Roche beispielsweise hat im Juli bekannt gegeben, das Krebsmedikament Lunsumio aufgrund eines gescheiterten Preisstreits mit dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) vorerst vom Schweizer Markt zu nehmen. Novartis-Chef Vasant Narasimhan drohte etwas später damit, Medikamente in Europa nicht mehr anzubieten, falls europäische Länder künftig nicht mehr als bisher zahlten.
Das Interview mit Brian Berletic, einem ehemaligen US-Marine und heutigen Analysten, dreht sich um die US-Aussenpolitik unter der Trump-Administration. Der zentrale Vorwurf lautet, dass die Rhetorik von "America First" und dem "Beenden der endlosen Kriege" eine bewusste Täuschung der Wählerschaft ist. Stattdessen werde eine aggressive, imperiale Agenda fortgeführt, die darauf abziele, die US-Vorherrschaft global zu sichern, indem Konflikte neu justiert und die Lasten auf Verbündete, insbesondere Europa, abgewälzt werden.
Herausarbeitung der relevanten Abschnitte und Kernargumente
1. Widerspruch zwischen Rhetorik und Realität ("America First" als leere Hülle)
Kernaussage: Trumps Wahlversprechen, Kriege zu beenden und Amerika wirtschaftlich zu stärken, steht im krassen Gegensatz zu den tatsächlichen Handlungen seiner Regierung. Stattdessen werden militärische Aggressionen gegen den Iran, Vorbereitungen auf einen Krieg mit China und die Fortführung des Ukraine-Krieges alles unter dem Banner "America First" verkauft.
Zitat im Kontext: "Es scheint also, dass Trump selbst bestimmt, was America First bedeutet. Und jetzt sieht es so aus, als gäbe es überall ständigen Krieg."
Fazit: "America First" ist kein aussenpolitisches Konzept, sondern ein flexibles Label, das je nach Bedarf verwendet wird, um jede Politik zu rechtfertigen. Trump agiert nicht als Friedensstifter, sondern setzt die imperiale Agenda seiner Vorgänger fort.
2. Die Agenda war von Anfang an geplant: "Arbeitsteilung" und "Strategische Sequenzierung"
Kernaussage: Die Absicht, die Kriege am Laufen zu halten und die Verantwortung auf Europa zu verlagern, wurde lange vor der Wahl 2024 in Strategiepapieren think tanks wie der Heritage Foundation (Project 2025), der Marathon Initiative und dem America First Policy Institute detailliert ausgearbeitet.
Schlüsselbegriffe:
Arbeitsteilung (Burden Sharing): Europa soll die Hauptlast im Konflikt mit Russland tragen (finanziell und militärisch), damit sich die USA auf ihre Hauptziele konzentrieren können.
Strategische Sequenzierung (Strategic Sequencing): Die USA wollen nicht alle Kriege gleichzeitig führen, sondern nacheinander vorgehen: Zuerst Russland in der Ukraine binden, dann den Iran "zerschlagen" und sich schliesslich vollständig auf China konzentrieren.
Beleg: Verteidigungsminister Pete Hexeths Forderung an Europa, 5% des BIP für Militärausgaben bereitzustellen und truppen für einen möglichen Einmarsch in die Ukraine bereitzuhalten, wird als direkte Umsetzung dieser Papiere gewertet.
Fazit: Die angebliche Kehrtwende Trumps ist keine spontane Entscheidung, sondern die Umsetzung einer lange geplanten Strategie. Der Wahlkampf diente nur der Täuschung der Öffentlichkeit.
3. Die Ukraine als US-geführter Stellvertreterkrieg
Kernaussage: Der Krieg in der Ukraine ist kein bilateraler Konflikt zwischen Ukraine und Russland, sondern ein von den USA geführter Stellvertreterkrieg gegen Russland.
Beweise, die angeführt werden:
US-Generäle befehligen ukrainische Truppen an der Spitze der Befehlskette.
Die CIA kontrolliert seit 2014 die ukrainischen Geheimdienste und hat paramilitärische Einheiten aufgebaut und ausgebildet.
Attentate in Russland werden somit indirekt der CIA zugeschrieben.
Ziel des Krieges: Russland einkreisen, eindämmen und schwächen, um seinen Aufstieg zu einem multipolaren Machtzentrum zu verhindern.
Fazit: Das eigentliche Problem ist nicht die Ukraine, sondern der US-Stellvertreterkrieg. Eine echte Lösung müsste damit beginnen, dass sich US-Generäle und die CIA aus der Ukraine zurückziehen.
4. Warum Europa mitspielt: Kontrolle durch US-Klientelregime
Kernaussage: Es gibt aus europäischer Sicht kein rationales Interesse daran, einen teuren Krieg gegen Russland zu führen, der der eigenen Wirtschaft schadet (Stichwort: günstige Energie via Nord Stream).
Erklärung: Die politischen Eliten in Europa und der EU-Bürokratie seien "Klientelregime", die von den USA nach 2014 installiert bzw. unterwandert wurden und deren Interessen (Wahrung der US-Vorherrschaft) über die europäischen Bevölkerungen stellen.
Zitat im Kontext: "Die EU fungiert als bürokratische Decke, die über den europäischen Kontinent geworfen wurde, um die individuelle Souveränität jedes Nationalstaates zu ersticken... Sie arbeiten nicht für Europa, sie arbeiten für Washington."
Fazit: Europas Unterstützung für den Krieg ist kein Akt der Selbstbehauptung, sondern Ausdruck der politischen Kontrolle durch die USA. Die Aufforderung, 5% des BIP für Militär auszugeben, dient nicht dem Schutz Europas, sondern der Freisetzung US-amerikanischer Ressourcen für andere Schauplätze.
5. Zusammenarbeit der Zielländer: Die multipolare Achse (Koordination zwischen Russland, China, Iran, Nordkorea)
Kernaussage: Diese Länder werden in US-Strategiepapieren explizit als Hauptbedrohungen der US-Vormachtstellung identifiziert. Sie kooperieren daher wirtschaftlich und militärisch, um sich gegen die US-Strategie der "Eindämmung" und "strategischen Sequenzierung" zu wehren.
Beispiele der Kooperation:
China: Stützt die Wirtschaften Russlands und des Irans, bietet Alternative zum Westen.
Nordkorea: Liefert Artillerie und Raketen an Russland.
Russland & China: Haben über Jahre das iranische Raketenprogramm unterstützt.
Gemeinsames Ziel: Etablierung einer multipolaren Weltordnung (keine Hegemonie einer einzelnen Macht) anstelle der unipolaren US-Vorherrschaft.
Fazit: Die USA versuchen, die Kooperation zwischen diesen Mächten zu unterbinden, doch ihre aggressive Politik treibt diese geradezu zusammen. Der "multipolare Block" handelt aus Selbsterhaltungstrieb.
6. Trumps angebliche Friedensbemühungen waren Täuschung
Kernaussage: Die frühe Rhetorik von Neutralität der Ukraine und territorialen Zugeständnissen war eine Täuschung, um Russland zu einem Waffenstillstand zu bewegen. Das wahre Ziel war nie Frieden, sondern eine "Einfrierung" des Konflikts (ähnlich wie in Syrien), um Zeit für eine Umgruppierung und Wiederbewaffnung zu gewinnen.
Vergleich: Es wird analog zum Vorgehen gegenüber dem Iran gezogen, wo Verhandlungen nur dazu dienten, Zeit für einen geplanten "Enthauptungsschlag" zu gewinnen.
Fazit: Trumps Frustration über Putin entspringt der Tatsache, dass Russland sich nicht auf diesen Trick einlässt und die zugrundeliegende Ursache – den US-Stellvertreterkrieg – benennt.
7. Ausblick: Eskalation und kein Ende in Sicht
Kernaussage: Der Ukraine-Krieg könnte noch Jahre weitergehen. Sollte die ukrainische Front kollabieren, planen die USA laut Berletic bereits, europäische Truppen als "Pufferzone" in die Westukraine zu entsenden, was zu einer direkten Konfrontation mit Russland führen würde.
Warnung: Die USA werden ihr imperiales Projekt nicht kampflos aufgeben. Die Front verläuft nicht zwischen Republikanern und Demokraten, sondern zwischen der unipolaren US-Vorherrschaft und der multipolaren Weltordnung.
Rolle Chinas: China steht bereits seit langem unter US-Belagerung (Taiwan, Einmischung in Südostasien, Attacken auf Belt and Road-Projekte) und wird sich zunehmend offener wehren müssen, da ihm die USA keine andere Wahl lassen.
Abschliessendes Fazit: Die Illusion, Trump sei ein Verfechter des Friedens oder des Multipolarismus, ist endgültig zerstört. Dies werde zu stärkerem Widerstand sowohl innerhalb der USA (enttäuschte Wähler) als auch von aussen (Russland, China, Iran) führen und eine gefährliche Phase der Eskalation einleiten.
Gesamtfazit
Brian Berletic zeichnet ein düsteres Bild der US-Aussenpolitik, das von Kontinuität, Täuschung und strategischer Kalkulation geprägt ist. Seiner Analyse zufolge ist "America First" ein zynisches Marketing-Instrument für eine Agenda, die darauf abzielt, das US-Imperium durch "Arbeitsteilung" (Europa trägt die Last in Europa) und "strategische Sequenzierung" (Kriege nacheinander führen) nachhaltiger zu machen. Europa erscheint dabei als von den USA kontrollierter Vasall, der gegen seine eigenen Interessen handelt. Die eigentliche Konfliktlinie verläuft global zwischen den Verteidigern der unipolaren US-Vorherrschaft und den Befürwortern einer multipolaren Weltordnung.
09.09.2025 NATO gerät in Panik, wenn / weil die Frontlinien in der Ukraine zusammenbrechen
Das Interview mit Brian Berletic analysiert die jüngste Eskalation im Ukraine-Krieg (massive russische Drohnen- und Raketenangriffe) vor dem Hintergrund von Trumps angeblichen diplomatischen Friedensbemühungen. Berletic argumentiert, dass diese Bemühungen eine Täuschung sind und die USA unter Trump die gleiche imperiale Agenda der globalen Vorherrschaft verfolgen wie unter Biden, jedoch mit einer taktischen Neuausrichtung, die als "Strategic Sequencing" und "Division of Labor" (Arbeitsteilung) bekannt ist. Sein Kernargument ist, dass der Konflikt ein US-geführter Stellvertreterkrieg gegen Russland ist und eine echte Lösung nur möglich wäre, wenn die USA ihre Rolle als Kriegstreiber beenden.
Detaillierte Ausführung der Kernargumente
1. Der Ukraine-Krieg als US-geführter Stellvertreterkrieg
Ausgangspunkt: Die Diskussion beginnt mit der Frage, warum Russland trotz Trumps diplomatischer Initiativen die Angriffe intensiviere und ob dies zeige, dass Russland keinen Frieden wolle.
Berletics Kernthese: Berletic stellt klar, dass es sich aus Sicht der Trump-Administration selbst (laut deren eigener Aussagen) um einen US-Proxykrieg gegen Russland handle. Daher liege die Verantwortung, ihn zu beenden, nicht bei Russland, sondern bei den USA.
Konkrete US-Kontrolle: Er führt detailliert aus, wie die USA den Krieg direkt steuern:
Ein US-Militärkommando in Deutschland führe die Oberbefehlsgewalt über ukrainische Truppen, nicht ukrainische Generäle.
Die CIA kontrolliere die ukrainischen Geheimdienste und betreibe Operationen von ukrainischem Boden aus.
Die USA dirigierten ihre europäischen Verbündeten, die Ukraine weiter zu finanzieren, auszurüsten und auszubilden.
Schlussfolgerung: Trump könnte den Krieg "über Nacht" beenden, wenn er diese Kontrollmechanismen auflösen würde (z.B. US-Generäle abziehen, CIA-Operationen stoppen). Dass er dies nicht tut, beweise, dass er nicht ernsthaft an Frieden interessiert sei.
2. "Strategic Sequencing" und "Division of Labor": Die langfristige US-Strategie
Definition "Strategic Sequencing": Dies ist das zentrale Konzept in Berletics Analyse. Es beschreibt die US-Strategie, sich nicht gleichzeitig mit allen geopolitischen Rivalen (Russland, China, Iran) anlegen zu können. Stattdessen müsse man sie nacheinander ("sequenziell") angehen:
Einen Gegner binden ("tie down"): Russland wird durch den Ukraine-Krieg gebunden und geschwächt.
Ressourcen umlenken ("pivot"): Die USA können sich nun auf die Hauptbedrohung konzentrieren, die sie in China sehen.
Nächsten Gegner angehen: Sobald China "erledigt" ist, kann man sich wieder Russland zuwenden.
Ziel: Aufrechterhaltung der US-globalen Vorherrschaft ("primacy"), nicht die Verteidigung der nationalen Sicherheit im engeren Sinne.
"Division of Labor" (Arbeitsteilung): Ergänzend dazu soll die Last des Kampfes auf Verbündete abgewälzt werden:
Europa wird angewiesen, die Hauptlast im Ukraine-Krieg zu tragen (Finanzierung, Waffen, nun möglicherweise Truppen).
Verbündete in Asien (Japan, Südkorea, Philippinen) werden aufgefordert, sich gegen China zu positionieren und zu militarisieren.
Umsetzung unter Trump: Berletic verweist auf eine Direktive von Verteidigungsminister Pete Hegseth vom Februar, in der dieser Europa explizit aufforderte, 5% des BIP für Militärausgaben bereitzustellen und truppen für einen möglichen Einsatz in der Ukraine vorzubereiten. Dies sei die praktische Umsetzung der "Arbeitsteilung".
3. Trumps Diplomatie als Täuschung und "Einfrieren" des Konflikts
Fehlende ernsthafte Absicht: Berletic betrachtet Trumps Treffen mit Putin und die geplante Einberufung eines Gipfels mit Selenskyj und Putin als strategische Täuschung.
Vergangenheit als Beleg: Er zieht Parallelen zu früheren Täuschungen:
Nordkorea: Während Trump Kim Jong-un traf, führten US-Navy-Seals gleichzeitig eine Operation in Nordkorea durch, bei der Zivilisten getötet wurden.
Iran: Während Scheinverhandlungen liefen, planten die USA bereits einen Überraschungsangriff ("decapitation strike").
Ukraine (Minsk-Abkommen): Die Abkommen dienten damals nur dazu, der ukrainischen Armee, die am Zusammenbrechen war, eine Atempause zur Wiederbewaffnung zu verschaffen ("Minsk 3.0").
Das wahre Ziel: Einfrieren ("freeze"): Trumps angebliches Friedensziel sei nicht das Ende des Krieges, sondern dessen "Einfrieren" entlang der aktuellen Frontlinien. Dies würde es den USA ermöglichen:
Einen vollständigen militärischen Kollaps der Ukraine zu verhindern.
Zeit zu gewinnen, um die ukrainische Armee mit europäischem Geld neu aufzubauen ("rearm, reorganize").
US-Ressourcen für den "Pivot" nach Asien freizumachen.
Die Rolle Europas: Europa werde in diesem Szenario als "expendable proxy" (vermeidbarer Stellvertreter) gesehen. Man opfere Europas Wirtschaft und Stabilität, um US-Interessen zu dienen und Zeit im "Strategic Sequencing" zu gewinnen.
4. Die russische Perspektive und Kriegsrealität
Konsequente Forderungen: Berletic stellt klar, dass Russlands Forderungen seit Kriegsbeginn unverändert sind: Beendigung des US-Proxykriegs und ein Ende der US-Bestrebungen, sich bis an die russischen Grenzen auszudehnen.
Ablehnung der Täuschung: Russland durchschaue die US-Taktik des "Einfrierens" (wie schon bei Minsk) und weigere sich, darauf hereinzufallen. Da diplomatische Lösungen blockiert seien, bleibe nur die militärische Lösung auf dem Schlachtfeld.
Kriegsverlauf – Attrition Warfare: Berletic widerspricht der westlichen Narrativ, der Erfolg werde in territorialen Gewinnen gemessen. Stattdessen verfolge Russland eine Strategie der "aggressiven Abnutzung" ("aggressive attrition"):
Ziel: Die ukrainische Armee und ihre Kampfkraft systematisch zu zermürben und auszubluten, bis ein kaskadenartiger Zusammenbruch ("collapse") eintritt.
Anzeichen für den Kollaps: Er nennt konkrete Indizien: unbesetzte Frontabschnitte, extrem hohe Verluste, unmöglicher Ersatz von erfahrenen Offizieren und Unteroffizieren, exponentielle Zunahme der Probleme.
Vergleich zu Syrien: Dieses Muster habe zum最终en Zusammenbruch der Rebellentruppen in Syrien geführt, nachdem diese jahrelang ausgehöhlt worden waren.
5. Die aussichtslose Rolle Europas
Vasallenstatus: Europa handele nicht in seinem eigenen Interesse, sondern als Klientelregime ("clientel regime") der USA. Die EU-Bürokratie ersticke die nationale Souveränität und handele im Interesse Washingtons.
Ökonomischer Selbstmord: Die Abkopplung von billiger russischer Energie (Stichwort: Nord Stream) sei ein bewusster Akt, der europäische Wirtschaftsinteressen zugunsten US-geopolitischer Ziele opfere.
Zukunftslos: Selbst wenn Europa sich eines Tages von der US-Vormacht befreien sollte, sei der Schaden irreparabel. Russlands Energie fliesse nun nach Osten (Sibirien-2-Pipeline), und die wirtschaftliche Verflechtung sei zerstört. Die USA betrachteten Europa daher als absteigende Macht ("declining state"), die man "noch schnell verheizen" könne, bevor sie zu schwach dafür werde.
6. Ausblick: Eskalation und direkte Konfrontation
Unvermeidlicher Kollaps: Berletic sagt voraus, dass die ukrainischen Linien irgendwann nicht mehr haltbar sein werden und ein schneller, exponentieller Zusammenbruch folgen wird.
Direkte NATO-Intervention: Genau dafür bereite sich der Westen vor. Die Pläne, europäische Truppen als "Koalition der Willigen" in die Ukraine zu senden, zielten darauf ab, nach einem ukrainischen Kollaps eine Pufferzone zu errichten und Russland direkt zu konfrontieren.
Unkalkulierbares Risiko: Dies würde die Welt in "uncharted territory" (unbekanntes Terrain) führen und das Risiko einer direkten militärischen Konfrontation zwischen NATO und Russland drastisch erhöhen.
Fehlende Alternative: Da die USA nicht bereit seien, ihren Proxykrieg wirklich zu beenden, bleibe nur dieser gefährliche Weg. Die multipolare Weltordnung müsse die US-Vormachtstellung letztlich eindämmen, da ein Wandel von innerhalb des US-Systems unmöglich sei.
Gesamtfazit
Brian Berletic zeichnet ein äusserst düsteres und kohärentes Bild der US-Aussenpolitik:
Täuschung: Trumps Friedensrhetorik ist eine Fassade, um Zeit zu gewinnen und die Öffentlichkeit zu täuschen.
Kontinuität: Hinter der Rhetorik verbirgt sich eine kontinuierliche, von "deep state"-Interessen getriebene Agenda zur Aufrechterhaltung der globalen US-Vorherrschaft, unabhängig von der regierenden Partei.
Strategie: Die USA verfolgen eine klare Strategie des "Strategic Sequencing" und der "Division of Labor", um ihre Rivalen nacheinander zu besiegen und die Kosten auf Verbündete abzuwälzen.
Opfer: Europa und die Ukraine sind dabei austauschbare Werkzeuge und Opfer dieser Strategie.
Aussicht: Der Krieg in der Ukraine wird sich weiter intensivieren und könnte in einer direkten Konfrontation zwischen NATO und Russland eskalieren, da eine diplomatische Lösung von US-Seite nicht gewollt ist und Russland sich nicht mehr täuschen lässt.
09.09.2025 SCO-Gipfel – Ein Schreckgespenst für den Westen
Vom 31. August bis zum 1. September trafen sich die Staatschefs der Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) in China zum 25. Gipfel der Organisation – ein bis dahin, ähnlich wie die BRICSplus-Treffen, wenig im Westen beachtetes Ereignis, zumindest offiziell. Dieses Mal jedoch war es anders, und zwar nicht nur, weil der chinesische Präsident Xi als Gastgeber weitereichende Ziele und Projekte verkündete, sondern auch, weil er Staatschefs empfing (Präsident Putin, Nordkoreas Kim Jong-un, den iranischen Präsidenten Pesechkian, den weissrussischen Präsidenten Lukaschenko) und mit diesen in tiefer Vertrautheit kommunizierte, die der Westen als die Verkörperung des Bösen betrachtet: Damit wäre das Bild vom SCO-Gipfel als Hort der „Autokraten“ und „Diktatoren“ ja abgerundet gewesen – wäre da nicht der Konjunktiv „wäre“. Von Alexander Neu.
16.09.2025 Elon Musk steuerte sein Sprachmodell nach rechts
Eine Recherche zeigt, wie sich die Antworten des Chatbots «Grok» veränderten. Ein Experte meint: «Vertraut nie einem Sprachmodell».
«Politisch neutral» und «maximal wahrheitssuchend» soll das Sprachmodell Elon Musks sein. Dies hat er selber öffentlich verlangt. Der Chatbot heisst «Grok».
Doch in Tat und Wahrheit hat Musks Unternehmen X-AI den Chatbot so programmiert, dass seine Antworten auf viele Fragen mit deutlicher politischer Schlagseite daherkommen. Dies zeigt eine umfangreiche Recherche der «New York Times», welche Tausende Antworten des Programms auswertete.
30.09.2025 KI als Werkzeug zur Lösung der Klimakrise?
KI verschärft den Klimawandel – statt ihn zu lösen
"Blackstone, eine US-amerikanische Private-Equity-Firma, die von einem Trump-spendenden Milliardär geführt wird, baut in Grossbritannien ein gigantisches, KI-fähiges Rechenzentrum im Wert von 10 Milliarden Pfund mit einer Flotte von Diesel-Notstromaggregaten, die so groß ist, dass sie genug Strom produzieren könnte, um drei Millionen britische Haushalte zu versorgen."
(Quelle: DeSmog)
"Elon Musks xAI errichtete im vergangenen Jahr in einer leerstehenden Fabrikhalle in Memphis in kürzester Zeit ein riesiges Rechenzentrum und einen Supercomputer, um Rechenleistung für den Chatbot „Grok“ von xAI bereitzustellen. Da es schwierig war, genügend Strom für das energieintensive Rechenzentrum zu beschaffen, brachte xAI 35 mobile Gasturbinen mit und montierte sie ohne Umweltgenehmigungen oder Massnahmen zur Schadstoffbegrenzung."
(Quelle: DeSmog)
***
Die Behauptung, KI könne uns beim Klimaschutz retten, ist heute zu oft ein Wunschdenken. In der Realität entsteht durch die KI-Industrie ein enormer Treibhausgas-Fussabdruck – und in manchen Fällen wird genau das, was als „Intelligenzenetzwerk“ beworben wird, zu einer quasi fossilen Infrastruktur.
Zentrale Kritikpunkte mit Quellen
Hoher Energieverbrauch und CO₂‑Emissionen beim Training & Betrieb von KI-Modellen
Die Erstellung grosser Sprachmodelle erzeugt erhebliche Emissionen, selbst wenn nur der Trainingslauf betrachtet wird. In einer Studie heisst es, bei einem Modell mit bis zu 13 Milliarden Parametern wurden 493 Tonnen CO₂ freigesetzt (inklusive Hardwareherstellung und Modellentwicklung) (arXiv).
In früheren Arbeiten zur Abschätzung von CO₂‑Emissionen wurde ermittelt, dass das Training grosser Modelle wie GPT‑3 zu Hunderten Tonnen CO₂ führen kann. (arXiv)
Bei einem empirischen Messversuch wurde eine GPU‑Node im Training mit maximal rund 8,4 kW Leistungsaufnahme gemessen, was die Realität des Stromverbrauchs bei Modellen verdeutlicht. (arXiv)
Der UNESCO‑Bericht warnt, dass Generative KI heute bereits den Energiebedarf eines niedrig entwickelten Landes erreichen kann – und spricht davon, dass mit Optimierungen der Energiebedarf um bis zu 90 % gesenkt werden könnte. (unesco.org)
Beispiele aus der Praxis: fossile Energiequellen & Genehmigungsprobleme
Der xAI-/Grok‑Rechenzentrumscase in Memphis (Elon Musk) betreibt Methan-/Erdgasgeneratoren vor Ort. Es wurde dokumentiert, dass die Anzahl der Turbinen – 35 Stück – über der genehmigten Zahl liegt und möglicherweise gegen Umweltauflagen verstößt. (datacenterdynamics.com)
Es gibt Berichte, dass diese Turbinen ohne volle Genehmigung betrieben wurden – also in einem Bereich der regulatorischen Grauzone oder darüber hinaus. (CNBC)
In Shelby County wurde xAI offiziell eine Genehmigung für 15 Gasgeneratoren erteilt, obwohl auf Satellitenbildern mehrere weitere Turbinen erkennbar sind (24 vor Ort). (datacenterdynamics.com)
In UK wird ein Ausbau von Rechenzentren diskutiert, und AWS fordert in Grossbritannien z. B. mehr Kernkraft als „zero‑carbon, 24/7‑Lösung“, um Datenzentren mit Energie zu versorgen. (BBC)
Gemäss einem Bericht der Internationalen Energieagentur (IEA) könnte der Energiebedarf von KI-zentrierten Rechenzentren bis 2030 stark ansteigen und die Stromnachfrage deutlich wachsen lassen. (The Guardian)
In Grossbritannien verbrauchen die derzeitigen 500 Rechenzentren bereits etwa 2,5 % des gesamten Stroms – mit Aussichten auf wachsenden Anteil. (BBC)
Strukturelle und systemische Effekte, die oft übersehen werden
Der „Warmwasserfalleffekt“: selbst wenn pro Anfrage nur kleine Energiemengen anfallen, summiert sich das bei Milliarden von Anfragen.
Jevons-Paradoxon: Effizienzgewinne bei KI oder Stromnutzung führen oft dazu, dass der Gesamtverbrauch wächst – weil Technik billiger, zugänglicher und vielseitiger wird.
Mangel an Transparenz: Viele Unternehmen veröffentlichen keine vollständigen Lebenszyklusanalysen (Hardware, Kühlung, Transport etc.), wodurch die tatsächlichen Emissionen unterschätzt oder verschleiert werden.
Politische und regulatorische Lücken: Wenn Genehmigungen lax vergeben oder nicht kontrolliert werden, entsteht Anreiz, bei fossilen Brennstoffen zu verbleiben.
03.10.2025 Nahrung für alle?
"Weltweit arbeiten Regierungen, Investoren und private Militärunternehmen daran, sich auf Kosten ganzer Bevölkerungen die Kontrolle über Nahrungsmittel- und Wasserressourcen zu sichern. Ein investigatives Reporterteam aus Kalifornien deckt die alarmierende Logik hinter dem Landraub auf. Der preisgekrönte Film verbindet gut recherchierten Journalismus mit einer fesselnden Erzählweise.
In dem preisgekrönten Dokumentarfilm „Nahrung für alle? – Der geheime Krieg um unsere Ressourcen“ deckt ein investigativer Journalist die alarmierende Logik hinter den Bemühungen auf, die wichtigsten Ressourcen des Planeten zu kontrollieren: Wasser und Nahrungsmittel.
Still und scheinbar unbemerkt arbeiten Regierungen, Investoren und private Militärunternehmen weltweit daran, sich auf Kosten ganzer Bevölkerungen Nahrungsmittel- und Wasserressourcen anzueignen. Diese Gruppen etablieren sich als neue OPEC. Die zukünftigen Weltmächte werden jedoch nicht diejenigen sein, die das Öl, sondern die Nahrungsmittel kontrollieren.
Die weltweiten Nahrungsmittelpreise haben einen historischen Höchststand erreicht, es drohen Chaos und Gewalt. Unterdessen setzt Russland Nahrungsmittel als Waffe gegen die Ukraine und als geopolitisches Instrument zur Ausübung globaler Macht ein.
„Nahrung für alle? – Der geheime Krieg um unsere Ressourcen“ ist ein globaler Thriller, der den Qualitätsjournalismus des „Center for Investigative Reporting“ mit der fesselnden Erzählweise der Regisseurin Gabriela Cowperthwaite verbindet. Der Dokumentarfilm führt die Zuschauerinnen und Zuschauer rund um den Globus – von China über Russland bis in die Vorstandsetagen der Wall Street –, um eine der größten und am wenigsten bekannten Bedrohungen der Welt aufzudecken."
Falls das Video auf arte nicht mehr erreichbar ist, kann es hier geschaut werden:
03.10.2025 Privatsphäre für alle vs. Massenüberwachung zur Kriminalitätsbekämpfung
Kennen Sie den Ausspruch «Ich habe nichts zu verbergen»? Häufig fällt er in Situationen, in denen jemand staatliche Überwachung zur Bekämpfung von Kriminalität befürwortet. Gemäss dieser Logik gilt aber auch: Wer nicht kriminell ist, hat nichts zu verbergen und braucht deshalb keinen verschlüsselten Kommunikationskanal. Diese Schlussfolgerung ist nicht nur falsch, sondern auch ziemlich gefährlich.
Sicherheit als Leitprinzip der Staatspolitik reicht bis zur Entstehung des modernen Staates zurück. Hobbes erwähnt sie bereits als Gegenpol zur Angst, die Menschen dazu zwingt, sich in einer Gesellschaft zusammenzuschließen. Aber erst im 18. Jahrhundert kommt der Gedanke der Sicherheit richtig zur Geltung. In einer Vorlesung am Collège de France aus dem Jahr 1978 (die noch nicht veröffentlicht wurde) hat Michel Foucault gezeigt, wie die politische und wirtschaftliche Praxis der Physiokraten Sicherheit als Instrument der Regierungsführung der Disziplin und dem Gesetz gegenüberstellt.
Turgot und Quesnay sowie die physiokratischen Beamten waren nicht in erster Linie mit der Verhinderung von Hunger oder der Regulierung der Produktion beschäftigt, sondern wollten deren Entwicklung zulassen, um dann deren Folgen zu regulieren und zu „sichern”. Während disziplinäre Macht isoliert und Gebiete abschottet, führen Sicherheitsmaßnahmen zu einer Öffnung und zur Globalisierung; während das Gesetz verhindern und regulieren will, greift die Sicherheit in laufende Prozesse ein, um sie zu lenken. Kurz gesagt, Disziplin will Ordnung schaffen, Sicherheit will Unordnung regulieren. Da Sicherheitsmaßnahmen nur im Kontext von Verkehrs-, Handels- und individueller Initiativfreiheit funktionieren können, kann Foucault zeigen, dass die Entwicklung der Sicherheit mit den Ideen des Liberalismus einhergeht.
Heute sehen wir uns mit extremen und äußerst gefährlichen Entwicklungen im Sicherheitsdenken konfrontiert. Im Zuge einer schrittweisen Neutralisierung der Politik und der fortschreitenden Aufgabe traditioneller Staatsaufgaben wird Sicherheit zum Grundprinzip staatlichen Handelns. Was bis zur ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine von mehreren definitiven Maßnahmen der öffentlichen Verwaltung war, wird nun zum einzigen Kriterium politischer Legitimation. Das Sicherheitsdenken birgt ein wesentliches Risiko in sich. Ein Staat, dessen einzige Aufgabe und Legitimationsquelle die Sicherheit ist, ist ein fragiler Organismus; er kann jederzeit durch Terrorismus dazu provoziert werden, selbst terroristisch zu werden.
Wir sollten nicht vergessen, dass die erste große Terrororganisation nach dem Krieg, die Organisation de l'Armée Secrète (OAS), von einem französischen General gegründet wurde, der sich selbst als Patrioten sah und davon überzeugt war, dass Terrorismus die einzige Antwort auf das Guerillaphänomen in Algerien und Indochina sei. Wenn Politik, wie sie von den Theoretikern der „Polizeiwissenschaft” im 18. Jahrhundert verstanden wurde, sich auf die Polizei reduziert, droht der Unterschied zwischen Staat und Terrorismus zu verschwinden. Letztendlich können Sicherheit und Terrorismus ein einziges tödliches System bilden, in dem sie sich gegenseitig rechtfertigen und legitimieren.
Das Risiko besteht nicht nur in der Entwicklung einer geheimen Komplizenschaft der Gegner, sondern auch darin, dass das Streben nach Sicherheit zu einem weltweiten Bürgerkrieg führt, der jedes zivile Zusammenleben unmöglich macht. In der neuen Situation, die durch das Ende der klassischen Form der Kriegführung zwischen souveränen Staaten entstanden ist, wird deutlich, dass Sicherheit ihr Ziel in der Globalisierung findet: Sie impliziert die Idee einer neuen planetarischen Ordnung, die in Wahrheit die schlimmste aller Unordnungen ist.
Aber es gibt noch eine weitere Gefahr. Da sie einen ständigen Verweis auf einen Ausnahmezustand erfordern, führen Sicherheitsmaßnahmen zu einer zunehmenden Entpolitisierung der Gesellschaft. Auf lange Sicht sind sie mit Demokratie unvereinbar.
Nichts ist wichtiger als eine Überarbeitung des Sicherheitskonzepts als Grundprinzip der Staatspolitik. Europäische und amerikanische Politiker müssen endlich die katastrophalen Folgen einer unkritischen allgemeinen Verwendung dieses Denkmodells berücksichtigen. Es geht nicht darum, dass Demokratien aufhören sollten, sich zu verteidigen, aber vielleicht ist es an der Zeit, auf die Prävention von Unordnung und Katastrophen hinzuarbeiten und nicht nur auf deren Kontrolle. Im Gegenteil, man kann sagen, dass die Politik insgeheim auf die Erzeugung von Notfällen hinarbeitet. Es ist die Aufgabe der demokratischen Politik, die Entwicklung von Zuständen zu verhindern, die zu Hass, Terror und Zerstörung führen, und sich nicht darauf zu beschränken, diese zu kontrollieren, wenn sie bereits eingetreten sind.
04.10.2025 Die globale US-Militärpräsenz wächst ungebremst weiter
Präsident Donald Trump verneint angeblich die Rolle der USA als Weltpolizei, doch die militärischen Fakten belegen das Gegenteil.
In den letzten drei Jahren haben die USA Dutzende neuer Militärstützpunkte in Norwegen, Schweden und Finnland eröffnet. Weitere US-Basen sind in Westasien, Somalia, Südafrika, Panama, Puerto Rico und Peru neu dazugekommen. Schliesslich haben die US-Militärs auch südöstlich von China einige neue Stützpunkte eingerichtet, etwa in Taiwan und den Philippinen, in Guam, Papua-Neuguinea und Australien. Zu diesem Ergebnis kommt eine breit angelegte Recherche der Friedensorganisation «World beyond War».
Gemäss der genannten Studie betreiben die USA mittlerweile 877 ausländische Militärbasen (Stand Mitte 2025). Die hierzulande bekannteste dürfte die Ramstein Air Base in Deutschland sein. Auffallend ist, dass sich die US-Stützpunkte über 95 Länder auf der ganzen Welt verteilen und dabei Russland und China praktisch umzingeln.
"Die Verpflichtung zum Widerstand beginnt dort, wo man erstens das Verbrechen und den Katastrophenweg erkennt, und zweitens die Möglichkeit hat, etwas dagegen zu tun" (Kurt Sendtner)
- - -
Reden und diskutieren wir mit Andersdenkenden -
Setzen wir uns für unsere Anliegen ein - Demonstrieren wir -
Seien wir Ungehorsam - Handeln wir friedlich.