Branche passiert, passiert auch mit Ihrer. Es ist mehr als Diebstahl. Es ist Vergewaltigung. Datenrechte sind Menschenrechte.
Im Jahr 2019 kam ich hierher und forderte die Götter des Silicon Valley heraus. Ich habe mich geirrt. Sam Altman, Mark Zuckerberg, Elon Musk, ihr seid keine Götter. Ihr seid Männer und ihr seid rücksichtslos. Ihr glaubt, dass ihr Schutz bekommt, wenn ihr euch mit einem Autokraten verbündet. So funktioniert Geschichte nicht. So funktioniert nicht einmal Oligarchie. Das ist Michail Chodorkowski. Er war ein Oligarch, bis er nach Sibirien geschickt wurde, zu zehn Jahren Gefängnis, als Putin ihn satt hatte. Ihr schleimt euch bei einem Tyrannen ein, der versucht, die Gesetze zu zerstören, die eure Geschäfte ermöglicht haben. Ihr seid Kollaborateure. Ihr seid mitschuldig an einem Regime der Angst und Grausamkeit. Aber der Rest von uns, wir alle hier, haben die Wahl.
Ich entschied mich, zu TED zurückzukehren, weil ich meine Geschichte, meine Worte zurückfordere. Wir sind nicht machtlos. Die 30.000 Menschen, die mich unterstützten, haben das bewiesen — wir sind nicht machtlos. Denn wir wissen, wer wir sind und wofür wir stehen. Meine Frage an Silicon Valley lautet: Und ihr? Danke.
Open-AI, Microsoft, Nvidia & Co. sind finanziell und mit Gegengeschäften verbandelt. Eine Fehlspekulation kann alle mitreissen.
Die Dimensionen, um die es geht, sind so riesig und komplex, dass die Medien sie nur schwer ins Bewusstsein bringen können. Ein Zusammenbruch würde aber alle treffen. Die frühere Vizekanzlerin und KI-Spezialistin Hanna Muralt Müller hat eine aktuelle Dokumentation zusammengestellt.
Im KI-Wettlauf werden Unsummen in Billionenhöhe in die KI-Infrastruktur investiert, insbesondere in den Bau grosser Rechenzentren. Ein Risiko stellen finanzielle und geschäftliche Verflechtungen unter den Tech-Giganten dar, die schwer überblickbar sind. Zu einem entsprechend grossen Crash kann es kommen, falls diese Billionen-Investitionen wegen der raschen Entwicklung von günstigeren Technologien zu Verlusten führen. Noch machen die KI-Giganten grosse Gewinne, was zum Kauf ihrer Aktien verführt.
Open-AI, Microsoft, Nvidia & Co. sind finanziell und mit Gegengeschäften verbandelt. Eine Fehlspekulation kann alle mitreissen.
Red. Die Dimensionen, um die es geht, sind so riesig und komplex, dass die Medien sie nur schwer ins Bewusstsein bringen können. Ein Zusammenbruch würde aber alle treffen. Die frühere Vizekanzlerin und KI-Spezialistin Hanna Muralt Müller hat eine aktuelle Dokumentation zusammengestellt.
Zusammenfassung: Die BBC steckt bis zum Hals in Ärger, weil Trump ihr mit absurden Milliardenklagen droht. Und plötzlich tun lauter britische Politiker und rechte Medien so, als ginge es nur um einen verhunzten Zehn-Sekunden-Clip in „Panorama“. In Wirklichkeit wittern Leute wie Farage, Truss, Braverman, Johnson, GB News, Trump und sogar Elon Musk ihre grosse Chance, die BBC plattzumachen und stattdessen GB News hochzupumpen – mit dem Charme eines staatstragenden Fanclubs für ihre eigene Agenda.
Egal, ob man die BBC liebt oder hasst – hier geht’s um viel mehr. Da versuchen gerade die reichsten und lautesten Typen, die britische Medienlandschaft nach ihrem Geschmack umzubauen und einen der letzten halbwegs unabhängigen Sender zu zerstören. Die BBC hat Fehler, klar, manchmal peinliche. Aber sie gehört wenigstens den Gebührenzahlern und nicht irgendwelchen Milliardären, Hedgefonds oder Tech-Bros.
Kurz: Wenn man die BBC loswerden will, bitte – aber doch nicht, weil Trump, Musk, Farage und die GB-News-Truppe plötzlich schreien, was „freie Medien“ sein sollen. Das hier ist ein Angriff auf britische journalistische Unabhängigkeit. Und es sieht so aus, als könnte die BBC daran zerbrechen. Bei diesem Angriff auf die BBC geht es um die Zerstörung der journalistischen Souveränität, der Kultur, den Ruf im Ausland. Heute kann die Bevölkerung die BBC zur Verantwortung ziehen, wenn sie Mist baut. Wenn die BBC privatisiert ist, sendet sie jenen Dreck, den ihre Besitzer dem Volk vorsetzen wollen.
Übersetzung des Beitrags von Novara Media
Die dänische Regierungspartei, die die britische Labour-Partei zu ihrer harten Einwanderungspolitik inspiriert hat, wurde bei den Kommunalwahlen im Land schwer geschlagen.
Die Unterstützung für die Mitte-Links-Sozialdemokraten ging in ganz Dänemark zurück, und die Partei verlor zum ersten Mal seit über 100 Jahren die Kontrolle über Kopenhagen. Sissie Marie Welling von der Sozialistischen Volkspartei gewann die Bürgermeisterwahl der Hauptstadt mit einem grünen und progressiven Programm.
Als Reaktion auf die Ergebnisse sagte die Vorsitzende der Sozialdemokraten, Mette Friedrichsen: „Wir hatten einen Rückgang erwartet, aber es scheint, dass dieser grösser ausfällt als erwartet. Wir werden uns überlegen, was dahintersteckt.“
Die Sozialdemokraten waren die Architekten einiger der harten Anti-Migrationspolitiken Dänemarks, die als Vorlage für eine Reihe neuer Massnahmen dienten, die die britische Innenministerin Shabana Mahmood diese Woche angekündigt hat.
Die Rechtswende der dänischen Partei wurde als zynischer Schachzug kritisiert, als Friedrichsen 2015 Parteivorsitzende wurde – aber sie funktionierte eine Zeit lang bei den Wahlen. Die Ermüdung gegenüber der Rechtswende der Sozialdemokraten in der Einwanderungspolitik und ihre Bereitschaft, sich mit Wirtschaftsliberalen zu verbünden, wurden jedoch als Gründe für ihre Niederlage bei den Kommunalwahlen in dieser Woche genannt.
Übersetzung des Artikels von Richard Murphy
Im gesamten Westen versagen die Regierungen. Trump, Starmer, Macron, Merz und andere verlieren gerade in dem Moment an Autorität, in dem Krisen Führungsstärke erfordern. Rechtsextreme Bewegungen zerfallen. Der Neoliberalismus hat keine Ideen mehr.
In diesem Video untersuche ich, warum die politische Legitimität schwindet und warum eine Politik der Fürsorge – basierend auf realen Massnahmen, Investitionen in die Gemeinschaft und demokratischer Erneuerung – derzeit der einzig gangbare Weg ist.
Wohin man auch schaut, Regierungen brechen unter ihrer eigenen Inkompetenz zusammen.
Derzeit versagen Regierungen überall.
Im gesamten Westen bahnt sich eine politische Krise an, und die Reaktion der extremen Rechten darauf bröckelt bereits.
Dies ist ein Moment, der politische Vorstellungskraft erfordert. Meine Frage lautet: Hat irgendjemand die Vorstellungskraft, die in diesem Moment erforderlich ist, um die Politik des Wandels umzusetzen, die wir wirklich brauchen?
Schauen Sie sich einfach in der Welt um. Lassen Sie uns die Lage skizzieren.
Trump steht vor Krisen, seien es Skandale, die er selbst verursacht hat, oder politische Fehlschläge. Alles, was er tut, wirkt wie eine Reaktion auf die Epstein-Akten, und die Konsequenzen sind unvermeidlich. Dieser Mann wird es nicht bis zur nächsten Wahl als Präsident schaffen; das kann er nicht. Nicht nur seine geistigen Fähigkeiten lassen nach, auch seine politischen Fähigkeiten brechen zusammen, und leider steht JD Vance in den Startlöchern.
In Grossbritannien ist die Lage kaum besser. Keir Starmer verliert von Tag zu Tag an Autorität. Der Haushalt von Rachel Reeves ist der erste in der Geschichte, der schon vor seiner Vorstellung auseinanderfällt. Die Labour-Abgeordneten wissen, dass Starmer mit seinen Plänen zur Einwanderung nicht nur bei ihnen, sondern auch in ihren Wahlkreisen auf grosse Ablehnung stossen wird und dass sie dafür den Preis zahlen müssen. In den Meinungsumfragen in Schottland ist Labour auf den vierten Platz zurückgefallen. Es ist eine Partei ohne Zukunft, und nichts, was sie derzeit tun kann, wird daran etwas ändern. Wir haben eine Regierung, die noch dreieinhalb Jahre im Vereinigten Königreich im Amt bleiben soll, die aber bereits am Ende ist.
In Frankreich ist die Lage nicht besser. Die derzeitige Regierung wird voraussichtlich bis nächsten Dienstag im Amt bleiben, denn das entspricht in etwa der durchschnittlichen Lebenserwartung einer Regierung in Frankreich. Macron ist dieses Jahr bereits bei seinem vierten oder fünften Kabinett, und es gibt keinen Grund, warum dieses länger halten sollte. Seine Präsidentschaft ist zu einem schmählichen Misserfolg und einer Katastrophe für das französische Volk geworden.
In Deutschland verliert Bundeskanzler Friedrich Merz bereits das Vertrauen der deutschen Bevölkerung, seiner Partei und des Bundestages.
Schauen Sie sich nur diese vier führenden Nationen an, alle stehen vor Schwierigkeiten.
Kanada befindet sich in einer ähnlichen Lage. Seien wir ganz ehrlich. Unser ehemaliger Gouverneur der Bank of England, Mark Carney, ist jetzt vielleicht Premierminister und versucht, mehr Selbstvertrauen auszustrahlen als die anderen bereits erwähnten Staats- und Regierungschefs, aber in Wirklichkeit hat er so schlechte Karten, dass er keine Ahnung hat, was er damit anfangen soll.
Wir haben Staats- und Regierungschefs, die nicht in der Lage sind, mit Krisen, Krieg, Finanzkrisen oder Klimakatastrophen umzugehen. Und bei all dem gibt es ein allgemeineres Muster: Der globale Zusammenbruch der politischen Autorität; Systeme verlieren gerade in Krisenzeiten ihre Legitimität.
Und all die Krisen, die ich gerade erwähnt habe, kommen zusammen.
Wir sind tatsächlich mit der Gefahr eines Krieges konfrontiert.
Wir wissen, dass sich der Klimawandel verschlimmert.
Wir wissen, dass die internen Krisen in vielen Ländern, die grösstenteils eine Folge des von Politikern bewusst geschürten Rassismus sind, zunehmen.
Wir wissen, dass es finanzielle Probleme gibt, und wir wissen, dass sie sich verschlimmern könnten.
Gleichzeitig haben wir in der gesamten westlichen Welt inkompetente Führer, die die Situationen, mit denen wir konfrontiert sind, verursachen und verschlimmern. Das Versagen an der Spitze infiziert das gesamte System, und die Rechte bietet keine Antwort darauf.
Trumps eigene Basis bröckelt. Die Ablehnung seiner politischen Positionen und seine Verbindung zu Epstein führen zum Zusammenbruch der MAGA-Bewegung in den USA. Dort gibt es keine Einheit, ebenso wenig wie in Grossbritannien. Jüngste Untersuchungen haben gezeigt, dass die Menschen, die sagen, sie würden für die Reformpartei stimmen, aus vielen unvereinbaren Fraktionen stammen.
Einige sind in der Tat rechtsradikal.
Einige sind zutiefst rassistisch, aber viele sind es nicht; das muss klar gesagt werden. Viele sind einfach unzufriedene Menschen mit mittleren oder niedrigen Einkommen, die eine Alternative zu ihrer Situation suchen, in der sie sehen, wie die Reichen immer reicher und sie selbst immer schwächer werden, und deshalb suchen sie bei Farage [Anm.: Reformpartei] nach etwas anderem.
Tatsache ist jedoch, dass er ihnen das nicht bieten kann. Er kann auch ihre Positionen nicht mit denen der jungen Männer in Einklang bringen, die nach einer Alternative suchen, weil sie sich von der Gesellschaft ausgeschlossen fühlen, und er kann auch keine dieser Positionen mit denen der Hardcore-Rassisten in Einklang bringen.
Die Reformpartei hat keine Grundlage, und Le Pen in Frankreich ist mittlerweile zu bekannt, um noch glaubwürdig zu sein, während die AfD in Deutschland mit einem grundlegenden Problem konfrontiert ist. Sie ist die Partei des Ostens. Tatsächlich kommt der Grossteil ihrer Unterstützung aus der ehemaligen DDR, aber der Westen wird eine Regierung aus dem Osten nicht akzeptieren. Das ist ihrer Meinung nach nicht der Grund, warum die Wiedervereinigung stattfand, und daher ist dies auch keine tragfähige Grundlage für eine alternative Regierung. Schauen wir uns einmal die Niederlande an, denn dort wurde die extreme Rechte bereits abgelehnt. Die extreme Rechte hat ihren Höhepunkt zu früh erreicht, und in Wirklichkeit sehen wir nun, wie eine ganze politische Ordnung zusammenbricht.
Der Neoliberalismus, der in gewisser Weise das Denken all dieser Politiker beflügelt, hat keine Ideen und keine Legitimität mehr. Ganz klar, er funktioniert nicht. Das Streben nach sogenanntem Profit im Namen der Reichen ist keine Antwort mehr auf irgendeine bekannte Frage, wenn es das jemals war. Die Technokratie versucht nun, ihre Misserfolge zu verteidigen, aber sie hat keine Lösungen mehr zu bieten. Wir befinden uns in einer Situation, in der der Neoliberalismus buchstäblich am Ende ist.
Die Menschen verlangen nach etwas anderem. Sie wollen Regierungen, die Krisen verstehen, weil sie wissen, dass wir sie haben und dass sie sich verschlimmern werden, wenn wir sie nicht angehen.
Sie wollen Führungskräfte, die bereit sind, die Staatsmacht verantwortungsvoll einzusetzen, weil sie wissen, dass es keinen anderen Ausweg aus den Krisen gibt, mit denen wir konfrontiert sind.
Sie wollen eine Politik, die die Menschen respektiert, und viel zu viele bieten ihnen eine Politik des Hasses an.
Und sie wollen Hoffnung, die auf praktischen Massnahmen basiert; Massnahmen, von denen sie tatsächlich sehen können, dass sie in den Gemeinden, in denen sie leben, umgesetzt werden. Und bisher bietet keiner der Politiker, die ich in fast allen Ländern, die ich erwähnt habe, höre, so etwas an.
Wir brauchen also eine Politik der Fürsorge, von der ich immer wieder spreche.
Die extreme Rechte bietet Wut und keine Lösungen.
Der Staat entzieht sich seiner Verpflichtung, gemeinsame Krisen zu lösen, und mittlerweile wird anerkannt, dass Sparmassnahmen immer eine Entscheidung waren, und zwar eine ruinöse. [Anm.: So ist auch die Schuldenbremse in der Schweiz eine politische Entscheidung, der die Bevölkerung 2001 zugestimmt hatte. Für diese Schuldenbremse bestand weder 2001 noch heute eine Notwendigkeit - im Gegenteil: sie ist das, was den Staat hindert, dass es dem Land und dem Volk gut gehen kann.]
Wir wissen also jetzt, dass wir kollektive Lösungen brauchen, die kollektives Handeln erfordern. Wir haben eine Reihe von Ereignissen, die zusammenlaufen. Die Autorität der Regierungen in vielen Ländern schwindet, weil ihre Politik nicht mehr funktioniert, und die Narrative, die in der Politik zu lange verfolgt wurden, haben an Kraft verloren, sodass ein politisches Vakuum entsteht.
Als Nächstes werden wir also erleben, wie die vertraute politische Ordnung zerfällt. Der Moment des Zusammenbruchs ist gekommen, und es wird keine Erneuerung geben. Der Neoliberalismus hat keine Chance, diese Krise zu überstehen. Er ist vorbei, beendet, tot, verschwunden, an seinen Platz genagelt, wenn Sie sich an den alten Monty-Python-Witz erinnern können. Der Punkt ist ganz einfach. Diese Ära ist vorbei.
Jetzt suchen die Menschen nach Kohärenz und nach Sinn, und dies ist der Moment, in dem eine neue politische Geschichte entstehen kann. Daran arbeite ich gerade. Wir brauchen neue Narrative; die Welt überlebt dank der Geschichten, die sie sich selbst erzählt, und was wir brauchen, sind neue Führungskräfte, die über die Krisen sprechen können, mit denen wir konfrontiert sind, und ihnen mit einem neuen Modell begegnen, das es ihnen ermöglicht zu sagen, dass sie Antworten auf die Fragen haben, von denen wir wissen, dass sie angegangen werden müssen.
Die extreme Rechte kann das nicht, aber die Politik der Fürsorge kann es.
Wir können praktikable Alternativen anbieten.
Wir können die Macht des Staates nutzen, um Geld zu schaffen, und diese Macht einsetzen, um den Menschen das zu geben, was sie brauchen.
Wir können diese Macht nutzen, um die Gemeinschaften, in denen die Menschen leben, wiederzubeleben.
Wir können das tun, um das Vertrauen in die Demokratie wiederherzustellen.
Wir können dadurch das Leben der Menschen wieder aufbauen.
Wir können die Politik des Hasses beseitigen.
Wir können die Einkommen erhöhen, und wir können all das tun, während wir Fürsorge, Investitionen und Rechenschaftspflicht unterstützen.
Mit anderen Worten: Wir können so viel besser sein.
Dies ist der Moment, in dem eine Politik der Vorstellungskraft gefragt ist, und die Gelegenheit, diese umzusetzen, zeichnet sich ab.
Dies ist der Moment für eine Politik der Fürsorge.
Mit der Bewegung rund um «digitale Integrität» formiert sich Widerstand gegen die zunehmende Überwachung im Internet und die damit einhergehende Aufweichung unserer Privatsphäre. In der Schweiz hat sich die Stimmbevölkerung bereits in zwei Kantonen mit überwältigender Mehrheit dafür ausgesprochen, dass ein Grundrecht auf «digitale Integrität» in der lokalen Verfassung verankert wird. Nächste Woche stimmt auch der Kanton Zürich darüber ab.
Jahrzehntelang unter Verschluss gehaltene Dokumente offenbaren erstmals die tatsächliche Strategie hinter der Réduit-Idee während des Zweiten Weltkriegs: Armeeführung und Regierung planten einen Rumpfstaat ohne Zugang für die Zivilbevölkerung des ganzen Mittellands. Im Fall einer Invasion planten sie gar, mit militärischer Gewalt gegen diese vorzugehen.
Weiterlesen in der WOZ vom 20.11.2025
Der Ukrainekrieg führt zum Rüstungsboom. Die Finanzbranche will davon profitieren und verwässert zum Teil gar die ESG-Kriterien.
«Erst kommt das Fressen und dann die Moral» – die Verlogenheit, die Bertolt Brecht in der Dreigroschenoper so schön formulierte, lässt sich heute ohne weiteres auf den Umgang mit der Rüstungsbranche übertragen. Während sich viele trotz des brutalen Überfalls von Russland auf die Ukraine «friedensbewegt» geben und weiterhin möglichst wenig für Waffen auszugeben trachten, wollen andere angebliche Rüstungsdefizite aufholen und ihre Armeen um jeden Preis aufrüsten.
Die Skrupellosen wittern in ihrer ethisch rücksichtslosen Gier sogar das grosse Geschäft und wollen um jeden Preis am längst ausgebrochenen Rüstungsboom in der westlichen Welt teilhaben. Der Schweizer Ständerat etwa hat gerade eine Lockerung des Kriegsmaterialgesetzes beschlossen – weil sonst die Schweizer Rüstungsindustrie in ihrer Existenz gefährdet sei, wie einzelne Räte «pragmatisch» argumentieren.
Eine völlig neue Weltordnung, angeführt von einer starken und mündigen Bürgerschaft, ist historisch in Reichweite und könnte von einer vereinten Opposition angestrebt werden.
Wenn wir eine neue Weltordnung einfordern, dann sprechen wir nicht von der vergleichsweise marginalen Änderung von der Unipolarität zur Multipolarität, sondern von der großen Vision einer wahren ethischen Zeitenwende, also von der Veränderung der grundsätzlichen Richtlinien für das Zusammenleben der gesamten Menschheitsfamilie. Erfreulicherweise können wir dabei auf bekannte gesellschaftstheoretische Modelle zurückgreifen und müssen die Welt dazu nicht neu erfinden.
Die bürgerliche Mehrheit aus SVP, FDP und Mitte hat am Dienstag in der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrats eine weitgehende Lockerung für Exporte von Kriegsmaterial beschlossen. Das Geschäft kommt nun ins Parlament, wo angesichts der politischen Mehrheitsverhältnisse die definitive Annahme der Lockerung wahrscheinlich ist.
Über 30'000 Gummigeschosse feuerte die Kantonspolizei am 11. Oktober in Bern ab, Demosanitäter:innen behandelten 326 verletzte Personen: Die Aufarbeitung der Palästina-Grossdemonstration hat erst begonnen.
Die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen habe «höchste Priorität», lässt der Bundesrat gerne verlauten. Zu einem ganz anderen Schluss kommt ein Bericht des «Netzwerks Istanbul Konvention» von dieser Woche. Er verleiht der Schweiz die Schulnote 3, also das Prädikat «ungenügend», für ihre Umsetzung der Konvention. Die Schweiz hat diese unterzeichnet und ist seit 2018 rechtlich dazu verpflichtet, Frauen und Mädchen vor geschlechtsspezifischer und sexualisierter Gewalt zu schützen, Opfer zu unterstützen, sich für «echte Gleichstellung» einzusetzen.
Das Schweizer Steuersystem befeuert enorme Vermögensungleichheit und privilegiert Überreiche – doch die Debatte um die Erbschaftssteuer-Initiative dreht sich vor allem um Mythen und Klagen von Milliardären. [Anm. ... und um Lug und Betrug]
Ohne Transparenz gibt es kein Vertrauen
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"Die Verpflichtung zum Widerstand beginnt dort, wo man erstens das Verbrechen und den Katastrophenweg erkennt, und zweitens die Möglichkeit hat, etwas dagegen zu tun" (Kurt Sendtner)
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Reden und diskutieren wir mit Andersdenkenden - Setzen wir uns für unsere Anliegen ein - Demonstrieren wir - Seien wir Ungehorsam - Handeln wir friedlich.